BF-Texte. Das sind Artikel, die im Laufe der Jahre im Bewerberforum erschienen sind. (Kursivtexte sind Einfügungen bei Einstellung in die Website 2013.)
Seiteninhalt:."Jobsöldner" - Mangel an Arbeit - Ziel Europa - Mobbingfalle? - Qualifikations-Irritationen? - Manager von morgen - Flache Hierarchie - "Führungseigenschaften" - Die "Privatheit" des Stellenwechsels - Kleider machen Leute ... Das Krebsgeschwür des Arbeitsmarktes - Nahrung und Scholle - Risikoausgleich - Produktions-, Nutzen-, Ertragsfaktoren - Plus beim Steuerfluss - JUNG kontra ALT? - Keinen Job? Keinen Ausweg? - Arbeit im Osten - Schnelle Veränderungen - DM/€/Import - "Maastricht-Kriterien", Staatsdefizite - Verlockender Reichtum - Das Dach über dem Kopf - Immerzu achtbares Verfassungsgericht? - Vollbeschäftigung durch flexible Löhne - Hilfe zur Entwicklung - Kosten und Liquidität - Zwangsversorgung und eigen-verantwortliche Vorsorge - Akademikerflut? - Eine andere Gesetzliche Altersversorgung - Was hat Schmalenbach mit der Arbeitslosigkeit zu tun?
"Jobsöldner" (2001) - aus Rubrik "Mitarbeiter"
Der vorangesetzte Rubrikbegriff Mitarbeiter ist seit je inhaltlich positiv besetzt. Bezeichnungen wie "Jobsöldner" und "Patchwork-Karrieren", denen wir begegneten, sind davon krasss abgesetzt. Was sich doch auf dem Rekrutierungsmarkt, kaum hat sich der Konjunkturtrend etwas gedreht, nun wieder abzeichnet und abspielt!
Es ist noch nicht lange her, da fanden gut ausgebildete Leute keine Stelle. Personal wurde "abgebaut" und Arbeitsplatzbesitzer klebten auf ihren Stühlen und trauten sich nicht, auf Karriere zu machen aus lauter Angst, bei einem missglückten Wechsel zwischen die Stühle zu fallen. Nun ist Personalsuche wieder in den Blick gerückt. Interessant wäre zu wissen, welcher Rekrutierungsanteil auf solche Stellen entfällt, die durch Wechsel frei geworden sind, frei, weil zu Zeiten, da die Marktlage anders aussah, Mitarbeitern nicht die erforderliche "Zuwendung" entgegen gebracht wurde, weil Mitarbeiterpflege schlicht als betriebliche Aufgabe ins Vergessen geriet und als zu anstrengend empfunden wurde.
Heute befindet sich die Rotation im Schwunge, so sehr, dass wieder einmal von einem "Paradigmawechsel" getönt wird. Das "kollektivistische Industriemodell" ist out, es lebe das "individualistische Dienstleistungsmodell". Der Autor fragt sich, in was für einer Welt er all die Jahre zuvor gelebt hat. Ganz bestimmt nicht in einem Kollektiv, auch nicht in der anderen Dimension, vielmehr ging es auch schon früher darum, Kundenwünsche zu erfüllen und zwar je als Individium. Wenn heutigentags den Mitarbeitern bei der Ableistung ihres Arbeitspensums - mit all ihren Qualitätsansprüchen - zeitlich mehr Spielraum zugebilligt wird, so sind die Unterschiede für diejenigen, die viele Überstunden zu leisten haben, bestimmt nicht gravierend. Angeblich scheuen heutige Fachkräfte mit Führungsambitionen längerfristige Bindungen. Vielmehr wollen sie alle Karriereoptionen offen halten. Letzteres haben Ambitionierte auch früher schon so gehalten. Wir wollen aber mal sehen, was aus der Scheu gegenüber Bindungen wird, wenn aus dem Boom die Luft entweicht. Parallelen zur Partnerschaftsbindung führen nämlich in die Irre. Häufige Wechsel beim Zusammenspiel der Geschlechter sind mit Patchworkpartnerschaft gut illustriert. aber dies als positiv zu wertende "Patchwork-Biografien" bei der Stellenbesetzung einzustufen und den temporären Verbleib im Unternehmen von vornherein als Durchgangsstation zu charakterisieren, dies als ein unbeeinflussbares Datum ins Kalkül zu nehmen, grenzt für uns an glatten Irrsinn: Personalleute mit einer solchen Einstellung sind Defaitisten.
Aber Personalberater umwerben ein Heer von Abwerbungskandidaten. Es geht darum, 80 % davon für eine Anstellung zu gewinnen und dann "eine gewisse Zeit" zu halten. Eine gewisse Zeit kann so aussehen, dass der nächste Arbeitgeber es schon akzeptiert, wenn der Eingefangene etliche Monate bleibt, um dann allsogleich wieder aufs Karussel zu springen. Wie soll da ein Wirgefühl entstehen? Natürlich ist das überzeichnet.
Als "strategische Waffe" (Lufthansa) wird die Digitalisation angesehen. Immer in stünden bereits 7,6 Millionen Lebensläufe im Netz. Das ist in der Tat beeindruckend. Wie schon vor Jahren dargelegt, zerfällt natürlich auch dieses Bewerberpotenzial in viele Teilmengen. Als Divisor fungieren die Branchen, die Berufe, der Ausbildungsstatus, der Wohnort, der individuelle Mobilitätsgrad und was der Merkmale noch mehr sind. Was dann noch als potenzielles Bewerberfeld bleibt, muss mühselig auf seine Passung durchleuchtet werden. Ob dann der als passend Aufgestöberte will, ist eine ganz andere Frage. Man vergesse nicht: Nur bei einer Stellenausschreibung melden sich durchgehend "willige" Bewerber. Und bei Infineon ist man sogar zu der Erkenntnis gelangt, dass nur dasjenige Unternehmen Erfolge bei der Rekrutierung habe, das alle Möglichkeiten der Personalsuche ausschöpfe. Wir haben uns schon Jahrzehnte darüber gewundert, wie Große offensichtlich den Kleineren den Rang dadurch ablaufen, dass sie Banalitäten als zweckdienlich und Erfolgsrezept entdecken und verkünden.
Der Herausgeber war schon immer ein Befürworter von "unaufgefordert eingehenden Bewerbungen". Heute, da die Elektronik es erlaubt, solche unbegrenzt und vor allem analysiert zu speichern, geben sie einen idealen Grundstock ab für eine Datei, die Diejenigen sammelt, die Signale gegeben haben, das Unternehmen würde als Arbeitgeber akzeptiert. Da gehören hinein auch solche guten Bewerber, denen man eine Absage erteilen musste, weil eine Stelle bekanntlich nur mit dem augenblicklich Besten besetzt werden sollte. Ein Arbeitgeber ist auch nicht daran gehindert, generell und undifferenziert laufend Impulse auszusenden und um Echo bemüht zu sein. Die Möglichkeiten der Website wollen genutzt sein. Wir sind gewiss, da melden sich keine Jobsöldner, Jobhopper. Die so wichtige Bindungsbereitschaft wird von Anfang an instrumental angepeilt. Das Bewerberpotenzial in einem solchen "Pott" ist tendenziell längerfristig ansprechbar, weil Chancen die Geduld eines Bewerbers ganz offensichtlich voraussetzen. Diese Methode ist für Ungeduldige nicht das Richtige. Wenn dann eine Stelle zu besetzen ist, kann man schon mal auf ein vorselektiertes Bewerberumfeld zurückgreifen.
Mangel an Arbeit (2007)
An wohlfeilen Rezepten, die Misere der Arbeitsmarktlage (europaweit) zu heilen, fehlt es wahrlich nicht. Sie sind häufig genug vordergründig ausgelegt - nach dem Verschreibungsprinzip 'Waschet den Pelz, aber macht ihn nicht nass.' Auch grassiert die Unfähigkeit, ideologische Brillen abzunehmen. Hier wird die Meinung vertreten, dass gerade der Arbeitsmarkt nichts anderes als die Summe der Verhältnisse spiegelt, die in den tausenden Einzelbetrieben einer Volkswirtchaft anzutreffen sind (induktive Betrachtung). Herrschen hier gesunde Strukturen, dann auch dort.
(Fehlt es auch heute nicht an wohlfeilen Rezepten? Es gibt sie noch, wohl aber nicht mehr so viele, weil sich eine Menge der früher kursierenden als falsch und illusorisch erwiesen haben und folglich vermeintlich versenkt wurden. Wenn allerdings nunmehr in Frankreich eine Doktrin zu neuem Leben erwacht, die meint, dass der Staat Arbeitsplätze schaffen und garantieren könnte, dann geht es zu wie bei Krankheiten, von denen man glaubt, dass sie ausgestorben seien und doch plötzlich wieder ans Tageslicht treten. Ein paar neue - wohlfeile - Rezepte dürften wohl auch dazu gekommen sein. - Haben die Fachleute politischer und wissenschaftlicher Provenienz noch idiologische Brillen auf? Sicherlich, würde Rürup sagen. Aber mit den Brillen geschah wohl das Selbe wie mit den Rezepten.
Die These aber, dass die Einzelstrukturen die Gesamtstruktur bestimmen, ist doch noch gültig. Ein quantitativer Aspekt ist aber nachzuliefern. Gibt es denn genügend Einzelstrukturen, sprich Unternehmen? Könnten wir denn nicht vor allem iin der europäischen Peripherie und weltweit mehr davon brauchen? Schließlich ist der Bedarf an Gütern global riesig. Man kann sich an seiner Deckung durchaus von Gotha oder Bari aus beteiligen. Weiter: Es wurde von Arbeitsmarkt gesprochen. Dieser umfasst nicht nur diejenigen, die Arbeitsplätze anbieten bzw. abbauen, sondern auch solche, die diese nachfragen. Es erhebt sich die Frage, ob im einzelbetrieblichen Ausschnitt die Nachfrage so abgebildet wird, dass ihre Summe die Arbeitsmarktsituation wiedergibt. Das kann man wohl noch bejahen, weil die einzelbetrieblichen Größen Istgrößen sind. Durchschnittssituationen, wenn man so formulieren will, sind jedoch unverwertbar, weil sie regional und beruflich sich kaum decken, es sei denn, wie es früher einmal in Tailfingen war, dass sich eine dreistellige Zahl von Betrieben der gleichen Branche (hier Strickwaren) ballt. Fazit: Erweiterung der Sichtweisen.)
Statisch
Sehen wir uns diese Strukturen zunächst statisch an: Vom erzielbaren Unternehmensertrag (betriebswirtschaftlich begriffen) kann ein Unternehmen bei gegebenem Finanzierungsrahmen immer nur einen bestimmten Anteil für die Vergütung der Mitarbeiter abzweigen oder fixieren. Eine zu hoch angesetzte Quote behindert die Finanzierung der übrigen Kostenbereiche. Diesen Anteil, diese Quote, verstehen wir als betrieblichen Entlohnungsfonds. Der durchschnittliche, auf den einzelnen Mitarbeiter bezogenen Vergütungsanteil bemisst sich nach der Zahl der Beschäftigten im Betriebe. Nach der gleichen Betrachtungsweise erwirtschaftet eine Volkswirtschaft einen volkswirtschaftlichen Lohnfonds als Summe der vielen einzelbetrieblichen Entlohnungsfonds. Der durchschnittliche Anteil des einzelnen Arbeitnehmers bemisst sich wiederum nach der Zahl der als Arbeitnehmer in Produktion, Dienstleistung und Handel Beschäftigten. Abweichungen vom Durchschnitt können sich - immer noch bei statischer Anschauung - nur ergeben, wenn das Prinzip der Entlohnung nach dem Leistungsprinzip akzeptiert wird. So ergibt sich denn für den einen Teil der Arbeitnehmer ein Bonus in der Leistungsbewertung, für den anderen ein Malus, immer bezogen auf die im Prinzip ja mögliche einheitliche Durchschnittsentlohnung.
(Genug der Ansatzpunkte für Sarkasmus. Die heutigen Millionenbezüge von bestimmten Betriebsleuten waren ja 1988 noch unvorstellbar. Der Vortrag entpuppt sich als blanke - statische - Theorie. Die Unternehmen müssen wohl, wollen sie rechenhaft agieren, auch heute noch in der Planungsrechnung bestimmte Summen für die Entlohnung der Mitarbeiter bereit stellen. Wir meinen aber, dass die früher durchaus längerfristig ausgelegten Planungsperioden geschrumpft sind. Die eingestellten Summen unterliegen einer zwangsweisen oder auch nur mentalen Bereitschaft zur allfälligen Disposition. Ihre Bemessung wird abgeleitet vom strategisch angepeilten und für möglich gehaltenen Unternehmensergebnis, was bedeutet, dass sie 'ausgekocht' und 'ausgepresst' fixiert wird. Die Methoden: Lohndrückerei und Entlassungen, Miniverhältnisse diverser Art, Mitarbeit mit vorgegebenem Ablaufdatum. Die Belegschaften sind zur Manövriermasse verkommen. Wie heutigentags über angemessene Gewinnhöhen gedacht wird, unterscheidet sich auch von damals. Wir haben das Gefühl, dass früher der Umsatz und die Bedienung der Kunden ein größeres Gewicht hatte. Die Produkte genossen auch noch eine längere Verweildauer auf dem Markt. Man munkelt, dass die Produktlebensdauer überhaupt "eingebaut" programmiert wird. Das Produkt Niveacreme ist ein übrig gebliebener Dinosaurier. Die Abweichung der Entlohnung in Richtung Bonus kann man, ganz im Sinne des ARD-Pressespiegels nur noch als obszön bezeichnen. Und das Leistungsprinzip erweist sich auch als hanebüchen, wenn aus ihm Selbstbedienung wird. - Fazit: Während der Begriff "Entlohnungsfonds" rechen- und quotenhafte Signale vermittelt, also handhabbare Instrumente zu sein scheinen, entpuppen sie sich für die heutige Zeit als Schimäre.)
Als Einschub sei hier gleich auf die volkswirtschaftliche und beschäftigungspolitische Bedeutung des Entlohnungsbonus' eingegangen, wobei der Akt der Leistungsstimulierung der Besserentlohnung einmal beiseite gelassen werden soll. Besser Verdienende haben eine wichtige Funktion für die Ausdehnung der Märkte, der Produktpalette allgemein. Ihnen stehen sehr schnell Arbeitsplatz schaffende Unternehmen gegenüber, die den besser Verdienenden neue - und hochpreisige - Produkte anbieten. Neue Produktionen sind ungemein risikoreich, daher enthalten die Anfangspreise hohe Risikokalkulationsquoten. Gäbe es nur Durchschnitts- oder Malusentlohnte (letzteres ist natürlich rechnerisch solo nicht möglich), sie könnten die neuen, teuren Produkte nicht aufnehmen, solche würden gar nicht entwickelt und auf den Markt gebracht - mit allen negativen Folgen für den Arbeitsmarkt und für die niedrig Entlohnten, die auch nicht, wenn die Preise für die Pilotprodukte drastisch gefallen wären, in den Genuss der an und für sich möglichen Produktion kommen.
(Dies ist zeitlos gültig. Angesichts der Tatsache aber, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr auseinander klafft, gibt es je länger je mehr einen eigenen Wirtschaftskreislauf für Reichenprodukte. Deren Preisniveau wird in alle Ewigkeit nicht absinken, so, dass Normalsterbliche in ihren Genuss kommen könnten. Im Gegenteil, simple Erzeugnisse, ob Textil, Leder oder Uhren usw. werden mit viel Werbeaufwand zu Edelprodukten hochstilisiert. Die Preise sorgen dafür, dass nur die Edelleute damit glänzen können. Aus diesem Kreislauf sickert an Kaufkraft nach unten nur das durch, was an normaler Entlohnung für Normalverdiener anfällt. Das ist anteilig herzlich unbedeutend. Vom erzielten Reibach bleibt das Meiste oben. Man ist unter sich.
Fazit: Diese Sektoren senden keine entscheidenden Impulse für eine Senkung der Arbeitslosigkeit aus. Und unsere Manager treten selten als Produktentwickler in Erscheinung, es sei denn, es geht um gewagte Finanzprodukte.)
Dynamisch
Nun kommt die dynamische Analyse zum Zuge. Die demographische Entwicklung zwingt verstärkt dazu, die Zahl der Arbeitsplätze zu steigern. Bleiben im kommunizierenden Datenkranz alle anderen Daten fix, kann der Beschäftigungsforderung nur entsprochen werden, wenn die durchschnittlichen persönlichen Entlohnungsquoten gesenkt werden, nicht nur um den Betrag, den die Umverteilung erheischt, sondern es müssen auch Summen frei gemacht werden, die der Finanzierung der neuen Arbeitsplätze dienen. Letzteres Erfordernis entfällt, wenn die besser Verdienenden bereit sind, über einen Sparprozess Kapital hierfür zu leihen. man beachte die weitere Funktion, der die Bonusentlohnten entsprechen sollen. Wir wissen, dass die Einkommenssenkung nicht durchzusetzen ist. (Wie naiv! Die Wirklichkeit zeigte, dass dies für die Nichtreichen sehr wohl Realität wurde.) Zum Glück gibt es noch - dynamische - Lösungen.
(Aus heutiger Sicht ist zuvörderst anzuführen - voller Hohn - dass es einen Draghi-Weg gibt. Oder ist die Schaffung von 1 Billion EURO aus dem Nichts etwa keine dynamische Lösung? - Da verblasst die kleinliche Überlegung, dass die Milliardendividenden - sie sind nur scheinbar angemessen, weil die Kurse so hoch sind - und die Superboni einer bestimmten Kaste, die das Melken der Unternehmen aus dem FF versteht, der Finanzierungsproblematik jegliche Schärfe nehmen könnten. Auch gibt es die unvorstellbaren Summen, die im Finanzmarkt um den Globus düsen, unfähig, das Armutsproblem der Welt auch nur zu lindern. Weiter:)
Der wohl erfolgreichste Weg ist in der Erhöhung des Unternehmensertrages und, wiederum induktiv betrachtet (der Spatz fliegt, die Schwalbe auch, also sind die beiden Vögel), des volkswirtschaftlichen Sozialproduktes zu sehen. Die allerbequemste, aber auch erfolgloseste Methode bietet sich mit Preiserhöhungen an. So lassen sich nur Scheinerfolge erzielen, weil Inflation nur Scheinwertsteigerungen bewirkt, aber reale Einkommensminderungen zur Folge hat. Die mögliche Erhöhung der Dotierung der Entlohnungsfonds würde diese nur wieder ausgleichen. Da ist die Absatz- und Produktionssteigerung vorzuziehen und hierfür wirken stabile Preise unterstützend. Das Volkseinkommen steigt aber auch qualitativ durch leistungsfähigere Produkte (Nutzensteigerung) und, wie gesagt, durch neue Produkte. So erwirtschaftete Zuwächse ermöglichen es, mit Anteilen hiervon, die einzelwirtschaftlichen Lohnfonds aufzustocken.
(Unausgesprochen: Nicht, um die Löhne zu erhöhen, sondern um neue Arbeitsplätze zu schaffen, deren Inhaber - auskömmlichen - Lohn zu bezahlen. - All das, was da gerade zu lesen war, ist irgendwie stimmig, aber leider auch naiv. Die Erhöhung des Unternehmensertrages ist längst immer wieder eingetreten, nur, sie ist keine Garantie dafür, dass neue Arbeitsplätze entstünden. Das Geld induziert auch Anderes: Erhöhung der Dividenden, um den Aktienkurs nach oben zu bringen, Ansammlung von Barem, um Unternehmen zukaufen zu können, nichts Negatives: Investitionen im Ausland, Rationalisierungsinvestitionen, die dann bei Unternehmen, die Investitionsgüter produzieren, Arbeitsplätze sichern. - Ersatzinvestitionen werden über Abschreibungen finanziert.)
Eine gleiche Möglichkeit wird eröffnet durch Kostensenkungen: Senkung der Kapitalkosten durch Ermöglichung des Sparprozesses (heute geht man einen eleganteren Weg, man senkt den Leitzins auf nahe Null), Minderung der Kosten der Produktionsmittel, Leistungserhöhung dieser, Optimierung der betrieblichen Organisationsstrukturen, Vermeidung von Reibungsverlusten, Wasserköpfen u. a. m. Sehr schnell ist man bei diesem Stichwort auch beim Staatsapparat angelangt. Die konsumtiven Posten im Staatsbudget haben sich einen erschreckend hohen Anteil erobert. Das Auffüllen des einzelwirtschaftlichen Lohnfonds wird auch erleichtert durch Steuersenkungen - sowohl der Betriebs- als auch der Gewinnsteuern, ganz abgesehen davon, dass dem Lohnempfänger ein höherer Anteil vom Brutto verbleibt. (Die Steuerprogression sorgt dann wieder für das Gegenteil.) Nicht zu verstehen ist, dass sich eine Front bildet gegen die Verminderung der Steuerlast der Unternehmen (Steuerflucht durch Gewinnverlagerungen zwischen den Ländern war damals noch kein drückendes Problem), nicht zu begreifen ist, dass reinvestierte Gewinne nicht steuerlich begünstigt werden. Man wollte und will die Unternehmen zur Ausschüttung motivieren, auf dass den Kapitalmärkten 'Masse' zugeführt wird. Man glaubt, dass die 'Anleger' die so kreierten Kapitalien volkswirtschaftlich 'vernünftiger' anlegen als die Unternehmer, die Erwirtschafter, täten. Das ist ein gravierender Irrtum. Nicht immer verkörpert die höchste Renditeaussicht die sinnvollste Verwendungsart. Oder ist es etwa gut zu heißen, wenn der Staat mit seiner Schuldenmacherei als Kapitalnachfrager die Reinvestition behindert? Wie viele Betriebe schieben Investitionen vor sich her, weil ihnen die Finanzmasse fehlt! Wenn Einzelunternehmer besser in die Lage versetzt werden, aus Gewinnen Betriebserweiterungen zu finanzieren, werden sie zwar immer reicher. Was soll's, auch sie sagen der Welt mit leeren Taschen adieu. Alle geschaffenen Produktionsmöglichkeiten lassen sie den Folgegenerationen zurück.
(Die Kapitalkosten waren noch nie so niedrig wie zur Zeit. Die Steuern sind nicht als überhöht anzusehen. Das ganze Empfinden damals war eingebettet in Beengtheiten, die das unternehmerische Tun teils behinderten, teils schützten. Seitdem die Kräfte der Globalisierung Hegezäune brutal niedergerissen haben, ist in Sachen Bewegungsfreiheiten eine Schere aufgegangen. Die Global Player schufen sich Spielräume, sie verteidigten Mono- und Oligopole, sie verschafften sich Zugang zu unendlich großen Kapitalsummen, sie haben sich ein neues Denken angeeignet, Skrupel, den Zulieferer rücksichtslos auszupressen, warf man über Bord. Dem gegenüber haben Mittelbetriebe besonders in Südeuropa Schwierigkeiten, an günstige Kredite zu gelangen, endlich die Eigenkapitalausstattung zu verbessern, dem Druck von Niedriglohn-Konkurrenz stand zu halten. Die steuerliche Progression ist nach wie vor beibehalten, die Belastung mit Sozialkosten unvermindert hoch. Die Politiker wissen, dass die Finanzierung des Sozialen über Steuern, gegen Wegfall von Beiträgen, gerechter wäre. Fazit: Eine nachhaltige Umstrukturierung ist nicht einmal andeutungsweise zu sehen.)
Und noch eins: Wer glaubt, dass die Gewinnsteuern nicht längst Kalkulationsquoten geworden sind, dass sie nicht in das Preisniveau 'eingehen', der lebt auf dem Mond. Wer finanziert also die Steuerlast letztlich? Der Verbraucher, die Millionen Arbeitnehmer. Selbst der Sozialhilfeempfänger.
Starke Interessenverbände und EZB meinen, die Arbeitslosenquoten dadurch vermindern zu können, dass die allgemeine Kaufkraft erhöht wird (Kaufkrafttheorie), Durch Geldvermehrung, durch erzwungene bzw. erkämpfte Lohnerhöhungen natürlich. Da ist ein richtiger Gedanke daran, weil ja so die Absatzmöglichkeiten der Unternehmen verbessert werden. Nur leider denken diese Verbände immer nur an Lohnerhöhungen. (Das hat sich mittlerweile als ungerecht herausgestellt, denn die Lohnerhöhungsraten waren seither moderat ausgefallen. Man kann sagen, sie bewegten sich ganz gewiss im Rahmen der Produktivitätssteigerung. Aber die Einsicht ist erzwungen worden.) Dass Löhnen auch eine Kosteneigenschaft zukommt, wird leicht verdrängt: Sie gehen ja zu Lasten der Entlohnungsfonds, sogar nicht simultan, sondern vorweg. Erstmal wird entnommen, viel später fließt - möglicherweise - wieder etwas zu, in geringerem Maße, denn es wird ja am Mehr abgezwickt, durch den Staat, durch Gewinnzuführungen.
Viel systementsprechender können Preissenkungen eingeordnet werden. Rein theoretisch (leider aber auch welt-fremd) und wenn gleichbleibender persönlicher Kaufkraftstandard postuliert würde, versetzten allgemeine Preissenkungen die Arbeitnehmer in die Lage, Vergütungsminderungen zuzustimmen. Mit so frei werdenden Lohnfondsmitteln könnten dann neue Arbeitsplätze finanziert werden.
(Sicherlich hat die Zurückhaltung dem Export gut getan. Bedrängt wurde aber der Staat durch geringe Steigerung der Lohnsteuer, das Gesundheitswesen und die Rentenkassen durch Wegfall von Beitragszunahmen. Das wurde nur nicht recht deutlich bzw. verdeckt durch die Zunahme der Beschäftigtenzahlen.)
Eine Schmälerung der Entlohnungsfonds ist u. U. dann die Folge, wenn nachhaltig und kräftig dimensioniert Eigenkapital ins Ausland abfließt, um dort investiert zu werden, weil etwa das ausländische Lohnniveau deutlich unter dem des Inlands liegt. An einem solchen Trend sind jedoch nicht zuletzt diejenigen schuld, die ohne Rücksicht auf die Quote des Produktivitätsfortschrittes die Lohnkosten in die Höhe treiben. Auslandsinvestitionen sind bei moderater Lohnpolitik dann opportun, wenn im eigenen Land relative Vollbeschäftigung herrscht. Soweit aber Auslandsinvestitionen dazu angetan sind, in hinterher hinkenden Industrieländern aufzubauen, fort zu entwickeln, bedeutet das eine sinnvolle Investition in die Zukunft. Es ist daran zu erinnern, dass die Bundesrepublik ihr größtes Exportvolumen in den entwickelten Ländern erzielt. - Schließlich kann nicht deutlich genug darauf verwiesen werden, wie wichtig für den Arbeitsmarkt günstige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, die der Staat vorzugeben hat, geworden sind. Hektisches Drehen an den politischen Schrauben bringt Unruhe, bringt die Unternehmen um die Möglichkeit, langfristig in Ruhe planen zu können. Nicht zuletzt werden alle Aus-, Weiter- und Fortbildungsinitiativen staatlicher und privater Art sehr positiv zu beurteilen sein.
(Der Text vermittelt mangels real möglicher Phantasie nicht einmal andeutungsweise eine Vorstellung über die in Bewegung geratenen Volumina an Kapital, die für die Produktionsverlagerungen in Niedriglohnländer eingesetzt wurden und weiterhin werden. Es wäre diese Entwicklung leichter zu ertragen, wenn unser Steuersystem hierfür nicht ausgetrickst würde - ganz legal. Die Kapitalkosten für diese Investitionen kürzen den zu versteuernden Gewinn hierzuland. Die erzielten Gewinne werden draußen allergünstigst versteuert. Der Rückfluss bleibt bei uns steuerfrei.)
Vorstehende Ausführungen haben erhellt, wie bedeutsam es ist, das Vermögen zur Entlohnung der Mitarbeiter abzusichern und zu stärken. Aber selbst wenn es gelingt, es stetig wachsen zu lassen, gibt es doch wieder eine Verwendungsalternative. Mit Zuwächsen können Lohnerhöhungen finanziert werden. Dadurch entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Sie können aber ausschließlich auch zur Neueinstellung von Mitarbeitern verwendet werden, nachdem zuvor Erweiterungsinvestitionen realisiert wurden, z. B. Mitarbeiter, die in neuen Ländern neue Märkte anpacken. Das bedeutet aber auch, dass stagnierende Fonds in brutal zutage tretender Rechenhaftigkeit die Beschäftigungsausweitung verhindern, ja, durchgedrückte Zuwächse bei der persönlichen Entlohnung zu Entlassungszwang führt. Die Malusentlohnung beinhaltet ja auch die Null-Entlohnung, denn schließlich existiert die Alternative Vergütungsrückgang bei Arbeitsplatzbesitzern nicht. Die Entlohnungsstruktur ist in dieser Hinsicht inflexibel. Das Augenmerk darf nicht gerichtet sein auf die Erhöhung der Entnahmen aus dem Lohnfonds, vielmehr geht es jetzt und in Zukunft darum, ihnen Möglichkeiten, Potentiale zuzuführen.
(Rückblickend entpuppt sich das Meiste als heilige Einfalt. Von wegen keine Möglichkeit, die Entlohnung herab zu setzen. Man gründet eine ausgelagerte Firma und schließt dort neue Verträge mit den Mitarbeitern ab. Von wegen Rechenhaftigkeit. Man schafft sich Spielräume, wenn es darauf ankommt. Durch Entlassung von Mitarbeitern. Aber man gebe sich keiner Täuschung hin. Wenn Tausende plötzlich nicht mehr zulangen, werken, dann werden Umschichtungen im Unternehmen in großem Maße erforderlich. Reibungsverluste müssen aufgefangen werden. Man bekommt es mit: Kaum zieht der Absatz wieder etwas an, und welche Absatzkurve verliefe eben, spannt es an allen Ecken. Man revidiert. Rein in die Kartoffeln und wieder raus. Warum soll man für die Konzerne politische Stetigkeit verlangen, wenn sie selbst solche Erfordernisse innerbetrieblich verraten?)
Die Konkurrenz zwischen Arbeits- und Kapitalkosten darf nicht weiter den Druck verstärken, alle freien und kostengünstigen Kapitalien in Rationalisierungsinvestitionen zu stecken (gemeint ist die Substitution der Arbeit durch Kapitalgüter), wo es in der Gegenwart doch angebracht wäre, man expandierte in Arbeitsplätzen und Produktion. Ohnehin ist abzusehen, wann aus ganz anderen Gründen Rationalisierung, Arbeitskräfteeinsparung wieder Ziel Nr. 1 wird - man denke an die demographische Entwicklung). Hier wird prophezeit und prognostiziert: Alles, was wir jetzt in Hektik einläuten - Vorruhestand, bezahlte Arbeitszeitverkürzung, lange Bildungszeiten und -wege, alles das werden wir in wenigen Jahren, zumindest in Teilen, wieder zu korrigieren haben, es sei denn, die Computerheinzelmännchen und Roboter entlasten uns von neuen quantitativen Anpassungszwängen. Qualitative zuhauf werden sie uns bringen. (War das jetzt ein Stück Weitsicht?) Aber die Lohnfondstheorie werden sie nicht modifizieren oder außer Kraft setzen. Man sieht, Arbeitslosigkeit ist eben doch Menschenwerk, insofern, als allenthalben evident gegen rechenhafte, einsichtige Marktregeln verstoßen wird. Schlimm, dass man auch nichts dazu lernen will.
(Selbstgewissheit kann ins Auge gehen. Also, diese Lohnfondstheorie erscheint uns heute etwas suspekt. Ganz einfach deshalb, weil heutzutage niemand mehr, schaut er in die Zukunft, dem Gedanken nachhängt, ob sie denn gewährleistet, dass die geliebten Mitarbeiter ihren wohlverdienten Lohn bekommen. Wenn es knapp wird mit dem "Lohnfonds", dann wird die Lohnsumme mittels Entlassungen herunter gefahren. An die Stelle einer Rechenhaftigkeit tritt die Manipulation, der rücksichtslose Eingriff.
Aber, ist nun Arbeitslosigkeit Menschenwerk? Sagen wir ja, dann ist sie zurückzuführen auf falsch gestellte Weichen, auf Fehlverhalten oder Unvermögen. Gibt es sie? Doch wohl ja. - Andererseits begegnen wir nicht nachlassendem Bemühen, die Arbeitslosigkeit einzudämmen. Es ist obsolet, sie national zu begreifen. Die globale hat solche Dimensionen, dass sie Schutzzäune einebnen, Sondersituationen anknabbern. Also, die Verhältnisse. - Und die liebe Schweiz??)
Ziel Europa (2007)
Wir haben alle schon die Tragödien am Bildschirm gesehen, die sich laufend auf dem Mittelmeer zwischen Afrika und Italien, Spanien und Griechenland und auf dem Atlantik zu den Kanaren ohne Unterbrechung abspielen. Schwarzafrikanische Flüchtlinge versuchen die Landung an europäischen Küsten, nachdem sie zuvor auf einem jahrelangen Trip durch Steppen und Wüsten ausgebeutet und einer gefahrvollen Überfahrt in seeuntüchtigen Booten ausgesetzt waren. Die Berichte über die Versuche in Marokko, Grenzzäune zu überwinden, die vielen Toten, lassen den Atem stocken. (Was 2015 passiert, bringt im Vergleich gar den Erstickungstod.)
Der Zustromdruck wird noch zunehmen. Die Abwehr wird kein nachhaltiges und überzeugendes Konzept finden oder entwickeln. Jedermann aber, der mit diesen Ereignissen fachlich, organisatorisch und planerisch befasst ist oder wird, verfügt im Hinterkopf über ein peinliches Wissen darüber, wie man die Dinge zum Besseren wenden könnte. Man müsste nämlich nur die Verhältnisse in den Ländern, die Fluchtausgang sind, so verbessern, dass ein menschenwürdiges Leben möglich ist. Wir glauben nicht, dass sich jemand darüber hinaus nach Europa aufmacht nur in der Absicht, Reichtümer zu erwerben.
Viele Jahrzehnte wurde dem Kontinent Unterstützung und Entwicklungshilfe zugeführt. Es ist alles vergebliches Bemühen gewesen. Nachdem die Unabhängigkeit erreicht war, haben die afrikanischen Machthaber fast durchweg ihre Länder wirtschaftlich ruiniert, Mord und Totschlag breitete sich aus, Gewaltherrschaft, Millionen Umgekommener sind zu beklagen. Nach 50 Jahren geht es immer noch bergab. - Dieser Beitrag hat aber nicht zum Thema, warum all das Hilfsbemühen umsonst war und ist und sein wird, mit einer Ausnahme: Es soll überlegt werden, ob es nicht doch noch Maßnahmen gäbe, die, würden sie angegangen und durchgeführt, die Chance zu einer Besserung böten.
Wir sind davon überzeugt, etwas dazu sagen zu müssen, nicht, weil wir über besondere Hellsichtigkeit verfügten, auch eine perfekte praktische Lösung der Probleme auf Vorrat hätten. Nein, es wird zu einem Trick gegriffen, der einen möglicherweise im Ansatz Erfolg versprechenden, leider aber utopischen Lösungsversuch vorträgt. Er ist in manchen Punkten dazu noch etwas fragwürdig, wie man gleich sehen wird.
Sollen wir uns also trauen? Natürlich, denn das Palavern darüber kostet ja nichts. Wenn es allerdings ein Betroffener läse, dann könnte schon sein, dass ihm einiges nahe geht, je nachdem, mit welchen hehren Doktrinen er infiziert ist. - Da hat doch vor einem Jahr die Bundeskanzlerin einen Ansatzpunkt vorweg genommen. Sie schlägt vor, dass die europäischen und sicherlich auch andere Länder, die dazu in der Lage wären, für ein jeweils bestimmtes afrikanisches Land, das weiter der nachhaltigen Hilfe bedarf, eine Patenschaft übernimmt. Wir halten davon ohne Weiteres nichts, denn jeder Pate (Patenschaftsgeber) wird höllisch - und gern - darauf bedacht sein, keine kolonialen Reminiszensen zu bedienen und zu generieren, schließlich will man nicht gegen die Doktrin der political correctness verstoßen. Dabei wären durchaus Vorgehensweisen opportun, die seinerzeit die Kolonialmächte praktizierten, aber sie gleichzeitig konterkarierten, indem sie Sinnvolles und Schäbiges vermengten, letzteres nicht konsequent unterließen. Also, wir hielten es für sinnvoll, einer ganzen Anzahl von afrikanischen Schein- und richtigen Staaten zu sagen, wie es denn pragmatisch entlang gehen soll.
Nun mal halblang, werden viele Leser sagen, wer sagt denn und weiß es, dass dieser Autor die Weisheit und die zielführenden Lösungen mit dem Löffel gefressen hat? Bauen wir nicht laufend und immer wieder in unserem eigenen Land Mist noch und noch? Richtig. Das versperrt aber nicht die Lust zu palavern. Schon die alten Entdecker und Forscher haben in ihren Berichten das Palavern etwas arrogant mit Anführungszeichen versehen. - Also Patenschaft, vielleicht für Namibia. Dort hat das Kaiserreich besonders viel versaut. Dieser von Trotha! Er hat die Hereros massakriert. Tatsache ist, dass die Bundesrepublik schon jetzt viel für dieses Land tut. Wir halten aber gar nicht so viel vom Tun des deutschen Staates in der Form der Tätigkeiten des staatlichen deutschen Entwicklungsdienstes (DED). Was wir ihm ankreiden? Nun, bei einer Informationsveranstaltung des DED am Tegeler See vor vielen Jahren hat der Autor sich erlaubt, nach eindrucksvollem Vortrag über die Aktivitäten, zu fragen, wie denn die Evaluierungsinstrumente aussehen. Schlicht: was geschieht in Sachen Ergebniskontrolle? Sie war - damals - nicht vorgesehen. Daher sei an unsere so vitalen und virulenten Unternehmen appelliert. Sie sollen schultern und helfen und tragen. Und im Einklang mit ihnen sollte die Entwicklungshilfe eine unterstützende Zieländerung vollziehen, ganz zu schweigen vom Potential, das man aufbauen und implantieren könnte, wenn die EU ihre oft sinnlosen Agrarsubventionen umschichtete.
Nun konkreter zum Modell und zur Phantasterei: Zuerst für die potentiellen Aktionsträger die Frage: Zwang oder Freiwilligkeit? Natürlich Freiwilligkeit mit Anreizen. Was sollen sie machen? Sie sollen Betriebsteile anstatt in die Slowakei nach Namibia verlegen. Schwachsinn. Gibt es denn Namibier, die man auch nur ansatzweise als Fachkräfte, spezifisch gesehen, bezeichnen könnte? Kaum! Also muss als Erstes eine Ausbildungswerkstätte installiert werden. Dabei ist die Zeit Produktionsfaktor. Und die Entfernungen? Überwindbar, auch kalkulatorisch. - Schließlich kommt der Zeitpunkt, da Produktionsinvestitionen gestartet werden. Und woher, selbst wenn man produzieren könnte, kommt, bitte schön, die Energie? Kommen die Fertigungsmaterialien? Natürlich vom altbewährten deutschen bisherigen Lieferanten, nicht aus Deutschland, nein, aus Namibia, nebenan bereit gestellt, von uns aus auch vom Portugiesen im nördlich gelegenen Angola.
Wie kann man annehmen, dass die namibische Bürokratie diese Gastunternehmen schalten und walten lässt zum Wohle des Landes? Nehmen wir daher eine Anleihe am Status der deutschen Botschaft dort. Ist sie nicht exterritorial? Genau das ist nun tausendfach vonnöten für jeden implantierten Produktionsstandort. Gut, wir haben also Unternehmenszellen, die Ausland sind. Deutsch? Europäisch? Sonst was? Nein - schlicht UN. Die UN setzt gültiges Recht. UN-Recht in Vollkommenheit, ein spezifisch für dieses Vorhaben normiertes und verfasstes, unbeeinflussbar durch regionale Kräfte und Wünsche. Es wird im Patenland als Ganzes eingepflanzt. Es regelt die Lohnhöhe für die einheimischen Werktätigen, nicht absolut, sondern relativ, in Prozenten der Entlohnung des beschickenden Staates. Es bestimmt, welche Anteile des unternehmerischen Ertrages dem Standortland zu geben sind, was das Standortland damit zu machen hat (Reinvestition). In allen Patenländern (Patenschaftsnehmer) sind die Beteiligungsquoten am Eigentum gleich hoch, nie so, dass die Paten überstimmt werden könnten. Für die Paten, Erträge aus einem solchen Engagement bleiben in Deutschland steuerfrei.
Natürlich kann das alles nicht geschehen gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung. Bevölkerung, nicht Regierung. Die Bevölkerung muss das Experiment ohne Wenn und Aber freiwillig dulden bzw. exerzieren. Es muss langfristig angelegt sein, mit robustem Mandat für die UN-Schutzmacht. Das Patenland hat insofern keine unum-schränkte Souveränität mehr. Kolonialistische Züge kehren also zurück für diesmal hehre Zwecke. Genau das aber wird der Grund dafür sein, dass sich die jeweiligen Machthaber quer legen, die Bevölkerung mobilisieren, gegen ihre eigene Interessen zu stimmen. Und bestimmte Staaten werden nach Kräften dafür sorgen, dass in der UN nichts Derartiges zustande kommt. - Wir palavern trotzdem weiter:
Es wäre auch festzulegen, unter welchen Bedingungen und bei welchen Gegebenheiten ein Patenbetrieb voll in das Eigentum Einheimischer übertragen, wann überhaupt das Engagement beendigt werden kann. Wann erreicht es die Qualität eines Selbstläufers? Wie sind Engagement-Ruinen zu verhindern? Wie die Folgen von Unfähigkeit, von Korruption, von Machtgelüsten? Zurück zum Ausgangspunkt? Aus europäischer Sicht ist das ganze Unternehmen ja nur Mittel zum Zweck: Abbau des Flüchtlingsdruckes auf unsere Grenzen. Spätestens wenn es um das "Enduring" geht, verlässt einen der installierte Mut: Wie soll ein Quasi-Kolonisator für einen langfristigen Erfolg einstehen können, wenn in dessen Heimatland selbst jährlich hunderttausende von Insolvenzen abzuwickeln sind? Wenn aber weitere botswanische Wunder geschähen? Was wenn diese Afrikaner den Europäern zeigten, wie angestoßene Entwicklungen mit Bravour zum Erfolg geführt werden? Wenn sie denn nur endlich in unverzichtbarer Rechtssicherheit leben könnten.
Die Welt ist voll von globalen Rivalitäten. Es wäre blauäugig anzunehmen, dass sie nicht nach Afrika ausstrahlten. Einflusszonen können nicht zementiert werden. Störende Aktivitäten aus West, Ost und Nord wären wie gesagt nicht zu verhindern. Nur stabile Demokratien hätten das Potential zur Abwehr, zu rationalem Streben für eine eigene Zukunft, die Leben lebenswert macht. Steigende Kaufkraft im Patenland. Einheimisches Klein- und Großgewerbe etabliert sich. Globale Konzerne tauchen alsbald in Produktion und Vertrieb auf, nun mit anderer Ausrichtung. Die Produktion der Patenbetriebe wird zunehmend im Lande selbst gebraucht. Afrika dehnt seine Importe auf weltweite Quellen aus. Die Touristik blüht auf. Vorteile für alle allenthalben. Deutsche Arbeitslose suchen sich dort, wenn willkommen, Arbeit.
Bei einem solchen Entwicklungsstand könnte die soziale Situation der Bevölkerung endlich abgesichert werden. Das Prinzip des gegenseitigen Stützens im Familienverbund würde nicht mehr dazu führen, dass die Tüchtigsten nach Europa gesandt werden, um mit Transferzahlungen das Überleben der Zurückgebliebenen zu sichern. Durch gesetzlich abgesicherte Stärkung der tribalen (Stammes-)Strukturen entstünde ein Gegengewicht zu latenten Bestrebungen von verbrecherischen Cliquen, staatliche Oberherrschaft in ihrem Sinne zu unterwandern und zu verbiegen.
Man sollte es halt mal auf freiwilliger Basis mit wenigstens einem Patenland als Muster und Experiment probieren. Der afrikanischen Staaten gibt es viele. Sollte nicht vielleicht einer davon sich als Proband, als Leuchtturm anbieten? - In einer instruktiven Spiegel-Serie über Afrika ist zu lesen, dass Afrika ein neues Thema der Welt wird. Mutige Vorschläge werden erwähnt: Abschaffung der Entwicklungshilfe, friedliche Rekolonisierung, Treuhandverwaltung durch die UN, Entzug der Souveränität, Good Governance soll das Ei des Kolumbus, das aufgestellt werden will, verkörpern.
Gut, dass wir hier - nur - palaverten.
Mobbingfalle? (2002)
Ein Zeitungsartikel schildert eine Situation als Beginn von Mobbing. Wohlbemerkt, es geht um eine Ausgangslage. Stichworte: Volontärin mit Hochschulbildung. Gute Dotierung. Zweimannteam (warum nicht Zweipersonenteam?). Partner ist männlich und vorgesetzt. Aufgabe: ein Projekt auszuarbeiten. Der "Vorgesetzte", wesentlich älter, blockt auf perfide Weise die Volontärin ab. Konfliktgespräch vor dem obersten Boss. Dieser bedeutet dem Vorgesetzten-Fiesling, dass seiner Untergebenen eigenständige Arbeitsgebiete zugewiesen seien. Der Teampartner konterkarierte weiter, bis das Geschehen eskalierte, nachdem kein Lösungsvorschlag der Dame eine Chance bekam. - Die Autorin des Artikels, veröffentlicht auf prominentem Platz, lässt die Situation unkommentiert und wendet sich anderen Gründen für Mobbing zu.
Wohl jeder Leser erkennt sofort, dass die Schilderung eine Anzahl Ungereimtheiten enthält. Zweipersonenteam mit eingebauter Vorgesetztenstruktur ist ein Witz. Einem gemeinsam zu verfolgenden Projekt mit je eigenständig zu erarbeitenden Lösungen für eigene Arbeitsbereiche wohnt ein Widerspruch inne. Die personale Konstellation der beiden Projektbearbeiter programmiert Konflikte. Der "Vorgesetzte" betrachtet die Volontärin als beigeordnet, als weisungs-unterworfene Zuarbeiterin, wogegen die Volontärin meint, auch als Untergebene den ihr zugeordneten Arbeitsgebieten nach eigenem Gutdünken Gestalt geben, sie mit dem Anspruch auf Übernahme abliefern zu können. Dies zum personalen Spannungsverhältnis.
Es gibt aber viel öfters anders als oberflächlich gesehen rein sachlich begründete Situationen, denen Spannung zuwächst allein dadurch, dass unterlassen wird, diversen Teilbereichen eines Projektes eine Gesamtziel-Projektion, eine übergeordnete Primärgestaltung voranzustellen. Die Tautologie will aufzeigen, wie wichtig es organisatorisch ist, das Innenleben eines Teams zielgerichtet zu vernetzen. Alle Teillösungen, die auf verschiedene Partner zurückgehen, müssen sich mit ihrem Ideengut in eine Gesamt- oder Ziellösung einordnen, einpassen lassen.
Aber schon erhebt sich das Problem, wie und wer denn die Ziellösung konzipieren soll. Sie steht zeitlich am Beginn. Genauere Vorgaben von Oben mögen sehr hilfreich sein, je ausführlicher sie sind, desto eher können sie schon als anzustrebende Ziellösung gelten. Wird sie vom Team selbst erarbeitet, dann sollte sie zusammen mit dem Projektboss, dem Projektinitiator, der zugleich die Projektfinanzierung sicherstellt, fixiert und abgesegnet werden. Damit die Querkommunikation gewährleistet ist, bedarf es funktionaler und personaler Gleichstellung im Rang, wohl auch einer qualitativen Äquivalenz.
Qualifikationsirritationen? (1996)
Artikelüberschrift in einer Zeitung: "Eine Lehre vor dem Studium nutzt wenig". Diese Aussage ist Ergebnis einer Untersuchung der TU Berlin in den alten Bundesländern. Wenn das wahr ist, dann fordert dieser Tatbestand eine Kommentierung heraus.
Die Lehre vor dem Studium wird als "Doppelqualifikation", als "kumulative Bildungsstrategie" qualifiziert. Die Wortwahl ist verräterisch, provoziert von der Formulierung des Untersuchungsergebnisses: "Innerhalb der Gruppe der Universitätsabsolventen wirkt sich ein zuvor erworbener Lehrabschluss nicht positiv, sondern im Gegenteil signifikant negativ auf die Übergangschancen in adäquate Beschäftigung aus." Es konstatiert ein Auswahlverhalten durch die Arbeitgeber, das "geradlinig" erzielte Hochschulabschlüsse bevorzuge.
Die Studie macht Erklärungsversuche: Die Doppelqualifikation signalisiere möglicherweise Leistungsschwäche oder Risikoscheu. Nicht die Aussicht auf bessere Einstellungschancen treibe Abiturienten vor dem Studium in die Lehre, sondern Rückversicherungsüberlegungen. Meint: wenn schon Gefahr gewittert wird, den Hochschulabschluss zu verfehlen, so habe man doch einen Lehrabschluss. Da die Doppelqualifizierung zunehme, wird das Phänomen unter dem Aspekt volkswirtschaftlicher Auswirkungen kommentiert: Abiturientenlehrlinge, die ihre Studiumabsichten auf-gäben, bewahrten die Universitäten vor theoriescheuen bzw. praxisinteressierten Studienanwärtern. Dann etwas diffus: Doppelqualifikanten nähmen den Haupt- und Realschülern ihre Ausbildungsplätze weg und solche Lehrlinge, die dann schließlich doch noch den Weg zur Hochschule einschlügen, ließen die Investitionen der Ausbildungsbetriebe in das "Humankapital" durch Ausbildung solche als vergeblich erscheinen und somit die Bereitschaft zur Ausbildung möglicherweise sinken. Schließlich wird ein Zwischenabschluss nach einem Grundstudium gefordert, wobei dieses sein Schwergewicht auf praxisnahe Lerninhalte auszurichten habe.
Ohne beim Lesen des Artikels über diese Untersuchung schon analytischen Aufwand getrieben zu haben, kamen beim Autor dieser Zeilen ungute Empfindungen auf, vielleicht, weil er auch so ein Doppelqualifikant ist. Doch lassen Sie ihn versuchen, etwas unbefangener an das Thema heranzugehen. - Zunächst: Die Untersuchung ermittelt zwei Verhaltensweisen, einmal eine solche der Arbeitgeber, zum andern eine, die sich auf der Nachwuchsseite breit macht.
Unter dem Aspekt der Bewerbungshilfe ist der Hinweis wichtig, dass das Ergebnis der Untersuchung zweifellos für den Bewerber mit Abitur ein zu beachtendes Datum darstellt. Hier kann kein Rat gegeben werden, es zu ignorieren, denn schließlich verfolgt eine Bewerbungshilfe das Ergebnis, dem Leser etwas Positives, für ihn Nützliches nahe gebracht zu haben, hier allein durch die Wieder- und Weitergabe der Untersuchungsergebnisse. Möglicherweise kann auch empfohlen werden, dass ein Doppelqualifikant nach Beendigung seines Studiums, wenn er sich dann bewirbt, eine plausible Erläuterung in die Bewerbung einzubauen, weshalb man nach der Lehre noch studiert habe.
Ohne es durch eine Detailuntersuchung belegen zu können, wird hier vermutet, dass das verwunderliche negative Einstufen der "kumulativen Bildungsstrategie" hauptsächlich bei Großunternehmen aufgespürt wurde. Der Autor ist alt genug, um belegen zu können, dass "früher" die Lehre vor dem Studium allemal besonders positiv eingestuft wurde. Das hat sicherlich damit zu tun, dass damals die Führungspositionen noch weitgehend mit Autodidakten und Praktikern "von der Pike auf" besetzt waren. Leute mit "Lehre" wurden, obgleich "studiert", noch halbwegs als Ihresgleichen eingestuft. Solche führenden Praktiker trifft man heute eher noch in kleineren Betrieben an, wenngleich schon gesetzteren Alters. In Großbetrieben gibt es wohl kaum noch eine Führungsposition, die nicht mit einem Akademiker irgendwelcher Couleur besetzt wäre - möglicherweise (auch?) mit solchen, die, um eine Formulierung der Untersuchung zu benützen "geradlinig" ihren Studienabschluss "erzielt" haben. Nichts gegen diese Sorte. Fragen darf man aber, warum man immer wieder in klugen Aufsätzen liest, dass diejenigen Studienabgänger deutlich bessere Einstellungschancen hätten, die sich etlicher "Praktika" gewidmet hätten. Also doch: Der Theorie wird die Praxis beigesellt. Hierzu auch ein persönlicher Bezug: Der Autor bezeugt, dass er sich dadurch beim Studium leichter tat, weil er mancherlei "Theoreme" zum besseren Verständnis in erlebte betriiebliche Umfelder einbetten konnte, übrigens auch über gewisse praktische Routinen verfügte, die ihm das Studium handwerklich sehr erleichterten. Und noch etwas, ohne in Selbstlob verfallen zu wollen: In Seminaren war er bei Diskussionen durch Bezüge auf praktische Situationen den Kommilitonen einigermaßen überlegen und der Rückgriff auf die Praxis beim Abfassen der Diplomarbeit trug ebenfalls zu der sehr guten Benotung bei. Diese beiden Rückgriffe werden hier jetzt einfach als Argumentationshilfe, als Artikelduktus, gebraucht.
Es ist weiters zu fragen, wie Arbeitgeber dazu kommen, Studenten, die eine Lehre absolviert haben, Risikoscheu zu unterstellen, ihrerseits aber in Stellenangeboten Akademiker mit etlichen Jahren Praxis suchen und dabei an ein Alter von 25 Jahren denken. Das ist gewiss bösartig formuliert, ebenso aber scheint uns ein gewisses Quantum an Arroganz vorzuliegen, wenn Doppelqualifizierten einfach so Leistungsschwäche attestiert wird. Die Unterstellung der beiden negativen Bewerbereigenschaften wird in der Untersuchung damit erklärt, dass nur sie für eine Entscheidung des Bewerbers zur Kumulation in Frage kämen, andere Überlegungen existierten nicht, denn zum einen könne die Zurückhaltung nicht auf das höhere Lebensalter zurückgeführt werden und zum anderen würde sich die Doppel-qualifikation nicht in eine höhere Gehaltseinstufung umsetzen. Wenn letzteres nicht der Fall ist, was also anderes soll denn der Grund für das Zwischenschieben einer Lehre sein? - wird gefragt.
Nun, könnte solchermaßen denkenden Arbeitgebern nicht entgehen, dass ein Student mit absolvierter Lehre sich im Geflecht eines betrieblichen Umfeldes schneller zurecht findet, sich sicherer bewegt und den Bedarf an Versuch und Irrtum reduziert? Wissen die modernen Denker davon, wie sehr die Produktivität eines Mitarbeiters dadurch ein-geschränkt werden kann, dass ihn Kollegen auflaufen, zappeln, ihn gezielt in die Irre gehen lassen, nur deshalb, weil der Frischling keine Gelegenheit hatte, als Lehrling solche Erfahrungen zu machen? Dass derart Erfahrene es möglicher-weise besser verstehen, Potentiale der Kollegen anzuzapfen und dank seiner vervollkommneten Ausbildung für sich und zum Wohle des Unternehmens nutzbar zu machen? Dass früher erworbene praktische Lehreerkenntnisse und -fertigkeiten wieder mobilisiert werden können, dank erfolgter zusätzlicher Ausbildung in der Theorie mit deutlich größeren Gültigkeitsdimensionen? Betriebliche Arbeits- und Verhaltensdisziplin nicht erst erlernen müssen? Und nun gar bei Erreichen einer Führungsposition! Glauben solchermaßen denkende Arbeitgeber tatsächlich, dass ihre Mitarbeiter an der Werkbank einen Chef akzeptieren, der eine Feile verkehrt herum in die Hand nimmt? Noch dazu, wenn erwartet wird, dass der studierte Frischling sofort loslegt, Schwachstellen auf den ersten Blick erkennt, Friktionen auszuräumen in der Lage ist? - Genug davon: Arbeitgeber, denen diese Überlegungen fremd sind, werden langfristig Mühe mit der Konkurrenzfähigkeit bekommen. Sind nicht jetzt schon äußerst fatale Entwicklungen in diesem oder jenem Großbetrieb zu beobachten? Es wäre eine Untersuchung wert, wieviel Verantwortung dafür Führungskräften zukommt, die ihre Ausbildungsstrategie "geradlinig" angegangen sind!
Nun noch ein Blick auf diejenigen Abiturienten, die davon absehen, unmittelbar ein Studium anzugehen und statt dessen eine Lehre absolvieren möchten. - Da erinnert sich der Autor sogleich an eine andere Untersuchung, an eine solche, die in einer voraufgegangenen Ausgabe des 'Bewerberforum' erwähnt wurde. Es ging um das Phänomen, dass außergewöhnlich viele Studenten ihr Studium nicht vollenden, sondern es abbrechen, aus den unterschiedlichsten Gründen, nicht zuletzt deswegen, weil "die Theorie" nicht bekommt, will wohl sagen, dass man sich eher für einen praktischen Typ hält, dass man erkennt, die Zuwendung zum Theoretischen war ein Irrweg, immer in der Annahme, dass andererseits die Praxis das doch bessere, und auch 'bewältigbarere' (pardon) Pendant sei. Der Verfasser glaubt nicht daran, dass ein Lehreabsolvent, entschließt er sich denn zum Studium, dies insbesondere deshalb tut, weil er während der Lehre eine Aversion der Praxis gegenüber entwickelt und die Theorie als das ihm Gemäße entdeckt. Nicht dazu gehört das Wollen, vielleicht nicht ein ganzes Leben vor dem Drehautomaten verbringen zu müssen, denn Praxis ist ja umfassender. Auch ein Direktor ist Praktiker. Fast jedem blüht als Berufstätigem die Praxis, betrachten wir einmal die Funktion eines Hochschullehrers nicht genauer. Fazit: Ein Studienabbrecher entflieht möglicherweise der Theorie, ein Lehreabsolvent auf lange Sicht nicht der Praxis. Bleibt der denkbare Verdacht, dass er zumindest für einige Zeit der praktischen Tätigkeit entgehen will, indem er sich mit theoretischen Studien befasst. Charakterisiert er sich aber dadurch als risikoscheu und leistungsschwach? Bliebe zu untersuchen, wie viele der Studienabbrecher eine Lehre durchliefen, wie viele davon "geradlinig" das Studium begannen.
Ein Abiturient, der sich entschließt, einen Lehrvertrag abzuschließen, mit der insgeheimen Absicht, anschließend zu studieren (man kann ihm noch nicht das Odium des - potentiellen - Studiumabbrechers anhängen), ist er ein leistungs-schwacher oder risikoscheuer Typ? Einfach so apodiktisch? Angelt sich ein Ausbildungsbetrieb mit einem solchen Menschen einen weniger Qualifizierten? Sollte man ihn fragen dürfen nach seinen insgeheimen Absichten, nur, um in Sachen Humankapital nicht Gefahr zu laufen, eine Fehlinvestition zu machen? Kann Ausbildung je eine Fehlinvestition sein, einfach deshalb, weil der Ausgebildete studiert? Die einzelbetriebliche Bejahung bedeutet nicht das Gleiche für die Volkswirtschaft. Wer ist aber die Volkswirtschaft? Besteht diese nicht in besonderem Maße auch aus Unternehmen?
Das ist schon ein teilweises Eingehen auf die Schlussfolgerung in Rede stehender Untersuchung: "Einen volkswirtschaftlichen Schaden befürchten die Autoren, wenn die Entscheidung zugunsten der betrieblichen Ausbildung in starkem Maße durch Risikoüberlegungen bestimmt wird: Die Investitionen in das betriebsspezifische Humankapital gingen dann verloren, und das Ziel der Unternehmen, durch die teure Eigenausbildung Transaktionskosten bei der Besetzung offener Stellen klein zu halten, würde verfehlt", so der Zeitungsbericht. Befürchtet wird ein geringeres Ausbildungsangebot. Zu fragen ist: Insgesamt? Nur für Abiturienten? Tatsache ist: Ein Betrieb, der Abiturienten ausbildet, ist sich der "Gefahr" des anschließenden Studiums bewusst, so sehr, dass von einem früheren Usus, hauptsächlich Abiturienten einzustellen, Haupt- und Realschüler ins Abseits zu rücken, längst wieder abgegangen wurde. Der gesunde Mix wird praktiziert. Wenn die Zahl an Auszubildenden mit Abiturstatus (wieder?) im Zunehmen ist, dann kann das nicht nur darin begründet sein, dass vermehrt Abiturienten ein Studium ohne Lehre scheuen. Schließlich muss der sich erhöhenden Nachfrage eine zunehmende Bereitschaft zur Ausbildung von Abiturienten entsprechen. Ein entdeckter Nachteil für die Haupt- und Realschüler durch diese Entwicklung kann hier nicht nähers kommentiert werden, weil er nicht Bestandteil des Themas ist. Wohl aber wird von der Untersuchung herangezogen der Tatbestand, dass Akademiker heutzutage längst nicht mehr die glänzenden Einstellungsaussichten antreffen. Diese Situation provoziere Wartepositionen in der Lehre.
Nun, solche Warteschleifen sind heutzutage verbreitet anzutreffen noch im schulischen Bereich, gezwungenermaßen. Die Warteposition der Abiturienten in der Lehre seien aber gewollt, eben aus Risikoscheu. Man befürchte einen problematischen Übergang vom Studium in die Praxis. Wenn diese Problematik seitens der Arbeitgeber anerkannt ist und man kann sie ja schlechterdings nicht leugnen, dann wird nichtsdestoweniger die Beachtung einer solchen Situation seitens der Abiturienten als Leistungsschwäche und Risikoscheu gedeutet - nach wie vor wohl. Immerhin hätte man erwarten können, dass die neuen Gegebenheiten die Einschätzung der Arbeitgeber zum Relativieren oder Modifizieren Veranlassung geben. Aber wohl nichts davon: Der realistisch reagierende Abiturient ist eben doch risikoscheu und leistungsschwach, weil er insgeheim befürchtet, das Diplom nicht mit der Note zu schaffen, die trotz schwieriger Arbeitsmarktlage den Zugang zur qualifizierten Erststelle doch noch öffnet. Daher Augen zu und durch (ohne Lehre!). Wer den Einser im Diplom verpasst, ist selbst schuld. Er muss auf irgend eine Art sehen, dass er weiterkommt wie Einstein es einst schaffte.
In die selbe Kategorie gerät derjenige Abiturient, der von der Schule erst mal die Schnauze voll hat. Er träumt von der Praxis. Endlich kann er zulangen, werkeln. Aber so schön sind diese Tätigkeiten gar nicht. Er erkennt, ach, in der Schule war es halt vielleicht doch schön, hätte er diese Zeit doch intensiver genossen. Aber was solls. Die Zeit der Lehre geht auch vorüber. Dann kann man ja wieder Freiraum gewinnen auf einer Hochschule. Dazu ist zu sagen, dass sich das nicht gut anhört. Aber gemach: Der Autor hat genügend ehemalige Mitschüler im Blick, die dieser Sorte zuzuweisen waren. Eigenartig, dass sie später im Leben meisit bemerkenswert erfolgreich waren, nicht zuletzt als Selbständige.
Der Autor gehört zu denen, die sich in der Schule wohl fühlten, in der Lehre weniger, wiederum beim Studium. Die zwischengeschobene Lehrzeit wurde erzwungen durch das Kriegsende. Eigentlich hätte er seine Ausbildung "geradliniger" absolvieren müssen. Insofern doch Idealtypus. Und was war? Er ist keinesfalls Führungskraft in einem Großunternehmen, nicht einmal in einem Kleinunternehmen. Er ist seit Jahrzehnten simpler selbständiger Verleger. Von Risikoscheu keine Spur. Wohl aber, wer weiß, leistungsschwach? Für den Hausgebrauch von Großunternehmen ganz bestimmt. Vielleicht, weil er vor dem Studium eine Lehre absolvierte?
Schließlich wird gefordert ein praxisorientiertes Grundstudium, gespickt mit Trainees und Praktika. Sodann ein Zwischenabschluss. "Er würde aber auch die stärker an der Theorie interessierten Studenten zur Aufnahme eines strikt wissenschaftlichen Haupt- oder Aufbaustudiums befähigen". Man lese und staune: befähigen! Also keine Fähigkeit zur Wissenschaft ohne Praxis? Also doch Praxis vor dem Theoriestudium? Praktika, Trainees oder doch besser Lehre - vor dem wissenschaftlichen Studium? Was nun denn?
Abschließend noch einige statistische Daten, mitgeteilt vom Institut der deutschen Wirtschaft. Sonach ist die Doppelqualifikation mit 70 % besonders hoch bei Studierenden der Fachhochschulen, kaum anzutreffen bei Studenten der Sprachwissenschaften und der Naturwissenschaften. "Bei drei von fünf Studienanfängern steht der Untersuchung zufolge das Interesse am Berufsinhalt im Vordergrund, gut die Hälfte der Studienanfänger will sich dagegen in erster Linie durch eine dem Studium vorgeschaltete Lehre für den weiteren Berufsweg absichern. Nur einer von drei Studienanfängern betrachte die Berufsausbildung als praktische Vorbereitung seines Studiums. Drei von zehn Studienanfängern schließlich haben noch keine klaren beruflichen Vorstellungen und nutzen die Lehre lediglich als Orientierungsphase."
Uns erscheint es bemerkenswert, dass die Sache mit der Doppelqualifikation erst neuerdings auf den Tisch und in die Presse kommt. Solche Phänomene sind nur möglich und verständlich, wenn sie im Kontext der Lage auf dem Arbeitsmarkt gesehen werden. Die fertigen Studenten stehen ja immer wieder an. Die Auswahl ist riesig. Man kann ohne Gefahr diskriminieren.
So ist zu bemerken und abzusehen: Die Sache mit den Vorbehalten gegenüber den doppelt qualifizierten Studenten läuft sich spätestens dann tot, wenn sich einmal herausstellt, dass die Diskriminierung ein Schuss nach hinten ist und zum andern, wenn sich die Marktverhältnisse wieder umdrehen, wenn sich Unternehmensvertreter wieder auf dem Campus tummeln. Alles regelt sich über die Nachfrage und über das Angebot.
Manager von morgen (1996)
'Manager von morgen' unterscheiden sich offensichtlich von 'Managern von heute', wenn man sich Aufsätzen zuwendet von Leuten, die gerne die Zukunft bewältigt hätten. Die Herausforderungen von morgen müssen irgendwie anders, gewaltiger, globaler, drohender, voluminöser sein als diejenigen von heute. Die Zukunft als Menetekel? Es scheint, das trifft viel eher auf die Gegenwart zu - (die schon Jahrzehnte, immer noch, anzudauern scheint). (Gewogen und zu leicht befunden - was erzählt die Bibel doch für interessante Geschichten!). Unternehmen, die gestern noch vor Selbstgefälligkeit strotzten, verschwinden, machen Pleite, steuern dem Abgrund zu, geraten in Schieflage, verfehlen mögliche Gewinnchancen, wechseln aus purer Not den Eigentümer usf. Und immer halten sich die Köpfe dieser Unternehmen für unschuldig am Elend. Abwickler und Sanierer verschieben die entstandenen Lasten an Gläubiger und Mitarbeiter.
Vorher, jahrelang, hält man sich für Macher. Auch noch, wenn ein sehendes Auge bereits bemerkt, dass in die abschüssige Strecke eingebogen wurde. - Das sind alles Fakten, leider, menschlich verständlich, allzuhäufig einfach unter den Teppich gekehrt.
Es ist längere Zeit her, da wurde vom IMI (= Internationales Management Institut) eine Studie bei Größtunternehmen gemacht, eine Studie, die Prinzipien aufspüren sollte, nach welchen die Untersuchten denn ihren Führungsnachwuchs rekrutieren, aussuchen, hochpäppeln. Heraus kam eine Auflistung von Führungseigenschaften, die als wichtig ange-sehen wurden, wobei man den Grad der Relevanz hinzufügte. Sie sollen hier jetzt nicht detailliert aufgeführt, das Ergebnis der Studie nicht wiedergegeben werden. Ein paar Auffälligkeiten seien aber besprochen.
Dazu ist es erforderlich, die wichtigste Eigenschaft zu benennen. Es ist Menschenumgang und Kommunikationsfähigkeit (75 %). An drittletzter Stelle figuriert die Bereitschaft, Risiken einzugehen (3 %). Die Eigenschaft mit Rang Nr. 1 sieht sich gut an. Man sollte da zustimmen. Allein, ohne in pure Rabulistik zu verfallen: Der Manager von morgen müsse mit Menschen umgehen können. Das Umgehen riecht ein wenig nach Handhaben, Manipulieren, Taxieren, sich Zurechtfinden mit den vielerlei Persönlichkeitsmerkmalen, Wissen um Menschenschwächen u. a. m. Gut, der richtige Umgang mit Menschen mag auch vielerlei bewirken, freisetzen. Jedoch, mit wie viel Hierarchiestufen hat die Führungs-kraft denn in der Praxis zu tun? Nach oben: Meist beschränkt es sich auf den unmittelbaren Chef. Ist es entscheidend, dass sie mit ihm "umgehen" kann? Ist die stimmige Chemie eine Frage des "Menschenumgangs"? Oder wird die Chemiegüte nicht von anderem bestimmt, etwa ähnliche Denkart, passende Temperamente? Nach unten: Da spricht man heute vom Team. Man meint seine Mannschaft. Gibt auch hier ein Umgang Maß? Spucken wir es aus: Viel wichtiger scheint uns die Fähigkeit der Führungskraft, "führen" zu können, wie ja der Begriff impliziert. Dass das Führen in richtiger Art und Weise zu geschehen hat, in richtigen "Umgangsformen", ist eine banale Selbstverständlichkeit. Übrigens ebenso die Kommunikationsfähigkeit des Managers. Was soll dort ein autistisches Wesen?
3 % Wichtigkeit kommt der Bereitschaft, Risiken einzugehen zu. Die meinen doch "unternehmerische" Bereitschaft? Hier stockt der Atem! Das heißt doch, dass Führungskräfte, die bereit sind, mal etwas zu riskieren, des Teufels sind! Was liest man aber immer wieder, wenn der Unternehmer charakterisiert wird? Seine Risikobereitschaft wird hervor gehoben! Denn wann hat ein gestandener Unternehmer schon die Gewissheit, dass das, was er "unternimmt", am Markt ankommt? Dass die gemachten Aufwendungen wieder durch erzielte Erlöse abgedeckt werden? Gilt nicht laufend das Gesetz des Probierens und Irrtums? Nur der Bürokrat vermeidet jegliches Risiko. Diese Bemerkung hat überhaupt nichts mit Öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zu tun. Bürokraten sind überall am Werk. Auch in Privatunternehmen jeglicher Couleur kann man einiges an Verkrustung erleben! Und die Flexibilität läuft abgeschlagen unter 14 %. Anpassung an neue zwingende Gegebenheiten, Erkennen und Aufgreifen von Möglichkeiten (Chancen!), Umgehen von Gefahrenpunkten - all das rangiert weit hinten. Quo vadis deutsche Wirtschaft unter der Führung der Manager von morgen?
Flache Hierarchie (1996)
Bekanntlich wird beim Lean Management die Hierarchie flacher gebügelt. Bei einer tiefen verflachen die Impulse von oben, bis sie endlich unten ankommen. - Wir fragen uns immer, ob bei solchem Beginnen nun die unteren Ebenen mehr zur Spitze hochrücken oder diese durch Herausoperieren von Zwischenstufen mehr der unteren näher gebracht werden. Diese Unterscheidung hat sehr wohl Bedeutung. Rutscht die Spitze mehr in die Nähe der Ausführenden, bekommt erstere mehr mit von deren Nöte, Problemen und Friktionen aller Art, wenn nicht gar Widerständen. Das lässt daran erinnern, dass in frühen Zeiten der Häuptling in vorderster Front und an gefährdetsten Punkten kämpfte. Er erlebte das Kampfgetümmel hautnah mit, so sehr, dass er häufig dabei umkam. War der Häuptling ein mitreißender Kämpfer, konnte seine Horde Wunder gegenüber der Übermacht vollbringen. Uns scheint aber, dass dieser Effekt in den wenigsten Fällen der Hierarchieverflachung angepeilt wird. Vielmehr wird bedeutet, dass die untere Ebene mehr Verantwortung und Befugnisse übertragen bekommt. Dort entstünde in der Gruppe mehr Wendigkeit, Flexibilität, angeblich.
Die Verlagerung von Funktionsinhalten einer herausoperierten Hierarchiestufe wird wohl auf eine Aufspaltung zugleich nach oben als auch nach unten hinauslaufen, in welcher Anteiligkeit, wäre zu untersuchen: Zuerst wäre zu fragen, was für Aufgaben hatte denn die entfallene Aktionsebene? Sie betreute etwa Leitungsaufgaben (z. B. Zielvorgaben, Überwachung, Motivation), aber gewisse Abwicklungstätigkeiten (z. B. Berichtswesen, Verwaltung wichtiger Daten, Detaildemonstration) werden ihr ebenfalls obgelegen haben. Kann man nun sagen, dass damit auch schon die Aufgabenverlagerung nach oben und nach unten vorgezeichnet ist? Leitungsfunktionen sind eine Stufe höher anzusiedeln, ausführende Tätigkeiten eher eine Treppe tiefer? Eine solche Fixierung erscheint schon vordergründig fragwürdig, unpassend. Fest steht, dass anstehende Arbeit und Aufgaben zu erledigen, durchzuführen, abzuwickeln sind, wie immer man das näher bezeichnen mag. Damit die Stufe darunter ihren Teil übernehmen kann, muss vorher noch "Luft" vorhanden gewesen sein. Das gleiche gilt für das höhere Stockwerk. Bei einer solchen Sachlage geht aber doch sehr viel verloren vom Anspruch und Fluidum, der bzw. das dem flachen Hierarchieaufbau vorangeht bzw. anhängt. Was allein überzeugt, das ist der Entscheidungsfreiraum, der in Richtung "Front" wandert. Denn unbestritten fungieren bei tiefer Hierarchiestaffelung immer mal wieder Ebenen als Versickerungsgrube, als Hemmschuh, wo sie doch eigentlich Multiplikator, Impulsverstärker sein sollen. Sofort muss sich doch die Frage aufdrängen, wer eigentlich dafür zu sorgen hatte, dass ein bestimmter Führungsstock optimal funktionierte.
Solcherlei Überlegungen führen zu einer gewissen Respektlosigkeit gegenüber lauthals verkündeten modischen Managementmethoden, die als Stein der Weisen angepriesen werden und verblüffend häufig sang- und klanglos wieder in der Senke verschwinden. Um das zu bemerken, muss man vielleicht lang genug Beobachter gewesen sein.
Nähere Einsichten in die Praxis lassen auch die Frage aufkommen, was denn bei allzu flacher Hierarchie passiert, wenn die oberste Spitze als Fehlbesetzung anzusehen ist? Das kommt gar nicht so selten vor. Arbeitet unter einer solchen Führung eine eingespielte und flexible Mannschaft, dann ist sie in der Lage, manches Unsinnige aufzufangen, zurecht zu rücken, unschädlich zu machen. Andererseits ist es eher möglich, bei breitgefächertem Mittelmanagement durch Querkontrolle sich abzeichnende Fehlentwicklungen frühzeitig aufzuspüren und zu korrigieren.
Ein Ausdünnen oberster Spitzen dürfte schwieriger sein. Es geht um die Vermeidung von Funktionskumulation. Jedem Ertragsstrang im Unternehmen sollte eine eindeutige personale Verantwortlichkeit zugewiesen sein. Ämterhäufung in einer Person hat nichts mit Lean Management zu tun. So beginnt denn "Lean Management " langsam aber sicher zum Alten Hut zu werden. Wie meint doch Clausewitz: "klare Hierarchie, klare Verantwortung". Und: Gruppenverantwortung = Nährboden für Mobbing?
"Führungseigenschaften" (1996)
Wir listen auf: Administrative Fähigkeiten = Organisation und Planung, Entscheidungsverhalten; Interpersonales Verhalten = Überzeugungskraft, Rhetorik, Einfühlungsvermögen, Kooperationsbereitschaft, Führungsverhalten, Kreativität, Durchsetzungsvermögen, Kontaktbereitschaft; Intellektuelles Potential = Interessenspektrum, Logik und Schlussfolgern, Analysevermögen; Leistungsverhalten = Beharrlichkeit und Ausdauer, Stressresistenz, Tatkraft und Energie, Loyalität; Selbstsicht = Aufstiegsorientierung.
Und - ebenso abgeschrieben: Menschenumgang, Kommunikationsfähigkeit - Motivation, Antrieb, Energie - analytische, konzeptionelle Fähigkeiten - Erfüllen von Zielvereinbarungen - Visionen, Kreativität - fachliche Fähigkeiten - Entschlossenheit, Durchhaltevermögen - Helicopter view - Flexibilität - Orientierung an den Ressourcen - Andere motivieren können - Bereitschaft, Risiken einzugehen - Zeitliche Zuverlässigkeit - Verinnerlichung der Firmenkultur - - -, das also sind die Merkmale der "Führungskräfte"! Prägen Sie sich gut ein, wenn Sie eine solche werden wollen, denn sie sitzen in den Köpfen derjenigen, die über Sie entscheiden.
Sie sind Vertriebsmann? Täglich auf Reisen? Absolvieren Kundengespräch nach Kundengespräch? Schaffen Umsatz herbei, werden nur nach dessen Höhe beurteilt und haben sonst zu spuren? Nun, wenn dem so ist, können Sie es sich dann leisten als gewöhnlicher Sterblicher an der Unternehmensfront bei Ihrer Organisation und Planung der Reiseroute samt Zeiteinteilung zu schlampern? Dürfen Sie unschlüssig sein? Können Sie es auf sich beruhen lassen, ob Sie Ihren Kunden überzeugen oder nicht? Dürfen Sie in Ihrem Verkaufsgespräch die Muttersprache vergewaltigen? Erlauben Sie sich, die Stimmungslage Ihres Gesprächspartners zu ignorieren? Einen Kundenwunsch schlagen Sie brüsk aus? Sie brauchen sich keine neuen Argumente einfallen lassen? Es ist Ihnen gleichgültig, ob Ihr Kunde sein gekauftes Produkt verspätet bekommt? Sie halten es für unnötig, Ihren Besuchskontakt nach den Wünschen des Kunden einzurichten? Sie denken nur ans Mittagessen? Was Logik ist, wissen Sie gleich gar nicht? Und eine verzwickte Problemsituation gehen Sie mit einem einzigen Blickwinkel an? Wenn ein Kunde sich Ihr Angebot nochmals überlegen will, dann soll er Ihnen den Buckel runterrutschen? Dann tun Sie nichts mehr? Die anstrengende Vormittagstätigkeit lässt Sie ab 13 Uhr alle Viere von sich strecken? Und überhaupt, was schert mich meine Firma? Aufstieg? Rente!! -
Wir versagen uns das Kommentieren zum zweiten obigen Kriterienblock. Sie fragen sich jedoch sicherlich: Warum sitze ich nicht auch auf einem warmen Sessel als "Führungskraft"? Erweise ich mich nicht tagtäglich als eine solche, weil ich die sogenannten Führungseigenschaften, oder diejenigen, die eine Führungskraft ausmachen, um der blanken Existenz willen aufs genaueste zu beachten und zu erfüllen habe? Was, fragen Sie, unterscheidet mich wohl von denen da oben bzw. was haben diese denn außerdem noch an sich, dass sie einen Platz an der Sonne erringen konnten? Ein Diplom? Habe ich doch auch! Erfahrung? Habe ich doch auch! Was mag es nun denn sein, was markiert denn den Unterschied, der zweifellos vorhanden sein muss, sonst würde er nicht von jemandem konstatiert?
Die Antwort: Die Fähigkeit zu führen! Offensichtlich können Sie das auch, nachdem Sie die Führungskriterien allesamt ausfüllen und Ihr Metier beherrschen. Also: Bewerben sie sich um eine Führungsposition!
Die "Privatheit" des Stellenwechsels (1995)
Der Text will ein Plädoyer dafür sein, dass, was privat bleiben sollte, im Vorstellungsgespräch nicht hinterfragt und ausgeforscht werden sollte.
Ein Arbeitsplatz wird wohl nie ohne Grund gewechselt. Dabei ist der Wechsel keinesfalls unnormal oder gar ein an-rüchiger Vorgang. Daher sollten die Wechselgründe nicht ohne Not geoffenbart werden. Ein Eingehen auf sie in der Bewerbung ist nicht gefordert, wird nicht erwartet und ist folglich überflüssig.
Bewerbungshilfe-Schriften weisen darauf hin, dass der Bewerber allerdings mit entsprechenden Erkundungsfragen rechnen müsse. Er möge sich also rechtzeitig, um einer Überrumpelung zu entgehen, eine passende Antwort zurecht legen. Der Wechselgrund müsse eine positive Beurteilung beim Fragenden bewirken.
Dem ist nichts an Rat hinzu zu fügen, außer dem Hinweis, dass die Erkundungsfrage, warum man sich bei 'unserer Firma' beworben habe, etwas Anderes meint als diejenige nach dem Grund des Weggangs beim alten Arbeitgeber. Eine solche Frage impliziert schon die Akzeptanz des Wechselnwollens und zielt nur noch darauf zu erfahren, warum man gerade dieses Unternehmen in seine Veränderungsabsichten mit einbezieht. Die Antwort wird bei einer statt gefundenen Stellenausschreibung wohl nicht schwer fallen: Angebote sind dazu da, aufgegriffen zu werden.
Das sehr namhafte Unternehmen, bei dem man - noch - eine respektable Position wahr nimmt, wird dann nicht der Grund zu der Frage sein, warum man denn eine so gute Stellung aufzugeben bereit wäre, wenn man kluger- und auch richtigerweise den Namen des jetzigen Arbeitgebers für sich behält. Hier einer Indiskretion ausgeliefert zu werden, kann katastrophale Folgen haben, die nicht weiters ausgemalt werden müssen. Wohl aber reizt möglicherweise der augenblickliche hierarchische Status, mit dem man ja wirbt, zu neugierigen Fragen. Der Hinweis auf den Willen, die nächst höhere Stufe erklimmen zu wollen, müsste eigentlich sodann genügen.
Hier sollen nicht die einzelnen Arten von "guten" Wechselgründen aufgelistet werden. Das ist anderweitig in Bewerbungshilfe-Schriften schon genügend geschehen. Diese gehen aber auch auf "schlechte" ein mit der Empfehlung, sie keinesfalls dümmlich zu offenbaren. Ob damit Lügen propagiert werden, sei dahin gestellt. Menschlich gesehen müsste man das Recht zur Lüge bejahen, wenn schon jemand partout darauf aus ist, angelogen zu werden.
Hier wird aber der Versuch gemacht, angeblich "schlechte" Veränderungsgründe daraufhin auszuloten, ob und gegebenenfalls wie intensiv negative Signale von "wahren" Weggangsgründen ausgehen - immer unter dem Blickwinkel der Würdigung seitens verständiger Beurteiler bzw. des Versuchs, Verständige mit entsprechenden Argumenten zu über-zeugen bzw. Kleinkarierten deutlich zu machen, dass man bestimmte Dinge auch unter anderen Aspekten ausleuchten kann.
In einer Bewerbungsberatungsschrift wird einmal geschrieben, dass die stärksten Ratten zuerst das Schiff verlassen, dies im Zusammenhang mit der Untersuchung, wann ein Bewerbungsgrund noch gut ist, wenn der seitherige Arbeitgeber auf der Kippe steht. Schlecht sei, sich erst zu bewerben, wenn die wacklige Situation schon die Öffentlichkeit erreicht habe. - Hinter eine derartige Beurteilung möchten wir Fragezeichen setzen, vor allem hinter die Schuldzuweisung, sich möglicherweise nicht früh genug abgesetzt zu haben. Wie ernst die Situation tatsächlich ist, wie zurecht Befürchtungen gepflogen werden, das richtig zu beurteilen, kann schlicht nicht - insbesondere von außen stehenden Bewerbungsempfängern verlangt werden. Der Autor selbst hat eine Stellung dieserhalb aufgegeben: Das Unternehmen wurde von Dritten rechtzeitig saniert und floriert heute wieder bestens. Als die Autos nach dem Kriege noch fahren lernten, wurde wie erinnerlich eine heutige Weltmarke vom Land, in dem es seinen Sitz hat, aufgepäppelt. Und die Bereitschaft eines Bewerbers, in allerschwierigster Situation noch in letzter Minute sein Bestes zu geben, damit die Katastrophe vielleicht doch noch abgewendet werden kann, ist nach unserem Dafürhalten als ein Positivum zu werten. Viele vor Jahren noch viele Stellenangebote ausschreibende Großunternehmen stehen heute keinesfalls glänzend da. Sie wären weg von der Platte, hätten alle "Ratten" sie verlassen, wie angeblich schlechte Veränderungs-gründe es postulieren. Bei der Metapher sind übrigens alle, die beim Überleben mithelfen, schwache Ratten, auch Führungskräfte, die hierzu extra zitiert werden. Wer verböte sich nicht die Gleichsetzung mit Ratten?
Ein weiterer "schlechter" Grund sei Immobilieneigentum. Als Beispiel wird erwähnt, dass man einen Unternehmensumzug nicht mitmachen wolle. Also, da passt ewas nicht zusammen. Bei einem solchen Geschehen bewirbt man sich erst recht nicht irgendwo. Wohnsitzwechsel bei Beibehaltung des jetzigen Arbeitgebers ist ja sicherlich noch angenehmer, bleibt es bei diesem Sologrund. So bewirbt man sich doch wohl bei Unternehmen im Einzugsgebiet des jetzi-gen Wohnsitzes. Etwas anderes gilt, wenn man die eingetretene Zäsur zu einem Karriereschritt benützen möchte, falls am Platze sich solches nicht verwirklichen lässt. Angenommen, der Bewerber ist eine gute Wahl, kann man nicht glauben, dass der Personalchef der Nachbarfirma es negativ beurteilt, wenn der Bewerber weiterhin in seinem Haus wohnen, sein Lebensumfeld nicht weiters verändern möchte. Diagnose Immobilität? Absurd, abwegig. Wenn jemand in jungen Jahren mobil war, weit weg vom Elternhaus, später sich dem Gefühl der Heimatverbundenheit hingibt, hingeben kann, weil eben im Raum selbst sich stetige Chancen abzeichnen, trägt er dann das Stigma der Immobilität? Immobilität negativ verstanden? Denn genuin ist Immobilität nichts Schlechtes. erst in der Verbindung mit anderen Belangen kann sie diesen Ruch bekommen. Die Landschaftsverbundenen merken übrigens sehr rasch, dass mit Bezug auf ihr Anliegen relativ schnell das Ende der Fahnenstange erreicht sein wird. Wir glauben, dass auch Karrierebewusste zuerst in ihrer Regionalzeitung verfolgen, was sich so tut. Merken sie jedoch, dass sich nur ganz wenig bewegt, haben sie einen Lernprozess absolviert: Der Blick in die Weite wird, je länger desto nachhaltiger, unbedingter. Ihre Bewerbungen entbehren schließlich jeder Vorbehalte, gezwungenermaßen und nicht, weil Immobilienbesitz eine schlechte Sache wäre. Subsumiert man Vorstehendes unter "Private Gründe", die auch verpönt sein sollen, weil man den neuen Mitarbeiter nicht aus anderem privaten Grund, von denen es ja so viel gäbe, verlieren möchte, kaum dass er seine Aufgaben angepackt hat: Nun - Privatgründe können auch im umgekehrten Sinne wirken, möglicherweise ist die Bilanz ausgeglichen und ein Datum mit diesem Charakteristikum ist so gesehen entlang der Zeit indifferent, ausgeglichen in seinen Auswirkungen.
Schlechte Gründe und kein Ende: Lebensstellung. "Lebensstellung kann auch bedeuten, dass man ... sich einer Firma, einer Aufgabe mit Haut und Haaren verschreiben möchte." Und dann viele Abers. Von Müdigkeit ist die Rede, von der Liebe zum Delegieren, vom Firmenwagen und anderen Extras, von Unterkommen Scheiternder, Abwälzung der Sorge um das Wohlergehen auf den neuen Arbeitgeber. Rückblick: Die Frage nach dem Wechselgrund soll bei der Vorstellung passieren können. Die Lebensläufe der Sich-Vorstellenden sind doch zuvor gründlich gesichtet worden? Ein Kandidat, jung an Jahren, guter Mann, gute Frau, gute Entwicklung: Muss der Personalchef mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass der Bewerber das Wort "Lebensstellung" in den Mund nimmt? Muss er nicht vielmehr befürchten, dass auch die jetzt anzutretende Position lediglich eine Treppenstufe für den Bewerber ist? Und ein etwas Älterer: Angenommen er spricht von dieser ominösen Stellung im Leben. Ist sie nicht plausibel? Wird dieser Bewerber nicht alle Leistungsfähigkeit mobilisieren, damit sein neues Engagement wirklich zur Lebensstellung wird? Zu beider Nutzen?
Jetzt noch ein Veränderungsgrund, der nicht auf eine vor Augen liegende konkrete literarische Vorlage Bezug nimmt, weil nicht erwähnt: Der Bewerber (Bewerberinnen sind immer nicht vergessen!) hat mit seinem (ihrem) Vorgesetzten Krach. Nein, nicht hat er schwelende Schwierigkeiten, zu Recht oder nicht. Es hat gekracht. Man hat sich die Meinung gesagt. Nichts wurde unter den Teppich gekehrt. Der Chef meinte, der Mitarbeiter tauge nichts und der weiß ganz bestimmt, dass dem Chef jegliche Führungsqualitäten abgehen. Es gibt Mitarbeiter, die taugen nichts! Fehlgriff bei der seinerzeitigen Einstellung? Chef hat seinerseits seine bisherigen Leistungen nicht darlegen müssen. Alle Negativa schälten sich erst nach drei Jahren heraus? Chefs ohne Fehl, gibt's denn die? Und wie sind denn Leute Vorstand geworden, die selbst ein Großunternehmen in den Schlamm fahren? Vielleicht war früher ein respektabler Vorgesetzter da, ein neuer ist dagegen nicht auszuhalten? Arrangement in jedem Fall unabdingbar, soll der Bewerber "gut" gewesen sein? Jemand, der sich ans Bein machen lässt und seien es nur ein paar Tro... soll besser sein als einer, der sich solches strikt verbietet? Dass Anpassen wichtiger ist als fachliches Können? Dass Durchsetzungsvermögen nur immer nach unten wirksam wird? Was, wenn ein solcher Selbstbewusster beim Vorstellungsgespräch die Wahrheit antwortet? Wird zurück gezuckt? Muss er lügen, wenn er nicht für immer aus der Bahn geworfen sein will? Ist das die Konsequenz? Viele Fragen.
All diese Kommentare haben einmal den Zweck, den Bewerber zu sensibilieren, nichts weiter. Zum andern aber ist unser Anliegen aufzuzeigen, dass wir die Frage nach den Veränderungsgründen als eine obsolete halten. Wenn das schon nicht überzeugt, dann vielleicht die simple Anregung, die ehrliche Preisgabe eines als schlecht apostrophierten Wechselgrundes nicht als dümmlich einzuordnen (der Mann/die Frau scheint ja gut zu sein, nach allem was vorgelegt wird!), sondern als selbstbewusstes und als neutral eingestuftes Bekenntnis zur Wahrheit, vielmehr positiv auf-genommen, weil: Sich als 'gut' anhörende Wechselbegründungen können eben zurecht gelegt sein, bar jeden Wahrheitsgehaltes. Welcher vernünftige Mensch will da noch regelmäßig die Suppe vor dem Essen nach Haaren untersuchen, gar sie umrühren, ob nicht ein solches unter dem Klos zu entdecken wäre? Man möge "Privatheiten" respektieren!
Kleider machen Leute ... (1994)
Es hilft zum Thema nicht groß weiter, wenn das Sprüchlein literaturhistorisch nähers ausgeleuchtet wird. Aber anpassen sollte man es schon, wenn ein Herr Jörg Scholz recht hat. Etwa: "Kleider schaffen Karriere", oder: "Ohne die richtigen Kleider kein Aufstieg", was bei Bergsteigern offensichtlich stimmt. "Während Kleidung vor einigen Jahren noch als Äußerlichkeit betrachtet wurde ..., wird sie heute im Auswahlprozess ... nicht mehr als Tabuthema angesehen." (Hier wird heutzutage aber gemeint, dass kein allzu großer Spielraum in der Gesellschaft herrscht, um die Sache hoch zu jubeln, zumindest auf dem Sektor der Facharbeiter. 2014 z. B.)
Bohren wir weiter. Die Aussage will uns nicht hinunter. Aus der Äußerlichkeit müsste jetzt also eine Innerlichkeit geworden sein. Über die Äußerlichkeit durfte früher nicht gesprochen werden? Wir interpretieren - richtig?: Die Kleidung als Äußerlichkeit war eine Zeit lang Privatsache, die es, sei's drum, zu respektieren galt, in welchem Zusammen-hang auch immer. (Reinlichkeit und Kleiderart aber nicht zu verwechseln.) Insofern war sie Bestandteil der Person "an sich" und als Errungenschaft gilt, dass die Persönlichkeit Anspruch auf Respektierung hat. Nunmehr aber ist es erlaubt, eventuelle Defekte des Äußeren eine Rolle spielen zu lassen; die Personalität ist, was ihre Oberfläche anbetrifft, für Kritik geöffnet worden.
Ist es so? Der ganze Sachverhalt ist in seiner Aufgebauschtheit eine Schimäre. Das Gegenüber hat "jemanden" schon immer zuerst nach seinem Äußeren erlebt, das "Innere", was immer das auch sei, anschließend. Und die Taxierung, die da millionenfach ablief, war auch immer inneres Geschehen mit entsprechend gezogenen Wirkungslinien. Daran wird sich auch nichts ändern. Und das 'Äußere' ist auch genau genommen, nach wie vor tabuisiert, aus Gründen der Höflichkeit und des Respektes vor einem Menschen, will sagen, die Höflichkeit wäre abwesend, kritisierte man einen Menschen im direkten Gespräch wegen seines unpassenden Äußeren, zumal dem Wörtchen "unpassend" die Eigenschaft des Absoluten fehlt, es vielmehr in aller Regel nur 'relativ' ist. Es darf nur nicht vergessen werden, dass die Höflichkeit hinten herum fehlen kann.
Dies ist das eine. Das andere, und das war auch schon immer so, ist die Existenz einer Norm zum Thema Kleider. Nur in diesem Zusammenhang konnte Gottfried Keller sein Sprüchlein formulieren. Berühmt ist es ja nur geworden, weil es etwas aufspießt. Aufgespießt wird der Hang der Leute, vom Äußeren auf das Innere (hier Stand, Status) zu schließen, was eben höchst komische Situationen und Ergebnisse zeitigen kann.
Die Kehrseite einer Kleidernorm - oder der -normen, denn der Bezugspunkte sind ja viele - kann aber auch zur Be-dingung geraten. Wenn es aber so ist, dann wird die Norm kritikwürdig, weil sie zum Parameter wird. Sie streift den Grad der Lächerlichkeit, wenn sie zur Wichtigtuerei entartet, als Ab- und Ausgrenzungsinstrument gehandhabt und erlebt wird.
Es ist hier nicht der Ort, Kleiderordnungen darzustellen. Aber: "Wer bereits vom Schneider gefertigte Maßhemden trägt, signalisiert, dass er seinen Anspruch auf eine Führungsposition für gesichert hält. Kommen noch maßgeschneiderte Anzüge und handgenähte englische Schuhe dazu, kann der Gesprächspartner fast sicher sein, nicht mehr mit einem Gegenüber aus dem Mittelmanagement zu sprechen." Löhr & Partner hat eine "Kleider-Typologie deutscher Manager erstellt. Sind Sie in der EDV (IT) beschäftigt? Dann tragen Sie bitte etwas, das ein lässiges, fast legeres Outfit in gemischten Farben eher konservativen Schnitts aufbaut. Wenn Sie aber sich mit Finanzen befassen, dann tragen Sie bitte gedeckte Farben, bevorzugt blau und grau, stets klassischen Schnitt und polierte Schuhe! Braun würde also zu sehr an eine vergangene Periode erinnern.
Jetzt wäre nur noch zu klären, ob einem braven Müllmann überhaupt erlaubt ist, '"betont modisch" mit individuellem Stil zur Arbeit zu erscheinen, ist diese Wahl doch den Männern aus der Kommunikationsbranche und dem Marketing bzw. Vertrieb vorbehalten. Und wo bleiben denn die Richtlinien für die Damen? Einfach übertragen?
Angesichts der verschlafenen Möglichkeiten, die genutzt zu haben uns die Japaner vorzeigen, ist zu fragen, ob unsere Manager keine anderen Sorgen haben, als einer "Kleider-Typologie" zu huldigen. Hier wird nicht dafür plädiert, dass ein Manager die Freiheit hat, in Bundhosen bei einer Konferenz aufzutauchen, aber ein wenig mehr Gelassenheit, etwas weniger an Aufgeblasenheit würde man sich schon wünschen. Denn noch ist zu fragen, wie denn eine "Norm" überhaupt entsteht, zumal hier keine Legislative am Werke ist. Doch offensichtlich nur dadurch, dass allzu viele Manager Energie und Motivation für einen Glelchklang im Outfit investieren. Aber was soll's: Man muss die Leute machen lassen, denn schließlich machen erst Kleider Manager!
Das Krebsgeschwür des Arbeitsmarktes (1988 - die Arbeitslosenzahlen sind hoch)
An wohlfeilen Rezepten, die Misere der Arbeitsmarktlage zu heilen, fehlt es wahrlich nicht. Sie sind häufig genug vordergründig ausgelegt - nach dem Verschreibungsprinzip "Waschet den Pelz, aber macht ihn nicht nass." Auch grassiert die Unfähigkeit, ideologische Brillen abzunehmen. Hier wird die Meinung vertreten, dass gerade der Arbeitsmarkt nichts Anderes als die Summe der Verhältnisse spiegelt, die in den tausenden Einzelbetrieben einer Volkswirtschaft anzutreffen sind (induktive Betrachtung). Herrschen hier gesunde Strukturen, dann auch dort.
Sehen wir uns diese Strukturen zunächst statisch an. Vom erzielbaren Unternehmensertrag (betriebswirtschaftlich begriffen) kann ein Unternehmen bei gegebenem Finanzierungsrahmen immer nur einen bestimmten Anteil für die Vergütung der Mitarbeiter abzweigen oder fixieren. Eine zu hoch angesetzte Quote behindert die Finanzierung der übrigen Kostenbereiche. Diesen Anteil, diese Quote, verstehen wir als betrieblichen Entlohnungsfonds. Der durchschnittliche, auf den einzelnen Mitarbeiter bezogene Vergütungsanteil bemisst sich nach der Zahl der Beschäftigten im Betrieb. Nach der gleichen Betrachtungsweise erwirtschaftet eine Volkswirtschaft einen volkswirtschaftlichen Lohnfonds als Summe der vielen einzelbetrieblichen Entlohnungsfonds. Der durchschnittliche Anteil des einzelnen Arbeitnehmers bemisst sich wiederum nach der Zahl der als Arbeitnehmer in Produktion, Dienstleistung und Handel Beschäftigten. Abweichungen vom Durchschnitt können sich - immer noch bei statischer Betrachtung - nur ergeben, wenn das Prinzip der Entlohnung nach der Leistung akzeptiert wird. So ergibt sich denn für den einen Teil der Arbeitnehmer ein Bonus in der Leistungsbewertung, für den anderen ein Malus, immer bezogen auf die im Prinzip ja mögliche einheitliche Durchschnittsentlohnung.
Als Paraphrase sei hier gleich auf die volkswirtschaftliche und beschäftigungspolitische Bedeutung des Entlohnungsbonus eingegangen, wobei der Fakt der Leistungsstimulierung der Besserentlohnung beiseite gelassen sein soll. Besserverdienende haben eine wichtige Funktion für die Ausdehnung der Märkte, der Produktpalette allgemein. Ihnen stehen sehr schnell Arbeitsplatz schaffende Unternehmen gegenüber, die den Besserverdienenden neue - und hochpreisige - Produkte anbieten. Neue Produktionen sind ungemein risikoreich, daher enthalten die Anfangspreise hohe Risiko-Kalkulationsquoten. Gäbe es nur Durchschnitts- oder Malusentlohnte (letzteres ist natürlich rechnerisch solo nicht möglich), sie könnten die neuen, teuren Produkte nicht aufnehmen, solche würden gar nicht entwickelt und auf den Markt gebracht - mit allen negativen Folgen für den Arbeitsmarkt und für die Niedrigentlohnten, die auch nicht, wenn die Preise der Produkte drastisch fielen, in den Genuss der an und für sich möglichen Produktion kommen.
Wir setzen jetzt mit der dynamischen Analyse ein. Die derzeit noch gültige demographische Entwicklung zwingt uns bei Akzeptanz des sozial begründeten Postulats nach Eindämmung der Arbeitslosigkeit zur Erhöhung der Beschäftigten-zahlen und damit der Arbeitsplätze. Bleiben im kommunizierenden Datenkranz alle anderen Daten fix, dann kann der Beschäftigungsforderung nur entsprochen werden, wenn die durchschnittlichen, persönlichen Entlohnungsquoten gesenkt werden, nicht nur um den Betrag, den die Umverteilung erheischt, sondern es müssen wohl auch Summen frei gemacht werden, die der Finanzierung der neuen Arbeitsplätze dienen. Letzteres Erfordernis entfällt, wenn die Besserverdienenden bereit sind, über einen Sparprozess Kapital hierfür zu leihen - man beachte die weitere Funktion, der die "Bonusentlohnten" entsprechen sollen. Wir wissen, dass die erste Variante - Einkommenssenkung - nicht durchzusetzen ist, wenngleich es schon seit langem das tägliche Brot vieler kleiner Gewerbetreibenden ist (und kein Hahn kräht danach). Es gibt aber zum Glück noch andere - dynamische Lösungen.
Der wohl erfolgreichste Weg ist in der Erhöhung des Unternehmensertrages und, wiederum induktiv betrachtet, des volkswirtschaftlichen Sozialproduktes zu sehen. Die allerbequemste, aber auch erfolgloseste Methode bietet sich mit Preiserhöhungen an. (Das , was heutzutage der Draghi unbeirrt und besserwisserisch anstrebt.) So lassen sich nur Scheinerfolge erzielen, weil Inflation, und sei sie noch so niedrig, nur Schein-Wertsteigerungen bewirkt, aber reale Einkommensminderungen zur Folge hat. Die mögliche Erhöhung der Dotierung der Entlohnungsfonds würde diese nur wieder ausgleichen. Da ist die Absatz- und Produktionssteigerung vorzuziehen und hierfür wirken stabile Preise unter-stützend. Das Volkseinkommen steigt aber auch qualitativ durch leistungsfähigere Produkte (Nutzensteigerung) und, wie gesagt, durch neue Produkte. So erwirtschaftete Zuwächse ermöglichen es, mit Anteilen hiervon, die einzelwirtschafltichen Lohnfonds aufzustocken.
Eine gleiche Möglichkeit wird eröffnet durch Kostensenkungen: Senkung der Kapitalkosten (durch Ermöglichung des Sparprozesses - heutzutage durch Notenpresse) Minderung der Kosten der Produktionsmittel, Leistungserhöhung dieser, Optimierung der betrieblichen Organisationsstrukturen, Vermeidung von Reibungsverlusten, Wasserköpfen u. a. m. Sehr schnell ist man bei diesem Stichwort auch beim Staatsapparat angelangt. Die konsumtiven Posten im Staatsbudget haben sich einen hohen Anteil erobert. Das Auffüllen des einzelwirtschaftlichen Lohnfonds wird auch erleichtert durch Steuersenkungen - sowohl der Betriebs- als auch der Gewinnsteuern, ganz abgesehen davon, dass dem Lohnempfänger ein höherer Anteil vom Brutto verbleibt. Nicht zu verstehen ist, dass reinvestierte Gewinne nicht steuerlich begünstigt werden. Man wollte und will die Unternehmen zur Ausschüttung motivieren, auf dass den Kapitalmärkten "Masse" zugeführt wird. Man glaubt, dass die "Anleger" die so kreierten Kapitalien volkswirtschaftlich "vernünftiger" anlegen als das die Unternehmer, die Erwirtschafter, täten. Das ist ein gravierender Irrtum. Nicht immer verkörpert die höchste Renditeaussicht die sinnvollste Verwendungsart. Oder ist es etwa gut zu heißen, wenn der Staat mit seiner Schuldenmacherei als Kapitalnachfrager die Reinvestition behindert? Wie viele Betriebe schieben Investitionen vor sich her, weil ihnen die Finanzmasse fehlt oder Kredite schwer zu ergattern sind! Wenn Einzelunternehmer besser in die Lage versetzt werden, aus Gewinnen Betriebserweiterungen zu finanzieren, werden sie zwar immer reicher. Was soll's, auch sie sagen der Welt mit leeren Taschen adieu. Alle geschaffenen Produktionsmöglichkeiten lassen sie den Folge-generationen zurück.
Und noch eins: Wer glaubt, dass die Gewinnsteuern nicht längst Kalkulationsquoten geworden sind, dass sie nicht in das Preisniveau "eingehen", der lebt auf dem Mond. Wer finanziert also die enorme Steuerlast (bis zu 70 % der Gewinne) letztlich? Der Verbraucher, die Millionen Arbeitnehmer. Selbst der Sozialhilfeempfänger. (Heute: Solche Sätze sind zum Glück Vergangenheit.)
Starke Interessenverbände meinen, die Arbeitslosenquote dadurch vermindern zu können, dass die allgemeine Kaufkraft erhöht wird (Kaufkrafttheorie), durch erzwungene bzw. erkämpfte Lohnerhöhungen natürlich. Da ist ein richtiger Gedanke dran, weil ja so die Absatzmöglichkeiten der Unternehmen verbessert werden. Nur leider denken die Kaufkrafttheorie-Anhänger nur an Lohnerhöhungen, wie gesagt. Dass Löhnen auch eine Kosteneigenschaft zukommt, wird verdrängt: Sie gehen ja zu Lasten der Entlohnungsfonds, sogar nicht simultan, sondern vorweg. Erstmal wird entnommen, viel später fließt - möglicherweise - wieder etwas zu, in geringerem Maße, denn es wird ja am Mehr abgezwickt, duch den Staat, durch Gewinnzuführungen.
Viel systementsprechender können Preissenkungen eingeordnet werden. Rein theoretisch (leider aber auch weltfremd) und wenn gleichbleibender persönlicher Kaufkraftstandard postuliert würde, versetzten allgemeine Preissenkungen die Arbeitnehmer in die Lage, Vergütungsminderungen zuzustimmen. Mit so frei werdenden Fondsmitteln könnten dann neue Arbeitsplätze finanziert werden.
Das Volumen der Entlohnungsfonds könnte noch umfangreicher werden mittels Kreditfinanzierung. Dieser Weg kann etwa im Großanlagenbau, allenfalls beschritten werden bei erforderlichen Zwischenfinanzierungen.
Eine Schmälerung der Entlohnungsfonds ist u. U. dann die Folge, wenn nachhaltig und kräftig dimensioniert Eigenkapital ins Ausland
abfließt, um dort investiert zu werden, weil etwa das ausländische Lohnniveau deutlich unter dem des Inlandes liegt. An einem solchen Trend sind jedoch nicht zuletzt diejenigen schuld, die ohne
Rücksicht auf die Quote des Produktivitätsfortschritts die Lohnkosten in die Höhe treiben. Auslandsinvestitionen sind bei moderater Lohnpolitik dann opportun, wenn im eigenen Land relative
Vollbeschäftigung herrscht. Soweit aber Auslandsinvestitionen dazu angetan sind, in hinterher hinkenden Industrieländern aufzubauen, fort zu entwickeln, bedeutet das eine sinnvolle Investition in die
Zukunft. Es ist daran zu erinnern, dass die Bundesrepublik ihr größtes Exportvolumen in den entwickelten Ländern erzielt. Schließlich kann nicht deutlich genug darauf verwiesen werden, wie wichtig
für den Arbeitsmarkt günstige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, die der Staat vorzugeben hat, geworden sind. Hektisches Drehen an den politischen Schrauben bringt Unruhe, bringt die Unternehmen
um die Möglichkeit, langfristig in Ruhe planen zu können. Nicht zuletzt werden alle Aus-, Weiter- und Fortbildungsinitiativen (staatlich und privat) äußerst positiv zu beurteilen sein.
Vorstehende Ausführungen haben erhellt, wie bedeutsam es ist, das Vermögen zur Entlohnung der Mitarbeiter abzusichern und zu stärken. Aber selbst, wenn es gelingt, es stetig wachsen zu
lassen, gibt es doch wieder eine Verwendungsalternative. Mit Zuwächsen können Lohnerhöhungen finanziert werden. Dadurch entstehen keine neuen Arbeitsplätze. Sie können aber ausschließlich
zur Neueinstellung von Mitarbeitern verwendet werden, nachdem zuvor Erweiterungsinvestitionen realisiert wurden, z. B. Mitarbeiter, die in neuen Ländern neue Märkte anpacken. Das bedeutet aber auch,
dass stagnierende Fonds in brutal zutage tretender Rechenhaftigkeit die Beschäftigungsausweitung verhindern, ja, durchgedrückte Zuwächse bei der persönlichen Entlohnung zu Entlassungszwang führt (die
Malusentlohnung beinhaltet ja auch die Null-Entlohnung), denn schließlich existiert die Alternative Vergütungsrückgang bei Arbeitsbesitzern nicht. Die Entlohnungsstruktur ist in dieser Hinsicht
inflexibel. Das Augenmerk darf nicht gerichtet sein auf die Erhöhung der Entnahmen aus den Lohnfonds es sei denn, neue Mitarbeiter sind zu bedienen, vielmehr geht es jetzt und in Zukunft darum, ihnen
Möglichkeiten, Potentiale zuzuführen.
Die Konkurrenz zwischen Arbeits- und Kapitalkosten darf nicht weiter den Druck verstärken, alle freien und kostengünstigen Kapitalien in Rationalisierungsinvestitionen zu stecken (gemeint ist die Substitution der Arbeit durch Kapitalgüter), wo es in der Gegenwart doch angebrachter wäre, man expandierte in Arbeitsplätzen und Produktion. Ohnehin ist abzusehen, wann aus ganz anderen Gründen Rationalisierung, Arbeitskräfteeinsparung wieder Ziel Nr. 1 wird (demographische Entwicklung). Hier wird prophezeit und prognostiziert: Alles, was wir jetzt in Hektik einläuten - Vorruhestand, bezahlte Arbeitszeitverkürzung, lange Bildungszeiten und -wege, alles das werden wir in wenigen Jahren, zumindest in Teilen, wieder zu korrigieren haben, es sei denn, die Computerheinzelmännchen entlasten uns von neuen quantitativen Anpassungszwängen. Qualitative zuhauf werden sie uns bringen.
Aber die Lohnfondstheorie werden sie nicht modifzieren oder außer Kraft setzen. Man sieht, Arbeitslosigkeit ist eben doch Menschenwerk, insofern, als allenthalben evident gegen rechenhafte, einsichtige Marktregeln verstoßen wird.
Nahrung und Scholle (2000)
(In dieser Zeit (3/2013) ist die europäische Agrarpolitik auf der Agenda. Die Handhabung verläuft in Teilen skandalös. Ein Großteil der Agrarmilliarden wird überstellt an Großbetriebe, an Könige, an Agrarbetriebe und andere Fehladressaten. Geborene Empfänger wären aber die vielen landwirtschaftlichen Kleinbetriebe, die eigentlichen Träger ökologischen Wirtschaftens. Und, weite Teile der Landschaft werden "vermaist". Monokulturen breiten sich umweltschädigend aus. Der zuständige Kommissar drohte an der Lobby zu scheitern. Sein Programm wurde verwässert.)
Zu der Zeit als sich die Debatten um die umweltverträgliche Produktion von Energie etablierten, da wurde als flapsige Begleitung der Spruch kolportiert: "Mein Strom kommt aus der Steckdose". Warum also sich Gedanken darüber machen, wo er denn herkommt? So verhält es sich auch bei unserer täglichen Nahrung. Sie gibt es, preisgünstig genug, im Supermarkt ganz in der Nähe. Gibt es denn Probleme bei ihrer Produktion? Funktioniert etwa der Lebensmittelmarkt nicht? Kommt da etwa jemand unter die Räder? Real oder - noch - nur virtuell? (So ist es, real. Denn die einsetzenden Preissteigerungen für Lebensmittel wirken sich bereits aus, in den armen Problemländern der Welt mit fatalen Folgen.) Produziert der Markt Ausbeutung - der Konsumenten, der Bauern, des Steuerzahlers, des Handels? Haben die Skandale allerorten tiefsitzende Ursachen? Das soll hinterfragt werden. Aber auch, was zukünftig wohl für eine einigermaßen befriedigende Lösung anzusteuern ist, weniger national als vielmehr europaweit.
Produzenten einst und jetzt
Wie Mediävisten, das sind Historiker, die sich das Mittelalter als Forschungsgegenstand ausgewählt haben, berichteten, gab es einmal eine relativ gute Zeit für die Bauern. Falsch sei die Vorstellung, dass sie im 12. Jahrhundert sich etwa Tag und Nacht tot rackerten, weil es Gutsherren so erpressten. Wohl sei die Fronarbeit ausbedungen gewesen, ihr war aber die Fürsorge beigestellt. Man hatte sein Lehen und kam der Tagesarbeit nach, lieferte den Zehnten an die Herrschaft und richtete es auch mal ruhiger ein.
Das mag wissenschaftlich nicht ganz exakt wiedergegeben worden sein, fest steht, dass sich die Dinge einige Jahr-hunderte später drastisch verschlechterten. Sonst wüssten wir nicht von Bauernaufständen und deren grausamen Niederschlagung. Warum? Das Klima hat sich wohl verschlechtert und die Herrschaft war nicht mehr der kleine Burg- oder Gutsherr, sondern schon der weltliche Fürst, der klerikale Fürstabt, allesamt höchst anspruchsvoll, was Prunk und Reichtum anbelangte. Während die Louis XIII bis XVI ihre Prachtschlösser bauten, der Adel es ihnen nachmachte, nagten die Bauern am Hungertuch. Schließlich waren dann für den Krieg die stehenden Heere zu finanzieren, Kriege verheerten die Länder und Städte. Noch konnte man nicht erkennen, dass eine Urproduktion, die die dort Tätigen wohlhabend gemacht, die darauf aufbauenden Gewerbe zur Blüte gebracht hätte. Aber was soll man dazu sagen, dass im untergegangenen Preußen Minister von und zum Stein im Jahre 1807 die bäuerliche Leibeigenschaft aufhob? Später, bei beginnender Industrialisierung, entstand durch diesen Akt ein Ventil für die bäuerliche Bevölkerung, indem sie zu den Städten und deren Fabriken abwandern konnte, leider nur, um ein dort entstehendes Proletariat, das ebenfalls zunehmend verelendete, zu speisen.
Die düstere Situation brachte Theorien hervor, wonach die Nahrungsbasis bei stetigem Bevölkerungswachstum nicht parallel gesteigert werden könne und folglich die Welt in Hungersnöte schlittere (Malthus). Das hat sich zum Glück bisher - bei uns - nicht bewahrheitet. Doch sehr wohl auf anderen Erdteilen, zwar nicht direkt aus Malthus-Gründen, sondern weil die Landbearbeitung noch nach vorsintflutlichen Methoden gehandhabt wird. (Kaum Kapitaleinsatz). Denkt man aber darüber hinaus und global an die Prognose der Demografen, die meinen, dass bei einer heutigen Weltbevölkerung 7 Milliarden schon in absehbarer Zeit die Zehnmilliarden erreicht würden, dann ist es vielleicht gar nicht so abwegig, den Malthus im Hinterkopf zu behalten. Auch weiter unten, wenn die landwirtschaftlichen Probleme der Gegenwart angesprochen werden, sollte man sich fragen, in wie weit diese nicht doch nur vorübergehender Art sind.
So wie Malthus im 19. Jdt., hat auch Thünen sich schon mit den Bedingungen der landwirtschaftlichen Produktion befasst und neben das uralte Wissen um die Bedeutung der Brache und der Fruchtfolge den Absatz, den Markt gestellt. Er hat um diesen, örtlich zu begreifenden, Kreise gezogen, die die unter Berücksichtigung des Transportes erzwungenen Produktionsintensitäten markierten: Intensiver Anbau (Gemüse) in nächster Nähe, extensive Bodenbewirtschaftung (Weidewirtschaft) weit draußen und schließlich die Brache fern aller Nachfrage. Nur ungleiche Bodenqualitäten deformieren die Kreise oder schaffen Fruchtexklaven. Diese Überlegungen sind im Grunde heute noch gültig und werden nur immer wieder ausgehebelt durch technischen Fortschritt. Ein solcher außerhalb der Landwirtschaft, etwa im Transportwesen, macht immerhin südamerikanisches Rindfleisch und nordamerikanischen Weizen und Mais bei uns konkurrenzfähig. Aber nicht allein dies, auch Klimavorteile spielen eine Rolle bei der räumlichen Ausdehnung der Distribution und dünne Bevölkerungsdichte lässt Raum für extensive Landbewirtschaftung. Eine solche bietet Kostenvorteile gegenüber der Intensivwirtschaft und ermöglicht so die Substitution höherer Transportkosten. Größenordnungen amerikanischer Vorgehensweisen lassen Kostendegressionen entstehen, von denen wir in Europa weit entfernt sind. Verderb spielt kaum noch eine Rolle, was das Lagern zeitbezogen und technisch ungemein flexibilisiert. (Zurück zur EU-Intension: Das angestrebte und wieder verwässerte Bestreben, die kleinteilige Landwirtschaft nachhaltiger zu fördern, hätte die Verkürzung der Transportwege (Tiertransporte!) einge-läutet, wohl auch, den Bioanbau diversifiziert, die artgerechte Tierhaltung befördert, den Verbrauch von Antibiotika ge-hemmt, die Ausbreitung hochgefährlicher Seuchen gebremst, ebenso die Genverseuchung und sicherlich auch kriminelle Energie eingedämmt.)
Malthus kam und kommt auch deshalb noch nicht zum Zuge, weil die Züchtung ertragreicher Fruchtsorten (leider einhergehend mit Sortenverarmung - aßen Sie schon einmal einen Gewürzluig, ein köstlich schmeckender Apfel?) erfolgreich gelang und immer wieder gelingt. Die Schädlingsbekämpfung war so wirksam, dass man die Gefahr der Resistenz und Vergiftung übersah. Durch den Fortschritt in der Chemie und Biologie kamen Dünger auf den Markt (durch Justus von Liebig schon 1841!), die den Ertrag so nachhaltig steigerten, dass das Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag seinen Schrecken verlor. Wenn man empirisch erlebte, dass die Verdoppelung der Düngermenge keineswegs den Fruchtertrag um 100 % steigerte, dass auch vermehrte Bodenbearbeitung nichts auszuhebeln vermoche, dann erlebte der Mensch eben die Grenzen der Machbarkeit. Um so mehr erstaunt, wie spät das Kapital in Form von Sachkapital als durchschlagendster, die Produktivität nachhaltig steigernder Faktor erkannt wurde. Denn:
Lange brauchte die sich entwickelnde Technik, im Landwirtschaftssektor Fuß zu fassen. Zögernd kam die Dampfkraft zum Einsatz, die Dreschmaschine vor die Tenne, der Traktor auf den Acker, wohl eher auf den Latifundien Preußens und in den Gegenden, da die Realteilung nicht üblich war, wo also die Anbauflächen nicht atomisiert wurden. Wie sollte auch ein durch stetige Vererbungsteilung schrumpfendes Hofgut das nötige Kapital für landwirtschaftliche Maschinen aufbringen? Pferde- und Ochsengespanne verschwanden erst nach dem letzten Weltkrieg nach und nach. Das hatte zur Folge, dass der Landwirtschaftssektor lange viel menschliche und tierische Arbeitskräfte band. Die Produktivität war in doppeltem Sinne biologisch in Ketten gelegt.
Leere Mägen - volle Bäuche
Der erste und zweite Weltkrieg brachten je für sich Hungersnöte. Dass die Einfuhr exotischer Produkte entfiel, konnte nicht die Ursache sein, auch nicht eine unterdimensionierte Fähigkeit zur Selbstversorgung. Die Weiten Pommerns und Schlesiens, die landwirtschaftlich orientierten besetzten Länder, der mögliche Handel mit den Neutralen, hätten eigentlich eine wenn auch nicht gewohnt üppige Versorgung gewährleisten sollen. Der Mangel an Arbeitskräften wurde gelindert durch die brutal durchgezogene Zwangsarbeit für Fremdarbeiter aus besetzten Zonen. Der eingetretene Ernährungsnotstand ist rückblickend nicht ganz zu begreifen, weil auch keine wetterbedingten Missernten gravierende Ursache hätten sein können. Fleisch, gewonnen aus Umwegproduktion, war ja eh knapp und hat wohl auch den Direktverzehr pflanzlicher Produkte ausgedehnt. Wie dem auch gewesen sei: Der Bauer stand vergleichsweise auf der Sonnenseite. Zu befürchten ist, dass mancher sich nicht übermäßig abrackerte, denn das staatliche Entgelt bestand aus relativ wertloser Reichsmark und das gesetzwidrige Abzweigen von landwirtschaftlichen und auch anderer Produkte für den Tauschmarkt war lebensbedroht.
Nach dem Krieg war das Geld noch weniger wert; erst die DM und auch überhöhte Preise brachten die Güter auf den Markt. Die staatlichen Steuerungsmechanismen hatten ein zähes Leben. Als, weil es rentabel war und die modernen Produktionsweisen auf den Höfen Einzug hielten, die agrarische Produktion überbordete (sinkende Preise reduzierten nicht die Erntemengen, sondern steigerten sie zum Ausgleich geringer ausfallender Erlöse), war die Landwirtschaft froh, dass der fürsorgliche Staat ihr Absatz-, besser Aufkaufgarantien bewilligte. Die Freiheit der Landwirte wurde immer mehr beschnitten, denn auch das Preisgefüge wurde durch so genannte Interventionspreise - das waren diejenigen, zu deren Höhe die Überschüsse vom Markt genommen wurden - fremdbestimmt. Keine Spur von Marktpreisen. Selbstverständlich errichtete man Importschranken, einmal, um das binnenwirtschaftliche Mengenangebot nicht auch noch durch ausländische Produktionen aufzustocken, zum andern, um das inländische Preisgefüge vor den weit niedrigeren Weltmarktpreisen abzuschotten. Und um ja nichts zu vergessen, unterstützte man den Export dadurch, dass der Preis durch Exportsubventionen auf das Weltniveau herabgeschleust wurde. Trotz allem, die entstehende EWG/EU brachte keine Politikänderung. Milch- und Getreideseen wurden bedenkenlos finanziert. Der Steuerzahler blutete zwiefach: einmal durch überhöhte Preise beim Lebensmitteleinkauf, zum andern dadurch, dass unglaublich hohe Summen als Subventionen in die Landwirtschaft gepumpt wurden und werden. Das Schlimme - bei den Bauern, den Gemeinten, kommen erstaunlich niedrige Anteile der Unsummen an. Der Großteil versickert in den Kanälen der Bürokratie.
Warum das alles? Weil sowohl die Landwirtschaft als auch die Politiker lange, nämlich schon seit den zwanziger Jahren europaweit glaubten und noch glauben, das sei der richtige Weg, die Verhältnisse erzwängen diese Vorgehensweise eben und den Landwirten sei nur so ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Der Bauernstand sollte "gesund" sein. Nebenbei: Importe kosteten knappe Devisen. Besonders von Amerika wollte man unabhängig sein und werden. Schon ganz früh hat die Montanunion den Gedanken an einen gemeinsamen Agrarmarkt geradezu lanciert. Ein solcher frisst mittlerweile fast die Hälfte des Etats der EU. Die Fäden zieht Brüssel. Die Produktpalette erweiterte sich um Südfrüchte und Olivenöl. Die Aussicht darauf, was geschieht, wenn auch Mitteleuropa mit seinen riesigen Produktionspotentialen dazu stoßen, lässt ahnen, welche Probleme noch anstehen. Schon bringen die Polen ein Drohpotential bei den Beitrittsverhandlungen ein.
Das agrarische Europa
Als sich agrarische Überproduktionen abzeichneten, kam man zu der Meinung, dass ein gemeinsamer Markt die Absatzchancen verbessern wird. Die nationalen Budgets würden entlastet, weil sich an der gemeinsamen Finanzierung alle beteiligten. (Ob diese Rechnung überall aufging?) Ein erster Versuch, der Pool Vert, scheiterte. Es ging um eine bilaterale Vereinbarung zwischen Frankreich und Westdeutschland. Um andere Anliegen zu promovieren, war Adenauer 1954 bereit, langfristig größere Mengen Weizen abzunehmen. Der deutsche Bedarf war politisch irrelevant. Aber die anderen europäischen Partner stemmten sich gegen eine solche Zweisamkeit. 1957 jedoch ging es bereits um einen über die Landwirtschaft hinausgreifenden Gemeinsamen Markt. Westeuropa wollte im Kalten Krieg zu einer Dritten Kraft heranwachsen. Bei der Ausgestaltung spielten die landwirtschaftlichen Interessen die maßgebende Rolle, wirtschaftlicher Sachverstand war abwesend.
Es wird weiter laboriert, klangvoll Agenda 2000! Keine Wende! Bis zum Jahre 2006 werden rund 300 Milliarden EURO in den Landwirtschaftssektor umgelenkt. Das angepeilte Ziel war, die staatlichen Stützungspreise auf Weltmarktniveau zu senken, damit sich der Export auf eigene Beine stellen kann. Aber nichts davon. Die Milchpreise werden bis 2005 nicht reduziert. Dabei sorgt die Subventionierung schon jetzt dafür, dass rund 20 % der Milchproduktion überhaupt Abnehmer finden. Mitnahmeeffekte seien schamhaft übergangen. Zusätzlich wurden die Produktionsquoten um fast 1,4 Millionen Tonnen erhöht. Nur weil Irrsinn pur verhindert, dass die Produktion ins Unermessliche steigt, nämlich die Quotierung mit ihren Strafabgaben, konnte die Senkung der Milchpreise umgangen werden. Milchprodukte können aber nicht unbeschränkt ausgeführt werden, denn die WTO-Grenzen sind erreicht und diese werden jährlich weiter gesenkt. Beim Zuckermarkt bleibt alles beim Alten. Das Preisniveau ist bis zum Dreifachen höher als auf der weiten Welt. Die Preise der Getreide und Ölsaaten sind zwar herabgesetzt worden, doch längst nicht im erforderlichen Ausmaße. In den Gefrierhäusern stapeln sich 500tausend Tonnen Fleisch. Ob die Preisherabsetzung von 20 % genügt, den Berg abzubauen, muss abgewartet werden.
Dort, wo die Kommission Preissenkungen verordnet hat, greift das Ausgleichszahlungssystem ein. Sie gleichen Erlöseschmälerung zum guten Teil aus. Damit diese nicht ins Astronomische explodieren sollen, werden die Preisreduzierungen gestreckt. Da die Beihilfen an die Produktion gekoppelt sind, sieht ein Blinder, dass mit Blick auf die staatlich abgesicherten Agrarpreise kein großer Wirkunterschied besteht. Die Umschichtung auf Ausgleichzahlung, so genannte Einkommensbeihilfen, trifft nationale Etats. was Frankreich gar nicht gefällt. Überhaupt sei die Ausgabenobergrenze überschritten. Deutschland meint, dass alles verantwortbar sei. Portugal tönt, dass seine Landwirtschaft zu kurz käme. Bayern und Baden-Württemberg halten jedoch die Agenda für eine Katastrophe für die bäuerlichen Mittelbetriebe. Wenn man jedoch die Details des Tauziehens nähers betrachtet, Beihilfenzulagen dort, Peissenkungen hier, kann man nur noch staunen über das Fehlen jeglicher zielführender Neuregelungen.
Konzeptionelle Ausweglosigkeit?
Ganz fatal ist, dass sowohl hohe, als auch niedrige Preise die Produktion ankurbeln. Das ist unter dem Blickwinkel der Volkswirtschaftstheorie der pure Wahn. Er funktioniert aber nur so widersinnig wegen der Aufkaufgarantien. Im gewerblichen Sektor kommt bei Produktpreisverfall niemand auf die Idee, die Fertigung zu forcieren. Sie wäre ja nicht an den Mann zu bringen. Aber warum ist der Bauer in der Lage, seine Produktion auszuweiten, obwohl die erzielbaren Erlöse doch die Spielräume hierzu einengen? Da ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Landwirt bezüglich der Arbeitszeit nicht in Kategorien des Gewerbes denkt. 30-Stundenwoche? Früher Feierabend? 6 Wochen Urlaub? Da lachen die Hühner und Rindviecher. Nur noch 3 % beträgt der Anteil an Beschäftigten, gerade mal 700000 in Deutschland. Vor hundert Jahren war noch jede dritte Arbeitskraft im Landsektor. Als Treibsatz wirken besonders niedrige Grenzkosten. Kaum ein anderer Wirtschaftszweig hat in wenigen Jahrzehnten die Produktivität durch den Einsatz von Technik so sehr gesteigert. Die gestiegenen Fixkosten verlangen nach Zusatzerlösen. So niedrig sie sind, sie bringen immer noch Deckungsbeiträge.
Solchen Möglichkeiten steht die starre Nachfrage gegenüber. Die Menschen können sich nicht mehr als satt essen, weshalb auch steigende Einkommen nicht weiter helfen. Was ist aber mit den hungernden Millionen in der Welt? Diese Schande ist ein Problem der Armut. Die Kaufkraft fehlt bei diesen Menschen. - Warum wird denn der aufgezeigte Irrsinn nicht einfach abgeschafft? Wo doch mittlerweile jede dritte Umsatzeinheit aus der Stützung kommt? Ganz einfach, die Landwirtschaftslobby ist stark und auch latent gewalttätig. Bei Wahlen bilden die Stimmen der Bauern Blöcke, die als Gesamtheit dort hinwandern, wo herrschende Parteien es nicht wünschen, weil sonst die Mehrheit gefährdet ist. Der Kurs ist auch schwer zu korrigieren, weil zielführende Ideen aus vielerlei Gründen nicht realisierbar sind. Schließlich ist das Ganze auch ein soziales Problem. Man fürchtet den Druck hieraus. Denn dieser ist bekanntlich hoch wirksam, wenn erst mal viele Traktoren den Verkehr behindern.
Wohin mit dem Karren?
Gleichwohl, weltweit wird versucht, die Ausuferungen in den Griff zu bekommen. Dabei beginnen bestimmte Überlegungen mehr Gewicht zu bekommen und auch in die richtige Richtung zu weisen. Nationale Ausgleichszahlungen an den bäuerlichen Betrieb treten langsam an die Stelle der die Produktion stimulierenden Stützpreise. Dahinter steht der richtige Gedanke, dass wir uns nicht erlauben können, die Ernährungsbasis nachhaltig zu schwächen, so, dass sie sich im Übermaß auf Importe stützen muss. Man sollte auch nicht vergessen, unsere europäische Landschaft ist eine Jahrhunderte alte Kulturlandschaft. Das Gegenstück ist eine Naturlandschaft, was allerdings Versteppung und Verwilderung sowie Verstrauchung bedeutet. Wollen wir das? Sicherlich nein. Also müssen wir für den Erhalt der bäuerlichen Tätigkeit Sorge tragen, was aber nicht ausschließt, ungute Entwicklungen zurecht zu rücken. Vielerorts böte der Übergang zu extensiver Bewirtschaftung Kostenvorteile. Die Abschaffung des Gießkannenprinzips (Verteilung der Stützungsgelder nach Fläche) führte zu mehr landschaftsbezogener Wirtschaftsweise. Die Produktion von industrietauglichen Rohstoffgütern, zur Gewinnung von Ausgangssaaten, deren Energie verwertbar ist (Problem der Fähigkeit zum preislichen Konkurrieren), sollte sich aussichtsreicher abzeichnen.
Die agrarisch sinnvoll nutzbaren Flächen sind bekannt. Es sollte auch möglich sein, jeweils am Ort sehr differenziert zu entscheiden, was davon Agrarland bleiben soll, welche Flächen man brach legen will, welche zweckmäßigerweise aufzuforsten sind, was zukünftig als Bauerwartungsland auszuweisen notwendig werden würde. Das so verbleibende Agrarland soll einmal vor dem Herausfallen aus der Kulturlandschaft bewahrt werden, zum andern wird es benötigt, die Ernährungsbasis der Bevölkerung sicher zu stellen und es sollte auch einen gesunden Export ermöglichen. Gesund bedeutet, dass er zu konkurrenzfähigen Preisen geschehen kann. Dann wäre abstrakt zu fragen, welches Volumen an Sach- und Humankapital benötigt würde, um das Kulturland vor unerwünschten Veränderungen zu bewahren. Genau dies sollte dann den Maßstab für die Bemessung der Insgesamtausgleichszahlungen abgeben. Das wäre der Fonds, der zur Direktverteilung an die bäuerlichen Betriebe (an Landwirte und nicht an weit weg beigeordnete Adressen) zur Verfügung stünde. Diese Gelder sind nicht als Subvention, nicht als Ausgleichszahlung zu charakterisieren. Sie fungieren als staatliche Ausgaben, die aufgebracht werden müssten, um die Kulturlandschaft für die Gesellschaften - in welcher Ausgestaltung auch immer - zu erhalten, wenn man andererseits auf jede landwirtschaftliche Produktion verzichtete. Die Verteilungsmodalitäten überließe man den Landwirtschaftsorganisationen. Die Landwirte? Die Betriebe? Ihre Produktionsabsichten? Ihre Einkommen? Ist nicht mehr Sache der Regierungen. Die Landwirtschaft hat im Auftrage des Staates nur noch dafür zu sorgen, dass die Kulturlandschaft nicht brach fällt, wie auch immer. Wenn die Bauern im Zuge dieser Aufgabe auf die Idee verfallen, Kühe zu melken, Getreide zu den Silos zu bringen, Rinder und Schweine zu füttern, Raps anzudienen, etc., so sich weitere Erlöse zu verschaffen, das sei ihre Sache. Ob sie ihr Getreide verkaufen, ihre Milch der Molkerei anliefern können, vor allem zu welchen Preisen, das hat niemand mehr zu regeln, zu interessieren, außer den Markt, genauer die Marktteilnehmer. Die agrarische Landnutzung substituiert die ansonsten anstehende Pflege der Kulturlandschaft, wie sehr, wie intensiv, das wird nicht gesteuert, wohl aber sehr die Pflege. Man denke dabei an das Gebirge, an Naherholungsflächen, Aufforstungen.
Utopie? Wieder einmal ja. Weil die Gesellschaft den finanziellen Erhalt bäuerlicher Betriebe (nicht deren grundsätzlichem, garantierten Überleben) auf Basis Ausgleichszahlungen weiterhin als Subventionierung einstufte, wo doch genau definiert der Erhalt der Kulturlandschaft gewollt und finanziert wird und die Bauern sich über der Verteilung der abstrakten Erlöse die Köpfe blutig schlügen und sich nicht einigen könnten, wie viele Betriebe man denn für den Erhalt der Landschaftskultur noch bräuchte. - Wir sind der festen Überzeugung, die aufgezeigten Lösungsansätze wären die richtigen. Aber es sei zugestanden: ohne Durchrechnen der aufzubringenden Summen, vor allem der Vergleich mit den jetzigen Aufwendungen, bleibt alles Vorgetragene wirklich nur graue Theorie. (Es ist evident, dieser Denkansatz ist sowohl beim Bauernverband als auch EU-Kommissar bislang allenfalls marginal angekommen.)
Risikoausgleich (2001)
(Für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wurde ein Großer Pott geschaffen, der alle Versicherungsbeiträge - erhoben mit einem einheitlichen Beitragssatz - sammelt und sie nach gewissen Regeln mit Risikoausgleich an die Krankenkassen verteilt. Wenn dieser Große Pott nur für die Grundversorgung vorgesehen würde, mag der komplizierte Risikoausgleich entfallen. Für den Bereich jenseits der Grundversorgung könnte den Kassen wieder Beitragsautonomie eingeräumt werden, so dass wieder Elemente der Konkurrenz für die Kassen - Beitragshöhenkonkurrenz wie früher - möglich würde. Siehe Nachbemerkung. Risikoausgleich: Die Verteilungsquoten aus dem Pott sind gewissermaßen gewichtet indem sie sich an der Morbidität der Versichertenmasse je Kasse orientieren.)
Wohl kaum wird man die Krankheitskosten in naher Zukunft in den Griff bekommen, (die heutige Finanzfülle wird erzielt durch hohes Beitragsaufkommen, nicht durch Kostensenkungen) zumindest so nicht, wie sich das die Politiker - und auch andere Funktionsträger denken. Nehmen wir den Risikoausgleich, auch so eine Krücke, die nur bedingt das bewerkstelligt, was eigentlich angepeilt wird.
Von jeher gibt es unterschiedliche Arten von Krankenversicherungen der gesetzlichen Sparte (GKV). Allgemeine Ortskrankenkassen, Betriebskassen, Ersatzkassen. früher war der Wettbewerb quasi total ausgeschaltet, , insofern, als z. B. gewerbliche Mitarbeiter eines Betriebes nur in der AOK oder der eigenen Betriebskrankenkasse unterkommen konnten. Das ist abgeschafft. Jeder kann jetzt seinen Versicherungsträger frei wählen. Zwischen den Kassen sollte der Wind des Wettbewerbs wehen, denn Wettbewerb ist immer gut, er drückt die Preise, hier die Kassenbeiträge. Das wollen wir ja auch so stehen lassen. Nur kommt es darauf an, wie und mit was die einzelnen Kassen untereinander konkurrieren können.
Man ist damit sehr schnell fertig. Denn eine Konkurrenz ist möglich einmal über die Beitragssätze (jetzt wieder etwas), mit nur etlichen Leistungsarten sowie eingeschränkt mit Leistungsvolumina, nicht über Risikoselektion, solange Versicherungsbegehren nicht abgewiesen werden können. Überhaupt kämen manche Kassen sehr in die Bredouille, wäre da nicht der so genannte Risikoausgleich. Das will meinen, dass es Kassen gibt, deren Versicherte sind graduell so morbide, dass die horrenden Aufwendungen für sie Beiträge heischten, deren Höhe wegen sie vom Markt fegen würden. Die Grundidee der Versicherung verbietet ja bekanntlich eine Orientierung am aktuellen Gesundheitszustand eines Kassenmitglieds. Die Privaten - ja, diese berücksichtigen z.B. das Alter, will sagen die eher gesunde Jugend-konstitution. Die Gesetzlichen knüpfen bei der Beitragserhebung an an die Arbeitseinkommenshöhe, sofern jemand Pflichtmitglied ist.
Nun haben - bis dato wenigstens - die Betriebskrankenkassen deutlich niedrigere Beitragssätze als die übrigen. Die Folge ist, dass dorthin die Krankenversicherungspflichtigen in Scharen strömen (seit die BKK für alle zugänglich sind), andere massenhaft Mitglieder verlieren. Zu allem Ärger loten diese Möglichkeit vor allem junge und noch relativ gesunde Arbeitnehmer aus. Die Rentner, krank wie sie doch nach immer wieder verlautbarten Äußerungen sind, bleiben eher z. B. bei den AOK hocken. Und so haben denn gut dastehende Versicherungen außerordentlich viel Geld an schlecht oder schlechter sich ansehende Gesellschaften zu bezahlen. Damit ist u. E. das Meiste darüber gesagt, warum ein Risikoausgleich kreiert wurde.
Eigenartig hört sich die Argumentation des Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung an. Durch den massenhaften Wechsel stehe für die medizinische Versorgung immer weniger Geld zur Verfügung. Der Grund liege darin, dass die Kassen für die ambulante Versorgung ihrer Mitglieder unterschiedlich viel bezahlten. Allein in Berlin streuten die Summen zwischen 460 und 1000 DM. Das muss man deuten, um Missverständnisse zu verhindern. Wenn Kassen mit niedrigen Beiträgen pro Mitglied weniger an die Leistungserbringer bezahlen, weil das einzelne Mitglied weniger medizinische Behandlung braucht, bei welcher Kasse auch immer, wäre das kein Systemdefekt. Wenn es aber so auszulegen ist, dass es Kassen gelingt, für bestimmte Behandlungselemente unterschiedlich hohe Entgelte zu vergüten, dann ist zu fragen, warum solche "Einkaufspolitiken" verteufelt werden. Der Patient müsste allerdings erfahren, dass in ihn weniger Geld investiert wird (Rechnungslegung), denn nur so kann er schlüssig auf eine minder-wertigere Behandlung tippen, nur so kann er richtige Überlegungen bei der Kassenwahl anstellen. Der Konkurrenzfaktor, der hier anfällt, ist so keiner, der einen Risikoausgleich forderte.
Daher scheint der Risikoausgleich eine Schimäre zu sein. Schauen wir jedoch näher hin: Das Versichertenrisiko, deutlicher die Krankheitskostenanfälligkeit der Versicherten, ist eine Größe, die die Kassen nur ganz marginal positiv beeinflussen können, etwa durch laufende Appelle, gesünder zu leben. Ansonsten haben sie keine Möglichkeit, mit hohem Risiko behaftete Personen auszuschließen. Diese Unmöglichkeit trifft alle Gesetzlichen Kassen. Dies zur Ausgabenseite. Zu diesen gehören nun aber auch die Verwaltungskosten und da differiert es doch happig! Wie die Arbeitsämter haben auch die Krankenkassen aus üppigeren Zeiten herrührende, landauf, landab stehende, mehr oder weniger prächtig anzusehende Hauptsitze oder Filialen - z. B. In die Gehaltsstrukturen haben wir keine Einblicke, auch da wird es Unterschiede geben. Es ist so festzuhalten, dass bei solchen Gegebenheiten eine echte, beeinflussbare Beitragskonkurrenz doch wohl auf die Ausgabenquote der Verwaltungskosten beschränkt bleiben muss. Die Methode, der einen oder anderen Art von Therapie die Kostenübername zu verweigern, beschränkt sich auf alternative Methoden, Akupunktur etwa, eben Randgebiete. Also weitgehend gebundene Hände, kaum Möglichkeiten, hier niedrige Beitragssätze anzupeilen. Allesamt.
Könnte man Risikoschichten bilden, orientiert an ihnen die Beitragssätze staffeln, dann wäre Spielraum gewonnen. Aber ganz offensichtlich ist ein solches Vorgehen ungerecht. Nicht immer aber doch meist kann eine versicherte Person ja nichts für den Grad seiner Krankheitsanfälligkeit. Schließlich darf auch nicht vergessen werden die Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen Sparte bis zu bestimmten Verdiensthöhen. Mit ihr korrespondiert der Anspruch, dass ein Versicherungsbegehren nicht abgewiesen werden kann. Zurecht, nicht nur politisch, sondern einfach der Entsprechung wegen. Die Kassen sparen ja dadurch, dass ihnen die Kunden zwangsweise zugeführt werden, riesige Beträge an Anwerbekosten. Was für ein Aufwand wäre vonnöten, wenn überhaupt erst mal für die Idee des Versicherns gegen Krankheit geworben werden müsste!
So können denn die Gesetzlichen eigentlich ein Risiko gar nicht kalkulieren, anhand einer solchen Kalkulation vom Versicherten einen entsprechenden Beitrag fordern, etwa, jeder zahlt einen Betrag, der dem Quotienten aus Gesamt-therapieaufwand zur Anzahl der Versicherten entspräche. Nein, es gilt ein Beitragssatz, der an den Arbeitsverdienst (mit Höchstgrenze) angelegt wird. Der Mensch mit hohem Risiko zahlt so u. U. den niedrigsten Beitrag und umgekehrt. Der Risikoausgleich zielt so nicht nur auf die Unwägbarkeit der Risikozusammensetzung und -quantität, sondern auch noch auf Unterschiede der Arbeitseinkommen der je Kassenversichertengesamtheit.
Bei so viel unbeeinflussbaren Gegebenheiten macht das Konkurrieren eigentlich keinen Spass mehr. Jedes andere Unternehmen kann danach trachten, günstig einzukaufen, zweifelhafte Kunden beiseite zu lassen, für das einzelne Lieferprodukt einen Einzelpreis zu kalkulieren und zu verlangen. Nicht so hier. Solch gravierende Unterschiede müssen doch zu Konsequenzen führen! Aber durchaus nicht zu einem Risikoausgleich, einem Konstrukt, das nur die Ausgeburt von realitätsfremdem Gedankengut sein kann. - Gut gesprochen Löwe, hat Du einen anderen Vorschlag? Durchaus, jedoch keinen revolutionären. Wir meinen, dass die Istkonstellation verlangt, den Hauptbestimmungsfaktor der Ausgaben der Gesetzlichen, die Heilungs - oder Behandlungskosten, die kein Beteiligter der Kassenseite groß steuern und beeinflussen kann (und wenn, dann die Konkurrenz nicht gehindert werden kann, in die gleiche Bahn einzuschwenken), eben weil das Risiko als faktischer Monolith gegenübertritt, von Konkurrenzsituationen zu befreien, dergestalt, dass für die gesamte GKV ein einheitlicher Fonds gebildet wird, der alle Kassen nach Maßgabe ihrer Anzahl Versicherter zu bedienen hat zur Abdeckung der Grundversorgung. Ein Risikoausgleich jetziger Art erübrigte sich.
(Was wäre Grundversorgung? Etwa der Umfang, wie denjenigen angeboten, die ihre Beiträge nicht aufbringen können? Es läge nahe, dieses Versorgungsvolumen hälftig über die Steuer abzudecken, will sagen, die Versicherten von der diesbezüglichen Beitragslast zu befreien. Das, was ansonsten üblicherweise an Leistungsvolumen noch draufgesattelt ist, ist mit den Beiträgen der Kassenmitglieder/Arbeitgeber/Rentenkassen in Eigenregie der Kassen wie früher mit jeweiliger Kassenbeitragssatzautonomie abzudecken. Dann kann das Beitragsniveau im Rahmen des Konkurrenzdruckes niedriger gehalten werden als jetzt: Willkommen für alle, die unter der Beitragslast leiden, wenn auch ansonsten von Einkommensteuern freigestellt.)
Produktions-, Nutzen-, Ertragsfaktoren (2008)
Wenn man uralte, "heilige", volkswirtschaftliche Lehrsätze, die Generationen von Volkswirtschafsstudenten verinnerlicht haben, versucht, etwas zu modifizieren, dann ist ganz bestimmt das Bewerberforum in seinem Randdasein der ungeeignetste Ort. Aber in einer guten Portion Narrenfreiheit kann man sich suhlen. Vorwürfe der Prätention, Anmaßung, laufen ins Leere.
Fragwürdigen volkswirtschaftlichen Thesen, gleichwohl gemeinhin als richtig und gültig erachtet, begegnet die heutige Gesellschaft viel häufiger und intensiver als in der klassischen Zeit der wirtschaftlichen Thesen- und Lehrschöpfung. Dafür sorgen massenweises Posaunen und die Medienwelten.
Produktion, Nutzen, Ertrag
Die überkommene Lehre der Produktionsfaktoren - Grund und Boden, Kapital, Arbeit - sie ist, sie sind in Stahl gegossen worden und wurden tradiert, tradiert, tradiert über Jahrzehnte hinweg. Interessiert sich die Gesellschaft überhaupt für die Bedingungen der Produktion? Aber ja! Intensiv sogar. Mit Anteilnahme für die Träger der Faktoren. Die Lohnabhängigen, ihr Schicksal, ihre Lebensbedingungen. Die Landwirte, ihre tägliche Plage, ihr Ausgeliefertsein an Wetter und Politik. Die Kapitalisten, ihr Wohlleben, ihre Gier, ihr ungemein intensiver Einsatz für das gesellschaftliche Wohlergehen.
Die Güter- und Dienstenutzung aber, sie geschieht eben - unter weit weniger Anteilnahme. Sie sackt man einfach ein. Das Lebensmittel wird geschluckt, sofern nicht gehungert, die Dividende wird kapitalisiert oder verpulvert, der Lohn, um ihn wird gebangt und gekämpft. Was man aber denn gar nicht nachhaltig genug betonen kann: Produziert wird nicht wegen der - möglichen - Nutzung, sondern um des Nutzens (Substantiv, nicht Verb) willen. Nutzung unterbleibt bei Fehlen von Nutzen. Es geht daher viel mehr um Nutzenfaktoren.
Was denn also stiftet Nutzen? Zunächst: Ohne Verbraucher und Verwender keine Nutzen! Nur tatsächliche Nutzung gebiert Nutzen. Nichtnutzung oder Falschnutzung zerstört oder ignoriert Produktionen. Produktionen sind nur sinnvoll, wenn sie einer nutzenvollen Nutzung zugeführt werden können. Nutzung geschieht der Wertschätzung halber. Durch die Zuordnung von Wert entsteht Nutzen und Werteschöpfung. Durch angelegte Bezifferung kommt man zur Ertragsschöpfung, ausgedrückt in Messzahlen.
So generiert Produktion Ertrag. Produktionsfaktoren zu Nutzenfaktoren, zu Ertragsfaktoren. Offensichtlich gibt es aber mehr Ertragsfaktoren als die Altliste der Produktionsfaktoren. Da bewerteter Nutzen zum Ertrag mutiert, entspricht die Liste der Ertragsfaktoren zugleich mit der Liste der Nutzenfaktoren der Liste der Produktionsfaktoren. (Kompliziert? Ja!)
Wenn die Ertragsfaktorenliste umfänglicher ist als die klassische Aufzählung der Produktionsfaktoren, erstere mit den letzteren korrespondieren, dann ist die hergebrachte Liste der Produktionsfaktoren unvollständig. Das war sie überhaupt schon immer, denn es sind noch weitere anzuführen. Die Technik etwa war schon immer ein Produktionsfaktor. Technik ist nicht einfach Arbeit, Technik ist Methode, Art und Weise, Anordnung. Nicht genug, also weiter: Im Gegensatz dazu ist die Elektronik ein Gewinn der jüngeren Vergangenheit. Elektronik ist nicht eigentlich Technik, denn ihre Basis, zwei Zustände, wurde nicht entwickelt, sondern war vorzufinden. Und das, was man mit ihnen anstellen kann, ist Gestaltung. Gestaltetes wird in der Regel höher eingeschätzt als Ungestaltetes. Naturfreaks empfinden da differenzierter. Aber: die berühmte Halbinsel Mettnau war z. B. in den Fünfzigern noch naturbelassen. - Methoden, Art und Weisen, Anordnungen, Gestaltung, bedürfen des Geistes, der durch Bildung geformt ist. Geist-Bildung ist der Faktor mit dem größten Gewicht.
Schlussendlich muss noch eingeführt werden der Faktor Zeit. Ulkigerweise. Diese Sichtweise wird von gestandenen Theoretikern ganz gewiss mit einem Fragezeichen versehen. Auf eine solche Idee können nur Praktiker kommen, welche Aussage impliziert, dass die Praktiker einfach als Verbündete vereinnahmt werden. Wer immer etwas vorhat, wer sich aufmacht, etwas Neues in Angriff zu nehmen, der macht alle Male die Erfahrung, dass die Zeit ein Produktionsfaktor ist. Meist geht es langsamer als man sich wünscht. Dem Mühen ist kein Ende. Mühen geschieht in der Zeit. Das mag daran liegen, dass Verfahrenselemente, das Abarbeiten, schlicht hintereinander gepackt oder angeordnet werden müssen. Simultan im strengen Sinne kann ein Einzelfaktor kaum mehrere Akte bewerkstelligen, es sei denn auf parallelen Strängen. Bei laufend praktizierten Tätigkeiten bekommt unser Zeitfaktor plötzlich einen Kehrwert, Tempo geheißen oder z. B. Stückzahl pro Zeiteinheit. Ist die zur Verfügung stehende Zeitspanne begrenzt, ist Tempo alles. Man sieht, Zeit ist fast immer wertvoll, weshalb Zeitersparnis eine erstrebenswerte Sache ist. Selbst die Muße verbraucht Zeit. So richtig echt Faktor ist die Zeit dann, wenn allein der Zeitablauf Ergebnisse gebiert. Das Reifen etwa ist so ein Vorgang.
Also sind als Produktions-, Nutzungs- und (als bewerteter Nutzen) Ertragsfaktoren hinzuzufügen: Technik, Elektronik, Geist-Bildung, Zeit. Wir listen neu auf: Im Zusammenspiel, Zusammenwirken, Produzieren, stellen bereit (Produktionsfakoren):
Grund und Boden = Rohstoffe, z. B. Erz, Erdöl, pflanzliche Produkte jeweils als Potentiale, Natur - Arbeit = Leistung, Gestaltung, Ordnung, produktives Tun - Kapital = Finanzkapital, Sachkapital, Produktionsgüter, Infrastrukturen - Technik = Verfahrensweisen, Methodik, apparatives Geschehen, Prozesse - Elektronik = Programme, gesteuerte Abläufe, Information, Kommunikation - Geist-Bildung = Wissensbestände, Zusammenhänge, Tradierung, Forschung, Lehre, Begreifen, Problemlösung - Zeit = Vorrat an Zeit, um Vorhaben zu realisieren und Prozesse ablaufen zu lassen. Alles hat seine Zeit(spanne).
Die Bedeutung der einzelnen Faktoren für ein produktives Miteinander ist, das mag verblüffen, eigentlich starr. Das Mitwirken jedes einzelnen Faktors ist unabdingbar. Ein Fehlen lässt alles kollabieren. Wohl aber gibt es Verschiebungen, Trends bei der Faktorenqualität und -quantität. Ihre Gewichtung jeweils variiert entlang der Zeit und je nach Gegebenheit.
Je mehr die Vorräte an irdischen Stoffen nach Menge und Qualität sich verringern, je stärker die Knappheit zu spüren ist, desto gewichtiger wird der Faktor Grund und Boden. Es entsteht ein immer stärker werdender Zwang zur Substituierung. Treibriemen ist der Preis.
Der Faktor Arbeit verliert an Relevanz wegen des Ersetzens durch Rationalisierung. Die Nachfrage nach Arbeitsmöglichkeit steigt aber weltweit. Oder anders ausgedrückt, das Angebot an Arbeitsleistung nimmt zu. Schrumpfende Geburtenzahlen werden nur regional Gegenwirkung entfalten. In den Vordergrund schiebt sich die Qualität der Arbeit, zunächst nur als Anforderung existent. Ob genügend Angebotsqualität generiert wird, ist ein anderer Aspekt. Als Trend ist auszumachen, dass Technik, Elektronik und Kapital wie gesagt Arbeit ersetzt. Die Intensität wird promoviert vom Preisverhältnis untereinander und durch die Produktivität des Faktors Geist-Bildung.
Kapital war Jahrtausende lang knapp. Die Umwegproduktion (Produktionsgüter) verlangte seine Akkumulation. Wir beobachten aber eine atemberaubende Statuswende. Die Kapitaltöpfe liefen und laufen über, so dass sich der Kapitalpreis drastisch senkte, was wiederum die Möglichkeit schuf, mit der überschüssigen Kapitalmenge eine eigene Nutzenebene zu installieren. Der Faktor Kapital schuf phantasiereiche Finanzprodukte.
Der Technik wohnt noch viel Fortentwicklungspotential inne. Das wissen wir alle. Es werden ja nicht nur Produkterfindungen gemacht, sondern vielleicht noch mehr neue Verfahren. Sie vermag neue Arbeitsplätze zu schaffen, sie verdrängt diese aber auch. Leider ist die Bilanz nur positiv, wenn in summa Arbeit entfällt. Betroffen ist vermehrt die niedrig qualifizierte Arbeit. Zum Glück bringt technischer Qualitätsanspruch höher angesiedelte Arbeitsplätze.
Die Elektronik wird die Produktivität weiter höher schrauben. Schnelligkeit wird verlangt. Zeit ist Geld. Noch leistungsfähigere Prozessoren werden die Beherrschung hochkomplizierter Steuerungskomplexe und megavoluminöser Abwicklungsaufgaben erschließen.
Die Geist-Bildung verschafft noch tiefere Einblicke in bislang nicht Verstandenes. Sie macht menschliche Hirne fähig, noch nicht Gesehenes sichtbar zu machen. Die Volumina an zu bewältigenden Lernstoffen macht schwindlig. Unterschwellig befürchtet man, ob bei all dem die kulturelle Dimension (Moral, Sitte, Ästhetik, globales Zusammenleben) zu kurz oder in Teilen unter die Räder kommt.
Den Zeitfaktor schließlich könnte eigentlich die Menschheit nach eigenem Gutdünken einschätzen. Schad- und Drohzeiten verlangen allerdings allergrößte Anstrengungen, sie zu begrenzen. Und schon ist die philosophische Gelassenheit ob der Unbegrenztheit der Zukunft perdu. Man muss einfach erkennen, dass die Zeit ein Geschenk ist!
Wie werden nun die Produktionsfaktoren, dem Wesen nach Potentiale, genutzt? Ganz einfach, indem die Potentiale "gehoben" werden. Dieses Heben ist das Nutzen. Bei den einzelnen Faktoren also Nutzungsfaktoren:
Grund und Boden = Gewinnung der Bodenschätze, Nährstoffe, Biomasse, Holz, Bauland, Platz für Verkehrsnetze, Wasser, Gewässer Arbeit = Leistungsge- und -verbrauch - Kapital = Verwendung, Einsatz, Kaufkraft - Technik = Verwendung, Multiplikator, Produktivität - Elektronik = Verwendung, Programme, Steuerung - Geist-Bildung = Aneignung, Denkfähigkeit, Erkenntnisse, Kultur - Zeit = Carpe Diem!
Diese Nutzung der Produktionsfaktoren gebiert aber noch nicht ohne Weiteres entsprechenden Nutzen. Erst, wenn die Nutzung Werte schafft, erlangen wir ihn, dann werden aus den Nutzungs- die Nutzenfaktoren.
Verkompliziert werden die Zusammenhänge dadurch, dass in aller Regel der Träger des Produktionsfaktors nicht gleichzeitig der "Nutzer der Nutzung", des Produzierten ist, dass also für ihn es zunächst des Nutzens ermangelt. Er wird erst auf einem Umweg erlangt. Zunächst kippt das Kohlebergwerk die geförderte Kohle auf Halde, das geförderte Erdöl wird gebunkert, der Landwirt wird sein Getreide erst mal lagern, sei es in der eigenen Scheune oder bei der Genossenschaft. der Arbeiter verliert den Motor, den er gerade in ein Automobil eingebaut hat, schnell aus den Augen, denn das Montageband transportiert ihn weiter. Der Kapitalist investiert sein Kapital, ob es Zinsen oder Dividende abwirft, ist zunächst offen. Wenn er eine neue Maschine (Sachkapital) installiert, ist er darauf angewiesen, dass das, was sie produziert, gefragt ist. Produzenten fungieren als Nutzer nur insofern, als sie ihr Produkt, z. B. Mais, verfüttern oder Biomasse in ihrer Biostromanlage vergasen. Elektrizitätswerke verbrauchen jede Menge Strom.
Der Nutzengewinn wird - endlich - erzielt durch Überstellung des Nutzungsgewinnes an einen Nutzer, der wegen des möglichen Nutzens bereit ist, Werte abzugeben, welcher Vorgang für ihn Aufwand entstehen lässt und für den Produktionsfaktor den jetzt einzuführenden Nutzen in Form von Ertrag abwirft. - M. a. W.: Die Ertragsfaktoren be-sorgen für die Produktionsfaktoren den Nutzen auch für sie: Die Eisenerzkäufer entrichten ihren Obolus, die Arbeitgeber überweisen an den Arbeitnehmer deren Lohn. Der Nutzen besteht in Erträgen, meist in Form erhaltener Kaufkraft aber auch als Aufwandsersparnis. Nicht anfallender Aufwand ist auch Ertrag. - Daher nunmehr Nutzen- oder Ertragsfaktoren:
Grund und Boden = Erlöse aus geförderten Bodenschätzen, aus produzierten land- und forstwirtschaftlichen Produkten, Steuern und Maut aus benutzten Verkehrsstrukturen, aus Versorgung mit Wasser, aus angelandeten Meeresfrüchten. - Arbeit = Lohneinkommen aller Art. - Kapital = Gewinne, Zinsen und Dividenden, Besitzzuwachs. - Technik = Produktivitätssteigerungen, Kostenersparnis, neue Produkte und Anwendungen, Erlössteigerung. - Elektronik = Beherrschung komplexer Abläufe und Vorgänge, Zeitersparnis, Kosteneinsparung. - Geist-Bildung = Bildungsniveau, Kompetenz, Erfindungen, kulturelle Verfeinerung, Lebensqualität, Verstehen und Begreifen u.a.m. - Zeit = Höhere Einkommen pro Zeiteinheit, Gewinn an Tempo, optimierte Zeitausnutzung. - Immer beispielhaft -
Auch auf den nachfolgenden Umschlagstationen geschieht Nutzung und Gewinnung von Nutzen/Ertrag, wirken Faktoren. Das geht bis zum Haushalt, wo das eingekaufte Lebensmittel zum Fertiggericht verwandelt wird. Das Essen gerät hoffentlich zum Vergnügen. Das Schlucken - kein Kommentar mehr. - Nutzer sind Verwender. Wenn sie mit Ertrag nutzen, haben sie Werte geschaffen. Sie haben Nutzen gezogen:
Die Verwender der geförderten Bodenschätze und diejenigen der darauf hergestellten Produktketten, die Textilindustrie für verarbeitete Naturfasern, Mensch und Tier für Nahrung, für gestillten Hunger. - Der Arbeitgeber bekommt die Verfügungsgewalt über das, was seine Arbeiter gewerkelt haben. Diese ihren Lohn. - Der Kapitalist wird belohnt mit Zins, Dividende, Gewinn. - Die Technik wirkt als Multiplikator, als Optimierer, als Aufwandreduzierer. - Die Geist-Bildung sorgt für (aus-)gebildete Menschen, für Gestalter, für das höchstpersönliche Erleben des Verstehens, von Kultur. - Zeit wird erlebt. - Alles nur beispielhaft -
Fehlentwicklungen?
Die Faktorenanalyse und -systematisierung ist in ihren Ergebnissen nicht statisch. Die Verschiebungen und Entwicklungen, die wir erleben, betreffen allumfassend die Formen und Größenordnungen, insbesonders auch, was die Nutzen anbetrifft. Sie treten ein ohne unser Zutun, ohne Abwehr- und Steuerungsmöglichkeit, aber auch durch Einwirkung seitens des Menschen. Die Einwirkung kann geschehen vernunftgesteuert aber auch durch Unvermögen bzw. Böswilligkeit. - Im Schema:
Bei Grund und Boden haben wir zwei Großsektoren, einmal die Nutzungsart der Förderung der Rohstoffe, Erze, Erdöl, Gas, Kohle, Salze, Gestein, Süßwasser, Energie, um nur die relevantesten anzuführen. Zum andern, fast noch wichtiger, die Nutzung der Produktivkraft der Erdoberfläche im Zusammenspiel mit Wasser, Luft und Licht, nennen wir die Land- und Forstwirtschaft, auch die Fischerei.
Die Förderung der Rohstoffe, der bewertete Nutzen des Gewonnenen, der Ertrag daraus wird weiter anwachsen. Er nimmt zu, soweit die Fördermengen zu steigern sind, weil das Potential - noch - fast unerschöpflich ist (Ausnahme Erdöl und Erdgas, seltene Erden). Die Mengensteigerung wird möglich durch das Mitwirken der andern Nutzungsarten (-faktoren). Soweit die Potentiale sich der Erschöpfung nähern, erzwingen hohe Preise die Substitution, gewisssermaßen eine Zwangsregulierung, -anpassung. Ein Nutzenzuwachs wird weiterhin dadurch erzielt, dass die An-(Ver-)wendungsmodi vielfältiger werden. Was kann man aus Erdöl nicht alles herstellen! Und schließlich zeigen die Kurven nach oben, weil der Mensch sich immer mehr leisten kann, sogar die Verschwendung oder kontraproduktive Verwendung. - Die Erträge, ja sie krempeln die Welt um. Sie begründen Wohlstand, Sicherheit für die sich vermehrende Spezie Mensch. Sie geraten zum Fluch, zur Ausbeutung, wenn die Kehrseite betrachtet wird. Denn die Erträge für die einen sind Aufwand für die andern. Aufwand zwar nicht für nichts, man erwirbt ja eine Nutzung, einen Nutzen. Aber die globalen Verschiebungen, die Güterströme bringen so viel Veränderung, dass das Fürchten einkehrt. Und Aufwand für nichts? Vielleicht doch? Wenn man in Schichten denkt? Einen Euro für 1 Liter Diesel, 50 Cents mehr - für was wenn nicht für ein Nichts? (Oder vielleicht weniger CO2 wegen geringerer Fahrvolumen?) - Die ungleiche Verteilung der Nutzen etabliert Reichtum und Armut. Und wenn schon letztere einmal nicht entsteht, so kann überkommene nicht beseitigt werden. Wichtig ist zu erkennen, dass den Verschiebungen oft keine Leistung gegenübersteht bzw. sich der Gegenwert für die Leistung verringert. Faktoren sind Verknappung, Nutzung über den Bedarf hinaus oder das Glück, über Ressourcen zu verfügen. Das immer ausgeprägtere Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich ist also nicht nur zurückzuführen auf unterschiedliche Bewertung des Faktors Arbeit.
Die Urproduktion der Bodenschätze hält ansonsten für den Endverbraucher (Endnutzer, Endnutzen), wenn man vom Erdöl, dem Wasser und der Luft absieht, gegenwärtig nichts Umstürzendes bereit. Das Recycling der Metalle ist längst üblich, wenn auch verbesserungsfähig, die mühselige Verteilung der Kohle für Heizungszwecke ist zu einer Marginalie geschrumpft. Aber in den wasserarmen Gegenden der Welt ist die Verfügbarkeit von Wasser zum dringenden Problem geworden. Der Mensch wird aber auch in China lernen, die katastrophale Verschmutzung der Gewässer zu vermeiden und in ariden Regionen werden die Swimming-Pools der Öl-Superreichen bald trocken fallen, landwirtschaftliche Bewässerung wird mit mehr Verstand geschehen. Was die Klimaverschiebungen bringen werden, kann man zwar anhand von Simulationen andeuten, aber so richtig ernst genommen werden sie weltweit bekanntlich noch nicht.
Die Nutzung des Humus, der Atmosphäre, der Sonne, durch Nahrungsmittelerzeugung, durch Holzeinschlag, durch Beweidung, durch Fischen und Jagd, das hatte schon immer mit der Vertreibung des Hungers und der Anpassung an das jeweilige Klima zu tun. Auch hier haben die anderen Produktionsfaktoren durch ihr Mitwirken dafür gesorgt, dass gewaltige Nutzenzuwächse zu erzielen waren, teilweise so sehr, das der Überfluss sich in "Seen und Berge" verwan-delte und das Wegtransportieren in andere Regionen dort die Eigenproduktion erstickte oder Almosenmentalität erzeugte. Aber die unterschiedliche Verteilung der Klimagegebenheiten, die zwar oftmals gemildert aber nicht beseitigt werden können, sorgt auch hier für Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Die gleiche Wirkung zeitigt die Tatsache, dass Faktoren, deren Mitwirkung die Ausbeute zu steigern in der Lage sind, völlig ungleich vorhanden sind. Und jetzt noch ein Umbruch, vor wenigen Jahrzehnten als nicht denkbar unterm Horizont, der alles auf den Kopf stellt: Die Konkurrenz zwischen der Eignung als Nahrungsmittel und Energie. Es ist vorauszusehen, dass sich hier binen kurzem Katastrophen anbahnen, deshalb, weil die Notwendigkeiten zur leiblichen Sättigung gegen die Gier nach Geld ganz gewiss ins Hintertreffen geraten werden. Helfen kann nur ein striktes Verbot, Nahrungsmittel in Energie umzuwandeln. Das würde den Erfindungsgeist komplett auf diejenigen Biomassen lenken, die für die Nahrung ungeeignet sind. Man schaue auf die Genforschung. Selbst intelligente Leute vertreten und vertraten die Meinung, ohne menschliche Embryokeime kein Forschungsfortschritt. Heute können simple Hautzellen als Basiszellen verwendet werden. Das Forschen in diese Richtung kam nur durch die strikte moralisch-sittliche Begrenzung der Bestrebungen in Gang. - Die Landwirtschaft ist in ihrer Entwicklung übrigens deshalb schwer einzuschätzen, weil die staatlichen Eingriffe in Form von Subventionen, Bürokratie und Ideologie mögliche anders organisierte Zustände verhindern und überdecken. Noch völlig im Dunkeln liegt der Weg, den die Genmanipulation einschlagen, welche Durchschlagskraft sie entwickeln wird.
Der Endverbraucher ist bei der Nutzenbeurteilung nach wie vor nachhaltig verunsichert. Das gilt selbst für den Biosektor. Ihm fehlen Durchblick und Informationen trotz Verbraucherministerien. Ob wohl die Qualität des Fleisches, des Brotes, des Gemüses, der Nahrungsmittel überhaupt, im Vergleich zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg verbessert wurde? Ist nicht die Furcht vor Pestiziden und krank machender Düngung weit verbreitet? Kann man Fertigspeisen ohne Bauchgrimmen verzehren? Hat früher der Fleischer nicht seine Sau beim nahe gelegenen Bauernhof abgeholt? Gab es Massentierhaltung, Tiermehlverfütterung, Käfighaltung der Eierproduktion, Ultrahocherhitzung bei der Milch? Gibt es noch Tomaten, die nach Tomaten schmecken? Nur diejenigen Kinder, deren Eltern im Hausgarten Tomatenstöcke gießen, kennen den Urgeschmack. Bald gibt es ganze Generationen, die ihm noch nie begegnet sind. Die Vergleichsmöglichkeit ist ihnen entzogen worden. Der Wein kann heutzutage in Fraktionen zerlegt und in Orientierung am Massengeschmack neu komponiert werden. das Bier wird eigentlich fast nur noch in Deutschland nach dem Reinheitsgebot gebraut. Gott sei Dank. Schließlich, um bei den Beispielen zum Ende zu kommen, werden den Konsumenten von Gaunern Gammelfleischportionen (und Pferdefleischbeimengungen) untergejubelt. Verbesserungen für den Verbrauchernutzen bei der Ernährung leider nur selektiv! - Fortschritte gab es aber wohl auf dem Bekleidungssektor hauptsächlich deshalb, weil die Menschen sich eine Vielzahl von Bekleidungsstücken leisten können. Die Entwicklung von Kunstfasern konnte den Mangel an Naturfasern ausgleichen; der reine Schutznutzen rückte gar in den Hintergrund. Das Herausputzen ist nicht länger mehr auf die oberen und obersten Gesellschaftsschichten beschränkt. Selbst in Entwicklungsländern laufen die Leute nicht mehr samt und sonders in Fetzen herum.
Beim Faktor Arbeit, der ja so sehr mit dem Menschen (Tierarbeit ist fast verschwunden) verbunden ist, gab es fürchterliche Umbrüche und unglaublichen Zuwachs an Lebensqualität - nur nicht überall. - Der Nutzen für die Arbeitsplatzbereitsteller ist auch Dank des ausgeweiteten Einsatzes anderer Faktoren gewaltig gestiegen. Wenn man im Fernsehen sieht, wie die Werker an den Bändern geradezu hektisch agieren, so ihre Produktivität durch Fleiß nachhaltig steigern, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass der Faktor Zeit seine Wohltaten wohl nur dem Arbeitsplatzanbieter zukommen lässt Wenn man weltweit die Lohnhöhe vergleicht, dann ist offensichtlich, dass die Leistung der Werker vielfach für ein Spottgeld in das Eigentum der Arbeitgeber übergeht. Marxens Mehrwert ist nach wie vor aktuell, Ausbeutung en vogue. Nutzengewinn in solchen Hungerlappen lässt Leere empfinden. Andererseits sind z. B. die Eigentümer der börsennotierten Unternehmen zwar Bezieher oder Käufer von unglaublich effizienten Diensten gewisser Manager. Pleiten, Missmanagement, Kapitalvernichtung, sind äußerst seltene Vorkommnisse. Die Wertschöpfung derartiger Dienste ist oft unermesslich. (Für denjenigen, der es nicht merkt: blanke Ironie.) Die Nutzenkraft verzehnfacht, ach was, verhundertfacht sich, wenn man Gewinne und Börsenkurssteigerungen addiert. Unternehmerische Dienstleistungen muss man einbringen können, um über den Hungerlöhnen in lichten Höhen schweben zu dürfen. Man sieht, der Nutzen für die Anbieter von Managerstühlen und derjenige für den einschlägigen Dienstelieferer werden hier in einem Topf verrührt, denn es ist nicht auszumachen, für wen der Nutzen denn größer und wichtiger ist. Noch vor einiger Zeit frug sich der Autor, wo denn ein Esser & Cie (und Cie!) zugange sein wollte, ohne die Vorleistungen seiner Vorgänger und der Vor-Vormitarbeiter üblicher Couleur. Mittlerweile ist er erschrocken darüber, wie wichtig es ist, dass der Vorgänger nicht Milliarden in den Sand gesetzt hat und der Nachfolger solches Tun sein lässt.
Die überhöhte Entlohnung solcher eigentumsferner angestellter Unternehmer bildet sich als Belastung anderer ab. Sie wird als gewinnschmälernder Aufwand verbucht. Dem Staat wird nichts entgehen, denn die personenbezogenen Steuersätze sind höher als diejenigen der Körperschaftsteuer. Den Gesellschaftern (meist Aktionäre) jedoch wird die Dividende gekürzt. Sie werden dies verschmerzen können. Aber die Minijobber in diesen Stätten könnten einen Anteil an der Überdosierung als Aufbesserung durchaus vertragen, wenn nicht gar ganze, sinnvolle Vollarbeitsplätze vorgehalten werden könnten. Aber volkswirtschaftlich scheint das nicht das Wichtigste zu sein. Wenn man alle Überzogenheiten auf der Welt addiert, dann wäre eine Untersuchung hoch interessant, die erwiese, wie denn die Riesensummen, die sich ergeben, volkswirtschaftlich positiv wirkend anderweitig und anderen Ortes weiter verwendet werden. Es wird bezweifelt, dass z. B. adäquate Arbeitsplätze geschaffen werden. Das hätte man dort, wo man sich einbringt, auch fertig bringen können, würden denn nur neue Produkte und Dienste geboten. Eher ist zu vermuten - Nichtwissen wird zugegeben -, dass in Finanzprodukte um des Finanzertrages willen investiert wird. Das kann man mit dem kleinen Finger nebenher steuern. Wohlbemerkt, aufgespießt werden hier nur obszöne Überhöhungen. Dem gegenüber würden, so ist zu vermuten, normale Arbeitsplatzinhaber ihren Lohn für Konsumgüter ausgeben, einen Kredit reduzieren, sich einen dringend benötigten Urlaub genehmigen, ewas auf die Hohe Kante legen, um später dem Staat nicht zur Last fallen zu müssen u. a. m.
Kapital ist volkswirtschaftlich immer dann wichtiger Nutzenfaktor, wenn es Produktionen oder Leistungen ermöglicht, erleichtert oder ihre Ergebnisse steigert. Das leisten im Verein mit den anderen Produktionsfaktoren im Wesentlichen das Sachkapital, Produktions- und Gebrauchsgüter. Wie schon erwähnt, ist die Kapitalwelt "bereichert" worden um spezifische Kapital- und Finanzierungsinstrumente oder -produkte, die alleine dazu dienen, Geld und Finanzmittel dazu zu bringen, sich zu vermehren, Kinder zu kriegen. Diese "Vermögen" zirkulieren um die Welt, immer dahin, wo es am meisten Gewinne zu scheffeln gilt. Sie bleiben in eigenen Sphären, gemanagt von einer neuen Sorte Mensch, die so gut wie nichts am Hut hat mit dem Stillen der Bedürfnisse der strukturell Minderbemittelten. Zwar bekommt der Normalsparer etwas ab, über Zinsen und Dividenden, wenn denn nicht die Notenbanken die Zinshöhe auf einen Stand drücken, der nicht einmal die Inflation auszugleichen in der Lage ist. Aber eigentlich ist alles nur Überlauf, Ausdruck des Mangels an Produkterfindungen im Verhältnis zur Kapitalfülle. Der Faktor Geist-Bildung bedarf offensichtlich der Aufrüstung, um der Entwicklung eine bedarfsgerechtere Richtung geben zu können.
Kapital produziert Gewinne. Oft aber auch Verluste. Ob das Eine oder das Andere, das bestimmt das Risiko. Ihm wohnt die Alternative Gewinn oder Verlust geradezu inne, ist ihm immanent. Entlang der Zeit und über Alles muss die Gewinnseite überwiegen, sonst macht sich Stagnation breit oder Armut bestimmt das Dasein. Früher war eines der wichtigsten Sachkapitalgüter die Kanone, überhaupt Kriegsgerät. Es ermöglichte Ausraubung. Sie konnte sehr lukrativ ausfallen. das, was man nicht mitnehmen konnte, fiel der Zerstörung anheim. Phasenweise diente Sachkapital dem Ziel der Zerstörung in Ausmaßen, die zeigten, dass der Mensch völlig vernunftlos werden konnte. Heute brauchen wir weiterhin kriegerisches Sachkapital in unvorstellbaren Volumina, um einen Drohhorizont halten zu können. Als Nebeneffekt kommt man zu Arbeitsplätzen und zu Gewinnen. So entsteht dann doch noch ein Nutzen.
Wenn das Kapital Gewinne erwirtschaftet, passiert Positives: Es wird möglich, Gewinnbeteiligungen auszuloben, Dividenden auszuschütten, satte Privatentnahmen zu tätigen, Steuern abzuführen, Expansion (Zukäufe, Produktionspotentiale) anzukurbeln, Kurssteigerungen zu induzieren. Der Nutzen ist immens, vielfältig und wohltuend. Aber ob es noch wohltuender wäre, anstatt all dieser schönen Dinge im Übermaß, die Zahl der Arbeitsplätze auszuweiten, Lebenshaltung ermöglichende Nutzen auszuwerfen, diesem konkreten Abgleich nach Heller und Pfennig ist man noch nicht begegnet. Ein virtuelles Durchrechnen mittels Mega-Rechnern hilft nicht weiter. Man sagt immer, Arbeit sei genug vorhanden, man könne sie nur nicht immer entgelten. Die Konkurrenz, der Kostendruck, die Verteilungsproblematik und -gerechtigkeit. Utopia könnte dafür sorgen, dass die Gewichtung - versuchsweise, aber in praxi - mal umgekehrt wird. Erst mal wird lebenswichtiger Bedarf gestillt, jede produktive Arbeit mit Entgelt versehen, jedem Leistungsfähigen seine adäquate Arbeitsart zugeteilt, notfalls unter Zurückstellung der Substitution. Das Schlagwort "Wohlstand für Alle" wird mit Inhalt gefüllt und dann wird gesichtet, was für die obigen Kapitalertragsziele übrig bleibt. Käme dann die Spirale in Richtung genereller Armut in Gang? Wie im Sozialismus? Könnte es aber nicht sein, dass Wirtschaftsströme zwischen 100 Wohlversorgten größer wären als solche zwischen 10 Superreichen und 90 Minderbemittelten? Es geht um die Zielsetzung fürs Bestreben. Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Handel und Wandel zwischen zwei reichen Volkswirtschaften ein viel höheres Niveau erreicht als zwischen einem armen und einem reichen Land. Was für das Große gilt, warum soll es für Individuen nicht gelten? Damit klar ist, wir haben nichts übrig für Löhne, die hoch sein sollen, um Kaufkraft zu generieren. (Und um die europäischen Südländer zu entlasten und die Export-Importbilanz abzuflachen.) Weil sie zugleich Kosten verkörpern. Uns geht es um Teilhabe an Gewinnen (Nutzen), die durch optimiertes Zusammenspiel der Produktionsfaktoren gesamtgesellschaftlich jeweils erzielt werden, übrig und damit verteilbar sind. Wir halten es auch mit dem ehemaligen Grünen Metzger, der das Auswerfen eines Grundeinkommens mir nichts dir nichts für jeden für eine Schnapsidee hält. Wir meinen nur, dass jeder Million Gewinn die Verpflichtung inne wohnt, vor dem Hinausfließen aus der Unternehmung erst mal zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen - in plausibler Anzahl.
Die Technik und Elektronik als Nutzenfaktoren sind nach unserem Verständnis Sklaven ohne Person zu sein. Wes-wegen Sklaven als Produktionsfaktor schon immer als nützliche Version der Leistungsträger erachtet wurden, ist bekannt. Als Metapher für dieses Verständnis dient der Roboter. Er wird in Zukunft erweisen, was technische und elektronische Knechte der Menschheit potentiell zu bieten haben.
Die forcierte Geist-Bildung wird die Plattform für die Fortentwicklung schaffen und bereitstellen müssen. Dann werden wir eines Tages erkennen, welch langfristigem Bedeutungsverlust das Kapital ausgesetzt sein wird. Was sind da schon die Zinseszinsen zumindest der anrüchigen Finanzfraktion, die durch ihr Gebaren bekanntlich eine hoffnungsvoll angelaufene Konjunkturphase wieder abzuwürgen in der Lage ist.
Die Zeit wird es zeitigen. Sie ist Nutzenfaktor noch in einem ganz anderen Sinne. Sie gibt der Zukunft die Chance, zum Wohle des Lebendigen zu wirken. Die augustinisch-benediktinisch (1. Dekade des 3. Jahrtausends) beschworene Vernunft wird dafür sorgen. (Später und) gewiss.
Plus beim Steuerfluss (2006)
Die Nachricht, dass im letzten und diesem Jahr (also 2005 und 2006 und erst bis 2013!!) die Steuerzuflüsse um etliche Milliarden zugelegt haben, kommt, nach all den sich Jahr für Jahr wiederholenden Hiobsbotschaften, einem Wunder gleich. (Hiob ist eine alttestamentarische Gestalt, der seinen religiösen Glauben voll und ganz auf seinen Gott ausgerichtet und gegründet hat. Aber dieser Gott kam auf die Idee, seine Glaubensstärke dadurch zu prüfen, dass er Hiob unermessliche Leiden zufügte. Doch Hiob ließ sich in seinem Gottvertrauen nicht beirren, klagte vor seinem Gott über sein Elend und schließlich siegte das Erbarmen in der Weise, dass es Hiob besser erging als je zuvor.) Kann das auch Deutschland widerfahren? (Kann man bejahen, jedoch gelang es der Politik nicht, einigermaßen die überkommenen Schattenseiten zu verscheuchen. Ausgeglichene Etats? - Parallel wurden wir, wie man erlebt hat, mit Finanz-, Banken, Schuldenkrisen und EURO-Maladie sowie Wettbewerbsscheren in Atem gehalten. - Aber jetzt, 2015 und weiter, die schwarze oder rote Null!!)
Nun wäre es interessant, was denn bei einer solchen Zuflussveränderung (minus oder plus) sich eigentlich in den involvierten Sphären tut. Den Minusfall kann man kurz abreißen. Nach aller Üblichkeit würden die Staatsausgaben nicht reduziert werden. Vielmehr würde mittels Schuldenvermehrung und damit Geldschöpfung das Loch eingeebnet Damit hätte es sich, denn die Schuldentilgung geschähe ja am St. Nimmerleinstag, wenn überhaupt, denn niemand, wirklich niemand hat eine Vorstellung davon, wie denn die längst überschrittene Billionenschuld bei uns jemals wieder auf Null zurückgeführt werden könnte. (Aber die Null ist ja auch kein Ziel. 2013 haben wir in Deutschland 2 Billionen. Doch auch Druck auf Ausgabenreduzierung in den Ländern, die unter den europäischen und internationalen Finanz-Schutz-und Rettungsschirm flüchten mussten. Was für eine Wendung!)
Daher wenden wir uns der in Deutschland positiven Entwicklung zu und hier nur der Unternehmenssphäre und bei Außerachtlassung der Mehrwertsteuer. Immerhin haben die Gewinne der Unternehmen deutlich zugelegt, folglich auch die Gewinnsteuern. Zuerst: Wie ist der Abfluss bei den Unternehmen hin zum Staat zu beurteilen? Sind Arbeitsplätze bedroht? Die Antwort muss wohl nein sein. (Wenngleich die Lobby nicht müde wird, auf die Gefahren zu hoher Steuern für den Arbeitsmarkt hinzuweisen und so von den Steuervermeidungsstrategien ablenkt.)
Die Mehrabführungen sind durch höhere Einnahmen gedeckt, sonst gäbe es keine Mehrabführungen. Zum andern wurde an anderer Stelle vermerkt, dass tendenziell die Unternehmen die Gewinnsteuern als Kalkulationsfaktor behandeln. Wenn das viele tun, dann ist dies möglich. Wohl aber wird bei dem einen oder anderen Betrieb der rasche Abbau des Fremdkapitals behindert. Wie verhält es sich mit den Rationalisierungsinvestitionen? Sie werden dann getätigt, wenn sich zeigt, dass durch Erhöhung der Produktivität (niedrigere Stückkosten durch weniger Löhne und möglicher Mehrproduktion) der Unternehmensertrag gesteigert werden kann. Das Abschreibungstempo wurde erhöht. Einem Unternehmer, der beim Kostenvergleich die Superabschreibungsquoten nicht als temporäre Kostenzunahme einordnen kann, dem ist nicht zu helfen.
Es gibt aber auch Erweiterungsinvestitionen. Wenn hierzu das Geld fehlt, dann unterbleiben sie oder werden vor sich hergeschoben. Wirklich? Wann erweitert man sein Unternehmen? Wenn nachhaltige Nachfrage befriedigt werden kann. Wenn es sich lohnt, für die Erweiterung Kredit aufzunehmen, wenn schon die eigene Finanzlage klamm ist. Wer lässt sich da von Investitionen abhalten, wenn die Abführungen an den Fiskus zulegen, weil die Erträge gestiegen sind? Kann keine nachhaltige Zusatznachfrage generiert werden, dann hat das Unternehmen sowieso früher oder später ein Problem. Dürften die Unternehmen ihre Milliarden unverhofft behalten - was denn dann? Entstünden aus dem Stand heraus neue Arbeitsplätze? Kaum, weil niemand gute Produktideen vorhält, um sie später zu realisieren. Würden sich Unternehmer endlich zusätzliche private Wünsche erfüllen? Möglich. Aber auf den einzelnen Betrieb entfallen ja gar nicht so große Summen, als dass diese - wir wissen, irreale Gewinnverwendungen - groß etwas in der Wirtschaft ausrichten würden, wenngleich natürlich nach wie vor die These richtig ist, dass jeder EURO, der über den Staat umgeleitet wird, eine mindere Multiplikationswirkung zeitigt. (Gut, dass man diesem Satz mal wieder begegnet. Er stimmt nämlich bedauerlicherweise nicht mehr. Warum? Weil gewisse Wirtschaftsteile (Finanzen) so sehr aus dem Ruder gelaufen sind, dass dort mit dem vielen Kapital in vielen Fällen pures Schindluder getrieben wird. Und man grimmt bei dem Gedanken, was ein vernünftig geleiteter Staat mit dem Geld alles an Strukturinvestitionen - Straßen z. B. - auf die Beine bringen könnte.)
Wenden wir uns also den Empfängern des Steuerplus zu. Sie zählen zu den öffentlichen Händen: Bund, Länder, Kommunen. Hier lohnt es sich, den Verästelungen der möglichen Verwendungen nachzugehen - nicht vollständig, sondern beispielhaft, weil ihrer zu viele sind. Unterscheiden müssen wir zwischen den Arten der öffentlichen Hände, wenngleich diese sicherlich oft identische Verwendungsarten wählen.
Also, was macht der Bund mit den Zusatzmilliarden? Ohne auch nur einen vertiefenden Gedanken fassen zu müssen, kann man allsogleich schmunzeln - nicht, weil rosige An- und Einsichten darzustellen wären, sondern weil es beim Bund an allen Ecken und Enden (Schuldenlage, Defizitsituation, Einnahmenlücken, Ausgabenverschwendung, Maßnahmenstau) lichterloh brennt. (Heute? Die Diskussion über diese Sachlagen ist eingeschlafen, weil permanent virulent.) Bei einer solchen Situation braucht man über die Verwendung gar nicht nachdenken. Das geschah schon lange vorher, allerdings ohne die Verwendungsfinanzierung sicherstellen zu können.
Dabei könnten die zusätzlichen Milliarden, richtig positioniert, einiges an Wirkung entfalten. Man schaue sich eine mögliche Investitionsverwendung an. Man lege ein langes Stück weit an eine überlastete Autobahn eine dritte Fahrspur. Die Volkswirtschaft ersparte nachhaltig Staukosten. Die Straßenbauunternehmen könnten in den Maschinenpark investieren, auch etliche - nicht besonders viele - Arbeitsplätze schaffen. Allein, die zusätzlichen Ausgaben der Straßenbauunternehmen generieren Umsätze im Vorfeld, was wiederum dem Staatssäckel zugute kommt. Andere Verwendungen dagegen, etwa die Reduzierung der Neuverschuldung (jedoch in jedem Falle sinnvoll), den Ausgleich von Steuersatzsenkungen, die Gegenfinanzierung von fragwürdigen Subventionen, die Erhöhung der Besoldung von Gutbetuchten, generell das Zuschieben von Geld an Leute, die es eh nur auf die hohe Kante legen, das Außer-Landes-Bringen von Staatsgeldern, (die Rettung von Banken, das Einrichten von Rettungsschirmen, alles beispielhaft), produzieren nicht schnell wirtschaftliche Impulse im Sinne von Multiplikatoreffekten. (Verhindern bzw. schwächen ab Kollapse.) Der Leser muss selbst aus der Vielfalt von staatlichen Verwendungsmöglichkeiten eine Rangordnung erdenken, wie Staatsausgaben nicht nur sinnvoll bzw. wünschenswert, sondern schubwirksam eingesetzt werden. (Die anstehenden Ausgaben für die Flüchtlingsintegration - 2015 ff - sind noch nicht zu übersehen.)
Die Länderebene bietet eine nicht viel abweichende Oberfläche von der Analyse auf Bundesebene. Aber ein Punkt muss hervorgehoben werden. Das ist der von den Geberländern ungeliebte Länderfinanzausgleich. Baden-Württemberg ist bekanntlich ein solches Geberland. Wenn das Steueraufkommen bei uns sich erfreulich entwickelt, muss ein Großteil abgegeben werden an sog. Empfängerländer. Bei bestimmten kann man ohne Scheu sagen, dass finanzieller Schlendrian am Leben erhalten wird anstatt zu sehen, dass man endlich auf eigene Füße zu stehen kommt. Im Osten werden von etlichen Ländern Haushaltslücken geschlossen, statt Investitionen zu tätigen. (Und was Berlin anbetrifft, so fragt sich der Laie, warum dieser Stadtstaat nicht dem Bund zugeschlagen wird, denn Berlin verkörpert ja für die Bundesregierung die adäquate Kulisse.)
Die Kommunen? Man bekommt die Verwendungstrends nur unvollkommen mit, weil in den Medien ja nicht die einzelnen Gemeinden in ihrer Gesamtheit in ihrem Ausgabenverhalten beschrieben werden, abgesehen von denjenigen vor Ort. Aber wenn man dann so liest darüber, was die Gemeinderäte anpacken - Schulausbau, Straßenpflege, Stadtentwicklung etc. -, dann geschieht doch Einiges, was der Rubrik Investitionen zuzuordnen ist. Der Anteil der zusätzlich anfallenden Milliarden für die Kommunen ist also sinnvoll eingesetzt, wenn auch Übereifer die Kreiselitis nährt, bevor man abwartet, bis unglaublich teuer erstandene Ampelanlagen von alleine unwirtschaftlich werden und nach ihrer Abschaffung verlangen. Und die Etats der Sozialhilfe? Werden sie bei besserer Kassenlage aufgestockt? Sicherlich nur marginal. Deren wirtschaftliche Schubwirkung? Hat die Kommune etwas davon, wenn die Ausgaben bei den Discountern landen? Nur dann, wenn die Gewerbesteuer nicht abgeschafft wird. Überhaupt diese Steuerart! Sie bringt bei guter Konjunktur besonders viel Zuwachs mit Nutznießung vor allem vor Ort. Müssten nur, bevor die Phase der Verschwendung beginnt (Fußgängerüberwege aus Marmor, siehe Sindelfingen mit Daimlergeld), die Hebesätze gesenkt werden. Werden die Räte sagen, bis dahin sei es noch weit. Garantiert nicht bei allen Kommunen.
Man muss es nun nicht allzu deutlich sagen, es genügt eine Anmerkung: Die Steigerung der Steuerzuflüsse könnte forciert werden, wenn die Steuersätze erhöht und die Bezugsbasis verbreitert wird, woran ja undurchsichtig und undurchdacht genug herumgedoktert wird. Aber dann wird der Boden der ausgebreiteten Analyse verlassen.
Jung kontra Alt? (2004)
(Der Titel liegt in der Luft. Immer dicker wird der Sud. Irrationalitäten wabern. Man sollte sich davon befreien. Man sollte das Ei des Kolumbus - wieder einmal - erfinden. Wir sind unsicher, ob folgende Gedankenkette stimmig oder leichtfertig ist. Wenn aber nur ein Hauch "dran" ist, dann ist sie gerechtfertigt.)
Als Wiederkau kursiert die Feststellung, dass immer weniger Junge immer mehr Alte zu erhalten hätten, weil halt die demographische Entwicklung dies offenbare. Das stimmt so nicht. Ganz allgemein gilt, dass die Konsumenten durch Produktion ernährt werden. Im Gegensatz zu früheren Zeiten lahmt die Produktion, weil der Konsum durch mangelnde Kaufkraft eingeengt ist. Die Kapazitäten könnten sofort ausgedehnt werden ohne auf Kapitalbildung warten zu müssen. Und es gibt genug ältere Arbeitslose.
Das ist ja genau das Szenario, das die Gewerkschaften veranlasst, auf die sog. Kaufkrafttheorie zu schwören, das ihnen angeblich die Berechtigung anhand gibt, höhere Löhne zu fordern. Leider lässt diese Theorie die Kostenseite außen vor. Kosten sind Bestandteile der Preise.
Wenn also die Konsumenten - auch alte - durch die Produktion am Leben erhalten werden, ist zu fragen, was für Potentiale denn produktiv tätig sind. Natürlich die Werktätigen, um im Jargon zu bleiben. Das ist aber nur ein Bruchteil der Wahrheit. In Wahrheit wird die Produktion von Lebensgütern zum größten Teil getragen von einer unermesslich groß dimensionierten Technik samt zugehöriger Elektronik und Wissensanhäufung. So ist zu sagen, dass nicht nur ein als zu schmal empfundener Bevölkerungssockel die Alten zu schultern hat, sondern eben auch ein riesiges überkommenes materielles Potential an Versorgungsmöglicheit.
Das Verrückteste an diesem Befund ist aber die Tatsache, dass allerorts Unausgelastetheit anzutreffen ist. Wie die Größe der Brache denn genau zu bemessen wäre, das übersteigt unser Wissen, aber auf graduelle Genauigkeit kommt es hier nicht an. Nicht einmal die der Arbeitsfähigen kann genau beziffert werden, noch viel weniger diejenige des Sachkapitals und der Wissenspotentiale. Nun das Fragwürdige, das Würdige zu Fragen:
Man belaste die Jungen mit einem erträglichen Maße wie gehabt, vielleicht sogar etwas geringer. Die Alten versorge man, was die dann entstehende Versorgungslücke angeht, anders. Nicht mit staatlichen Subventionen, nicht mit Riester-Rente, nicht mit staatlicher Neuverschuldung, nicht mit kaum zu leistender Vorsorge. Nur Hokuspokus kann weiterhelfen, als solcher eigentlich unmöglich und daher verunsichernd. - Also, halten wir einmal die Luft an, vergewissern wir uns eines guten Sitzes oder Standes und versetzen wir uns in die Bereitschaft, etwas ganz und gar Verrücktes wenigstens ansatzweise mitzudenken.
Uns kommt hier in den Sinn, etwas, was von allen Theoretikern ohne jedes Bezweifeln als verwerflich, nachteilig, schädlich und was einem sonst noch an negativen Attributen einfallen kann, eingestuft wird. Geldschöpfung, autonom durch die Bundesbank/EZB, heißt das Unwort. Das ist eine Erscheinung aus der Zeit des 20. Jahrhunderts? Aus der Zeit, da Weltkriege zu finanzieren waren? I wo. Damit eine sich ausdehnende Wirtschaft nicht mangels Geld abgewürgt wird, wird das Geldvolumen von der Zentralbank laufend und stetig, aber nicht unkontrolliert, ausgedehnt. Wie? Die Kreditwirtschaft bekommt Geld zugesteckt oder diese kann sich dieserhalb bei der Bundesbank in bestimmten Größenordnungen Liquiditiät abholen, gegen Zins natürlich. (Dass dies 9 Jahre später in Größeneinheiten von Billionen geschieht, konnte man sich damals noch nicht vorstellen.)
Nun die Variante. An die Stelle des Bankenapparates treten die Rentenversicherungsträger. Sie decken ihre Defizite durch Kreditziehungen bei der Bundesbank. Diese generieren Kaufkraft in den Händen der Alten. Diese Kaufkraft kurbelt die Produktion von Gütern für die Alten an. Sie sorgt für eine bessere Auslastung der brach liegenden Produktionspotentiale, schafft zusätzliche Arbeitsplätze. Das Steuer- und Beitragsaufkommen steigt. Die expandierende Wirtschaft wird mit zusätzlichem Geld nicht nur über die Banken versorgt, sondern auch über den Umsatz. Die Defizite schrumpfen. Die Tilgung der Kredite der Rententräger bei der Bundesbank wird ein Jahr später in den Bundeshaushalt eingestellt. Der Posten wird finanziert durch erhöhtes Steueraufkommen. Die Rentner haben so die miserable Situation gerettet. Wie gut, dass es die Alten gibt! (Von hier bis zur Übertragung der Idee auf das Flüchtlingsproblem ist es nicht weit. Siehe Rubrik "Notizen".)
Heureka. Es ist zu schön das alles. Gilt nicht die Lehre, dass Kaufkraftmehrung einfach so, aus dem Ärmel, die Inflation anheizt? Wohl wahr. Allerdings dann nicht, wenn das kreierte Geld auf ein vermehrbares Warenangebot stößt. (Diese Situation haben wir 2015, da trotz billionenweisen Geldpumpens durch die EZB die Inflationsrate - Gott sei Dank - nicht zulegt.) Wenn also die Arbeitszeit ausgedehnt wird, wenn der Import auf ausländische Produktionspotentiale zurückgreift, wenn die Alten halt wirklich erst mit 67 aufhören. Wenn aber das Wunder geschieht, dass die Potentiale ausgelastet, überdehnt sind, dann allerdings läuten die Alarmglocken der Inflation.
Was war Ausgangspunkt? Nicht die Jungen ernähren die Alten, sondern - solange solche nicht ausgehen - Arbeitende und voll ausgelastetes Sachkapital. Es geht nicht um Geldtransfer, sondern um die Bereitstellung von Gütern. Weil der Geldtransfer bei Weggabe und Empfang schwierig ist, die Anregung, das Geld über die Alten in den Wirtschaftskreislauf einzubringen, nicht über Bankkredite. Die Produktionssteigerung durch Nachfrageerhöhung ist dagegen erwünscht. Das Palaver um die Überalterung ist realiter eine Chimäre, Stoff für Malthusianer, für Leute, die gern mit Droh-potentialen hantieren. Im letzten Weltkrieg haben die Amerikaner so viel Geld in ihren Krieg gepumpt, ohne dass deren Wirtschaft zusammengebrochen wäre, dass einem heute die Augen überlaufen. Kriegsgüter sind bekanntlich nicht für die Wohlfahrt hergestellt. Jetzt geht es um "Altengüter"!
Keinen Job? Keinen Ausweg? (2003)
(In Teilen Europas liegt der Arbeitsmarkt darnieder und auch bei uns sitzen 3 Millionen Arbeitswillige herum. Kein Thema mehr für die Medienwelt. Die Betroffenen sind: betroffen!)
Längst hat sich Lethargie ausgebreitet. Auch Hartz IV bot nichts Substantielles für den Kampf gegen Arbeitslosigkeit. Doch Manches ist nicht zu verstehen. - Im glücklich überstandenen sozialistisch-kommunistischen Wirtschaftssystem lief eine Produktionsschlacht nach der anderen ab. Und trotzdem herrschte Mangel allenthalben. Verrückt: Die Kaufkraft war vorhanden, nicht aber die Produktionskapazität, die Fähigkeit, qualitativ und quantitativ genügend Güter der Nachfrage zu präsentieren.
Und heute, bei uns? In Europa Warenflut überall, unausgelastete Kapazitäten, nicht in Anspruch genommene Dienstleistungsmöglichkeiten, brach liegende Arbeitspotentiale, verbreitet Kaufkraftenge sobald es um größere Anschaffungen geht (z B. Eigentum an Wohnraum). In Afrika, Lateinamerika, Asien darben die Menschen - Kauf-kraftenge" selbst für das Nötigste.
Die Gedanken national, allenfalls noch europäisch verankert, tönt es laut von den Gewerkschaften: Schafft Kaufkraft! Erhöht die Einkommen! So bestechend es sich anhört, aber die Kosten, die in letzter Konsequenz das Preisniveau bestimmen, werden, weil ja störend, ausgeklammert. Und kaum dass die Einkommen um 2 % erhöht werden, reduziert sich der Zuwachs auf 1 %, weil der Staat kassiert. Wenn die Erhöhung ohne Produktivitätsfortschritt durchgesetzt wird, dann geht das Prozent auch noch wieder verloren beim täglichen Einkauf. Festzuhalten gilt, dass bei der Kaufkrafterhöhungsversion zuerst, per tariflicher Kartellmacht die Geldbeutel etwas voller werden sollen, dann erst wird etwas mehr produziert - nur etwas, denn die Kaufkrafterhöhung ist ja nur marginal.
Da sei einmal vordergründig clever gerufen: Produziert! Werft zuerst die Maschinen, die Arbeitskraft an! Zwei Millionen (nur) arbeitswillige Arbeitslose sollen diese Aufgabe übernehmen. Unternehmen, die das produzieren, was sich Unzählige nicht leisten können, würden ihr blaues Wunder erleben, wären sie gedankenarm und inflexibel genug, solches einfach zu tun und drauflos zu praktizieren, ohne entsprechende Asse im Spiel zu haben. Zwar schafften sie Kaufkraft, weil sie Löhne für die geleistete Produktionszeit auszahlen und vorfinanzieren, aber diese Einkommen reichten nicht aus, um das Produzierte bezahlen zu können. Der Preis für das optimistisch hergestellte Produkt ist viel höher: der Staat zwingt zur Kalkulation von Steuern und Abgaben und kein so handelndes Unternehmen wäre bereit, sein mühsam hoch gehaltenes Preisniveau durch ein Überangebot zu gefährden.
Nun haben wir schon in diversen anderen Abhandlungen dargelegt, warum durch das kalkulatorische Ausnützen der ja degressiv verlaufenden Grenzkosten Preissenkungen möglich sind und über niedrige Preise der Absatz anzukurbeln ist (Discounter handeln so).
Allein, das löst das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit nicht. Bislang wirkt diese Methode vielleicht so, dass sie nicht ein noch höheres Niveau erreicht hat. Aber wir halten fest, dass über den Verkaufspreis der Absatz zu stimulieren ist. Nun wird Weiteres postuliert: Alle, die wir von struktureller Arbeitslosigkeit drangsaliert werden, sind gehalten, bei der Preisgestaltung nicht einfach Durchschnittskosten anzusetzen. Vielmehr hat sich unsere gesamte Wirtschaft per Vorleistung daran auszurichten, welche Kaufkraft vor Ort anzutreffen ist. Vor Ort meint die Welt.
Das sind Menschen in der Dritten Welt, die noch existiert, die bekommen Stielaugen, wenn sie sehen, wie mühelos sich die meisten Europäer lebensnotwendige Güter zulegen. Sie hätten sie ebenso gern. Allein sie verfügen über zu wenig Kaufkraft. Nun braucht man ja nicht den bettelärmsten Menschen als Käufer anpeilen. Für ihn kann man wirtschaftlich sinnvoll Entwicklungsfonds einschalten. Aber es gibt ein weites Feld, die Güterverkaufspreise in dem Maße abzusenken, als bei uns niedrige Grenzkosten für die Preisfindung anfallen - dank nicht zuletzt wegen unserer Riesen-Fixkostenblöcke.
Spätestens hier ist der Staat in seine Schranken zu weisen. Wenn auf diesem Weg der Export in ungeahnter Weise auszudehnen wäre, stiegen die Gewinne bei uns in dem Maße, als es gelänge, wenigstens einen Teil der Fixkosten in den Kalkulationen unterzubringen. Genau dann muss der Staat ausgesperrt werden. Solche Exporte müssen ertragsteuerfrei bleiben, ungeachtet der Abgrenzungsprobleme. Allein durch den Abbau der Arbeitslosigkeit profitierten der Staat und die Sicherungssysteme in unvorstellbar großem Ausmaße. Aber verbilligten Export nicht dorthin, wo die Armut eingedämmt ist, denn dort handelte es sich um verbotenes Dumping. Dort hin, wo das Produkt (noch nicht) selbst hergestellt werden kann.
Es ist aber daran zu erinnern, dass Exporte und seien sie noch so preisniedrig, dem Gebot des Tauschenkönnens unterliegen. Auch muss Reimport verhindert werden. Wir, die wir uns von der Arbeitslosigkeit zu befreien suchen, müssen im Gegenzug von den Armen der Welt Dienste und Waren beziehen, auf dass die Armen Erlöse erzielen. Wir müssen dabei Einkaufspreise akzeptieren, die nicht ausgequetscht sind dank unserer wirtschaftlichen Vormachtstellung. Wir wollen ja bei uns - in Europa - Arbeitsplätze schaffen.
Arbeit im Osten (2002)
Erzgebirge. Das ZDF überträgt einen Sonntagmorgengottesdienst aus einer schmucken Kirche. Teilnehmer in der Mehrzahl Arbeitslose. Weil "Arbeit verteilen" das Predigtthema, weil die Kirche nämlich Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist, unterstützt von der Arbeitsverwaltung. Konkret: Fahrradreparatur, Baumschule, Schreinerei und Polsterei. Vor diesem Gottesdienst ein Beitrag über die Entvölkerung der Dörfer im Erzgebirge. Die Jungen sind "drüben", die Alten da. (Sie haben diesen Gottesdienst auch angeguckt?)
Etliche der so Eingebundenen, repräsentativ, bekunden ihre Dankbarkeit, dass ihr Leben durch die möglich gewordene sinnvolle Arbeit wieder lebenswert ist. In der Predigt ist die Rede von Gerechtigkeit. Gerecht sei, wenn Arbeit für möglichst Viele geschaffen würde. Gerechtigkeit bedinge auch einen gerechten Lohn. Klage darüber, dass nicht genügend Arbeit zu ihnen komme. Niemand "gibt" Arbeit.
Es gibt keine Reflexion darüber, wer die Arbeit herbeischaffen könnte, doch müsste, angesichts der Situation. Unausgesprochen bleibt der Appell an den Staat, an die Wessis, an die Unternehmen im Westen der Republik. Das Gleichnis vom Weinbergbesitzer, der zu verschiedenen Zeiten des Tages herumlungernde Tagelöhner zur Arbeit in seinem Weinberg einlädt, sie dann zum Verdruss alle gleich gut (Silberstück) belohnt, unabhängig davon, wie lange sie gearbeitet haben, dient als Brücke zum Postulat nach gerechter Entlohnung, so dass das Lebenkönnen abgesichert sei. So werden die Silberstücke zum Mittel, das Leben des Tages zu finanzieren, nicht zur Gegenleistung für erbrachte Arbeit. Die Predigt ist intellektuell anspruchsvoll, sie erschüttert. Sie führt Klage gegen die Faulheitsthesen, der man bei den Arbeitslosen angeblich begegnet und die noch weit genug weg von der Bundestagswahl bekanntlich vom Bundeskanzler thematisiert wurden.
Aber eines fehlt - übrigens all die Zeit auch bei der Diskussion der maladen Situation durch die Politiker und Journalisten: das gründliche Eingehen, warum im Osten Deutschlands die Arbeit sich so dünne macht. Es gibt nämlich einen Grund, einen ganz simplen: Von den dortigen Menschen, jungen zumal, kommen schlicht zu wenig auf die Idee, sich als Unternehmer zu betätigen. Auch im Westen sind Jungunternehmer rar geworden, aber immerhin, es rührt sich Einiges, besonders hier im Ländle. Neugründungen von Betrieben zwecks Verminderung der Arbeitslosigkeit sind hier auch nicht so brennend nötig. Eh sind Fachkräfte immer noch rar. Niemand kann von unseren Nachwuchsunternehmern verlangen, dass sie hier ihre Heimat verlassen, nur um den Neuen Ländern Arbeit zu verschaffen. Also sieht sich Sachsen, Mecklenburg und, und, auf sich selbst zurückgeworfen. Früher hat alles der Staat gerichtet, das sitzt wohl noch in den Köpfen der Älteren und Alten. Aber die Jungen? Wuchsen sie nicht nunmehr rund zwölf Jahre auf in einem Bildungs- und Ausbildungssystem, das hoffentlich Altmentalitäten abgestreift hat? Ist das Qualifikationsniveau dort niedriger als im Westen? Wir meinen, annehmen zu können, dass es sich nicht so verhält, zumindest begegnet man in der Presse keinen derartigen Alarmsignalen. Nein, es verhält sich anders. Die Ostjungen sind mobil! Sie wandern, wenn sie etwas können, gegen Abend, dort hin, wo sich die Wirtschaft einigermaßen bewegt. Wenn, dann Selbständigkeit am neuen Lebensort. Weg ist die Elite.
Früher gab es auch in der damaligen Bundesrepublik magere Flecken: Bayerischer Wald, Oberpfalz, Ost-Niedersachsen und weitere. Dann gab es eine Phase, da wanderten die Betriebe teils zur Arbeit (nicht zum niedrigen Lohn), anders waren keine Mitarbeiter zu gewinnen, teils in einem Mischmasch an Strömungen kamen aus Italien, Spanien, Portugal, Jugoslawien und der Türkei die Menschen zum Sachkapital. Überall dort aber, wo sich im Herkunftsland Initiativen kreierten, vollzog sich ein Rückstrom. Vielleicht, weil sich viele in Deutschland aus Sprach- und Mentalitätsgründen doch nicht so wohl fühlten, weil sich anders als bei den Türken mangels genügend großer Anzahl keine Bewohnungsabgrenzung herausbildete. Dem gegenüber lebt sich ein Deutscher aus den neuen Ländern im Westen leichter ein. Keine Sprachbarrieren behindern die Akklimatisiton. Was also?
Der Staat sollte seine hundert Milliarden Mark jährlich vielleicht anders platzieren, weniger in Infrastruktur nunmehr, wohl aber mehr in Unterstützung von betrieblichen Neugründungen. Wie genau? Nur beispielhaft: Keine Lohnzuschüsse für Niedriglöhne, vielmehr massive Hilfe beim Verkaufen von Diensten und Produkten. Das sei nicht einfach mit den neuen Produkten? Ja, das stimmt. Aber überall außerhalb des Ostens werden Leistungen gebraucht, die durchaus im technischen Standard tiefer gehängt sind, kein Spezialwissen benötigen, ohne High-Tec auskommen. Kapazitäten anbieten, Aufträge aquirieren, produzieren, liefern, genau das, was im Westen durch knappe Fertigungskapazitäten beengt herzustellen ist. Fortentwicklungen entstehen entlang der Zeit in solchen Betrieben dann von alleine. Man ist ja schließlich nicht bekloppt. Man hat vor dem Krieg Industrien hingestellt, die sich weltweit sehen lassen konnten. Es war der Kommunismus, der Alles, ja Alles zerstört hat.
Wie soll noch Arbeit kommen? Ganz einfach: Wenn im Westen keine Mitarbeiter mehr zu rekrutieren sind mangels Bewerbern. Das umschließt auch die Version, dass aus dem Osten keine Zuzügler mehr kommen (wollen). Tritt eine solche Situation ein, dann heißt es, sich zu beeilen. Wenn erst mal die EU-Osterweiterung stattgefunden hat, dann weitet sich das Zuzugspotential schlagartig aus, auch wenn zeitlich Restriktionen vorgesehen sind. Die Bereitschaft, Zweigbetriebe in den Neuen Ländern zu etablieren, erlischt abrupt. Vielleicht schreitet man noch ein wenig weiter aus, z. B. nach Polen.
Schnelle Veränderungen (2001)
Vor drei bzw. zwei Jahren hat das Bewerberforum global schwappende Finanzwellen aufs Korn genommen, sie als irritierende Erscheinung aus dargelegten Gründen nicht gerade für optimal gehalten. Es wurde die Frage gestellt, warum denn hiervon so geringe Anteile in die reale Welt der Betriebswirtschaften abflössen, dort für die Entstehung von produktiven Arbeitsplätzen sorgten. Das Fazit war, es gäbe zu wenig Unternehmer.
Nun, da hat sich (temporär) etwas verändert! Für die Veränderung steht sogar ein Furore machender Neubegriff. Dr Neue Markt. Dieser ist (war) bekanntlich ein Markt, an dem die Aktien neu an die Börse drängender Kapitalgesellschaften gehandelt werden, die sich neu erschlossener Techniken widmeten oder überhaupt neuen (Markt-)Möglichkeiten zuwandten. Sie waren und sind ja auch unwiderstehlich faszinierend.
Dabei bildeten sich im ersten Überschwang Kursblasen von atemberaubender Dimension, die manch Cleverle in kürzester Frist reich gemacht haben - und wieder ärmer, wenn sie den rechtzeitigen Ausstieg verpassten. (Eben, bei Eingabe dieses Textes, bewegt sich der DAX jenseits aller bisherigen Rekorde.)
Die Fülle der Neugründungen, der Börsengänge, der Anteilsemissionen, hat so viel Kapital aufgesogen, dass die Altpapiere mangels Nachfrage und durch Umschichtungen Kurspotential verloren, dass nun wieder auf die Sparquote der Bevölkerung gestarrt wird, dass auch das Zinsniveau langsam zwar aber stetig in die Höhe ging und nun eben auf höherer Ebene verharrt. Schließlich ist auch die Preisentwicklung in der EU nicht ganz ohne Sorge zu verfolgen. Senkungen kommen zögernd. (Nicht: zögerlich.) (Sparen als Kapitalbildung! So was Mühseliges. Heute, 2013, da werden eben mal Billionen aus dem Nichts geschüttelt.)
Was war geschehen? Es geschah vor aller Augen. Internet, Software-Entwicklungen, Bio- und Gentechnologie, Miniaturisierung und was man vielleicht noch anführen könnte, bereiteten einen satt gedüngten Nährboden für Gründerpersönlichkeiten, für den Einsatz von Risikokapital. Gegeißelt hatten wir das unfruchtbare Kaufen und Verkaufen von Ansprüchen, von Alt-Forderungen, das ja keine Arbeitsplätze schuf. Jetzt gab es plötzlich Anteile an neuen Ideen, Diensten, Fortschritten zuhauf. Alles in - guter - Butter damit? Oder gibt es Ranziges aufzuspüren? Mal näher hinschauen.
Unterschiedliches geschah. Gesundes: Ein Unternehmer entwickelte eine Idee, eine solche, die Leistungen produziert und Arbeitsplätze schafft. Ein sich schnell entwickelndes Unternehmen entstand. Als es so groß war, dass sich die Frage stellte, noch größer oder Stagnation? entschied es sich für Expansion, für nachhaltige Besetzung entscheidender Marktpositionen - indem der Markt weiter aggressiv aufgebrochen, das Mitarbeiterpotential ausgeweitet, unglaublich teure Werbeaktionen gestartet wurden. Plötzlich fehlte dafür das Geld. Die Banken blieben zugeknöpft, Kredite unerreichbar. Also entstand der Trend, sich an risikofreudige Privatpersonen zu wenden, die bereit waren, ihr Geld zu investieren. Diese Welle wurde so groß, dass sich wie erwähnt ein völlig neuer Markt, der aber nach alten, bewährten Techniken arbeitete, etablierte. Eine neue Abteilung an den Börsen bot ihre Dienste an.
Bestimmten Managern schon bestehender Unternehmen stachen die Unsummen, die sich weltweit geradezu zum "Nehmen" aufdrängten, alsbald ebenfalls in die Augen. Jedoch, was denn mit den Milliarden anfangen, wo doch dem eigenen Unternehmen die Ideen ausgegangen waren? Gab es denn nicht andernorts schon umgesetzte Ideen genug? Waren da nicht produktverwandte, wenn nicht gar konkurrierende Betriebe, schon längst erfolgreich tätig, Leistungsträger, die das mühselige Stadium des anfänglichen Sich-Durchsetzens hinter sich hatten? Solche kaufen wir uns! Was das kostet? Spielt keine Rolle. Das Geld holen wir uns an der Börse durch Ausgabe (Emission) neuer Aktien. Aber jetzt, bei der Verwendung dieser Mittel, zeigt sich ein Unterschied. Mit dem Geld werden keine Maschinen angeschafft, keine Produktionsgebäude gebaut, keine neuen Arbeitsplätze geschaffen. Vielmehr geht das Finanzkapital in die Hände der Inhaber des erworbenen Unternehmens. Diese können wenige Gesellschafter gewesen sein oder auch viele, sehr viele Aktionäre. Sie geben ihre Gesellschaftsanteile ab gegen Geld, kaufen dafür wiederum - andere - Gesellschaftsanteile. Nur eines tun sie nicht: Sach- und Humankapital als Produktionsfaktoren so miteinander zu kombinieren, dass neue Arbeitsplätze entstehen. Im Gegenteil, jetzt wird auch im erworbenen Unternehmen die Share-holder-Ideologie eingepflanzt, rationalisiert und gefeuert, alles positiv, wenn das Wirtschaftsumfeld händeringend auf solche frei gesetzten Arbeitskräfte wartet, weil ohne sie latent vorhandene Produktideen nicht realisiert werden können.
Was hier als Trend und Nachahmerei dargestellt wurde, das musste als das ideales Modell angesehen werden von den Kapitalsammelstellen, die zu "Heuschrecken" (Münte) mutierten. Noch etwas dazu erfanden, nämlich den Kaufpreis dem gekauften Unternehmen aufzubrummen.
DM/€/Import (1998)
Mehrere Male schon hat der Herausgeber versucht aufzuzeigen, dass wandernde Kaufkraft der Waren- und Leistungswirtschaft (in Abgrenzung zu reinen Finanz- und Geldströmen) real ist und bleibt und nur durch Änderungen des Preisniveaus geschmälert oder verstärkt wird. Das mündet dann ein in die These, dass der Import zum sich anschließenden Export wird, weil die in die Welt hinausfließende DM-Kaufkraft nach mannigfachem "Globetrotting" wieder als Käufe ins deutsche Land zurückkommen, trotz Hortung und Währungsfunktion im Ausland. Nun bleiben wir mal im monetären Inland. Ein schwäbisches Unternehmen beliefert einen Käufer in Berlin. Der Berliner schickt sein Geld an eine Stuttgarter Bank. Wer da nun meint, dass das in Schwaben gelandete Geld - eigentlich ist durch das Banken-Clearing überhaupt kein Geld gewandert, nur Salden haben sich verändert - zwangsläufig wieder in Berlin wieder als Kaufkraft auftaucht, irrt. Angenommen, in Berlin gibt es kein interessantes Leistungsangebot mehr, weil man dort allzu bequem geworden ist, dann wird's in Berlin duster, dort gehen die Lichter aus, wie man so sagt.
Und nun kommt die Analogie: Wenn wir den EURO haben werden, und einen Deutschen gelüstet es dann, seine € in Spanien auszugeben, dann können seine EURO in Deutschland nie wieder auftauchen, nämlich dann, wenn im gar nicht mehr so tüchtigen deutschen Land nichts reizt, das gekauft werden will. Wenn schon länderübergreifend wandernd, kann der ReiseEURO des sonnenhungrigen Düsseldorfers durchaus nie wieder bei uns als Kaufkraft seine segensreiche Wirkung als Wirtschaftsmotor ausüben. Zwischen Spanien und Deutschland, zwischen Holland und Italien gibt es urplötzlich keinen Im- und Export mehr! Nur noch simple Binnenwaren- bzw. Leistungsströme und Geldbewegungen bzw. Saldenveränderungen. Das tüchtigste Land in der EWU wird noch mehr profitieren, das bequemste noch mehr zurückfallen. (Da wird es einem heute, 2013, mulmig. Es ist genau so gekommen. Nur: Was 1998 als Menetekel für Deutschland gedacht war, das wurde zu einem solchen für Griechenland, Portugal und Genossen. Und nur, weil sich Deutschland wieder aufrappelte. Und weil die durch den EURO zurückgeworfenen Staaten durch ihre Importe, die ihre Exporte überstiegen, dafür sorgten, dass ihre EUROS in den liefernden Ländern verblieben, also nicht zurück kamen. Das mauserte sich zu einem strukturellen Ungleichgewicht. Das damals für uns im Folgenden höhnisch Gesagte, hat die Adresse gewechselt; die Gemeinten sind: Irland, Frankreich, Portugal, Spanien, Griechenland, Italien.) Drum Ihr Deutschen! (nun also die Kandidaten, die zu retten sind.) Macht Euch stark für die 25-Stundenwoche! Für 3 Monate bezahlten Urlaub, seit bereit zu reichlichem Kränklichsein und glaubt daran, dass kräftige gewerkschaftlich durchgesetzte Lohnerhöhungen die Wohlstandserosion aufhalten werden, dass der Staat die Flächen bewirtschaften wird, die zu kränkeln beginnen, die deutschen Banken schon künstliche Kaufkraft schöpfen werden, wenn schon die EZB den Deckel auf den Topf presst. Alles wird sich von alleine richten.
(Nur aus Gründen der Rettung der morbide gewordenen EURO-Staaten werden von diesen genau ein höheres Lohnniveau in Deutschland angemahnt. Wir sehen eine Europäische Zentralbank, die den Deckel vom Sicomat ab-nimmt, die Kunstgeld produziert. Sie schreien nach staatlichen Konjunkturprogrammen. Was wird noch kommen?)
"Maastricht-Kriterien", Staatsdefizite (1997)
(Hätten Sie gedacht, dass diese berühmten und unzählige Male bemühten Kriterien heutzutage, 2014, nach Beinahekollapsen des € wieder in den Fokus gerückt werden, weil sie es sind, die jetzt und in Zukunft darüber entscheiden, ob der Laden auseinander fliegt oder sich zusammenfügt?)
Bekanntlich ist das Thema Budget-Defizite ein global anzutreffendes.
Das ist nicht erst seit der Moderne so. Schon immer gerierte sich der Staat oder die Herrschaft als finanzgieriger Moloch, oft als Blutsauger schlimmster Sorte. Um wessen Blut es geht, braucht nicht dargelegt zu werden.
Nun spielen die Defizite der EU-Staaten wegen der anstehenden Einführung des € eine besondere Rolle, bekannt unter dem Namen "Stabilitätspakt". Das Disziplinierungsvorhaben ist eine gute Sache. Es bekommt der EU schon im Vorfeld gut, denn mit der fast ungehemmten Schuldenmacherei konnte es nicht so weiter gehen. Dass es klar ist: man wird damit nicht aufhören, nur eben fortfahren in "gehemmter Form", was immer das sei. Immerhin soll hierfür nun ein, wenn auch weiches, Regelwerk gelten. Es ist wohl erwiesen, Gelder, die private Investoren ausgeben, erzielen meist eine bessere Investitionseffizienz, nicht von ungefähr, denn der Private investiert "sein" Geld, der Staat fremdes. Das Verplempern fremder Finanzmittel geht leichter von der Hand, weil zumindest quasi-legitimiert. (Die Legitimierung schafft man sich.) (Wenn aber - private - Kapitalisten geliehenes Geld zum Zocken benutzen, dann stand diese Erfahrung noch bevor.) Der private Investor wird böse bestraft, wenn er gegebene Risiken unbeachtet lässt. (Wie sich gezeigt hat, schaffen die es aber auch, den Steuerzahler anzuzapfen bzw. einspringen zu lassen.) Diese Vorbemerkung für das Folgende:
Zur Beurteilung von Etatdefiziten, bzw. deren Verwendung, müssen stets zumindest zwei Maßstäbe herangezogen werden. Der eine: Wird sinnvoll investiert oder konsumiert? Der andere: Wie wird ein Defizit finanziert! Es gibt nämlich eine weniger schlechte und eine ganz ungute Deckung - Schulden allemal. Wenn der Staat aber Anleihen aufnimmt bei Leuten, die ihr Geld - noch nicht - selbst ausgeben wollen, also Kaufzurückhaltung üben, dann handelt es sich um eine Kaufkraftverschiebung, wie gesagt zu beurteilen nach der Art und Weise der späteren Schuldentilgung: Aus Investitionserträgen, Belastung der Bürger durch überhöhte Steuern, meist derer der eben erst erwachsen werdenden Generation, die jetzt noch nichts zu melden hat. Am schlimmsten durch geschürte Inflation, weil so selbst der Ärmste herangezogen wird. Zwar wird die Geldentwertung tendenziell durch höhere Zinsen für den Schuldner berücksichtigt, wer aber zahlt bekanntlich auch die Zinsen? (Heutzutage plagt man sich mit solchen Überlegungen nicht mehr herum. Es gibt die Hokuspokus-Lösung - Banken kaufen die Staatsanleihen, die dann im Wert verfallen, so dass die Banken über den Umweg von allerlei Fonds wieder gerettet werden müssen. Wenn es ganz knapp wird, wird der Staat mit Geld finanziert, das die EZB bekanntlich aus dem Nichts hervorzaubert. Sie kauft dann die Staatsanleihen - auf dem Finanz-markt, damit niemand sagen kann, die EZB finanziere die Regierungen, was gegen EU-Regeln verstieße.)
Ganz pervers ist es aber (sehen Sie, es wurde schon damals gesagt!), wenn die Inflationsmethode entlang der Tilgungsdauer gewissermaßen antizipiert wird, dadurch, dass die Notenbank aus dem Nichts Geld kreiert, schlicht durch die Sollbuchung "Forderungen an den Staat" und die Habenbuchung "Geldnoten". Der Trick mit der Notenpresse ist so alt wie das Papiergeld. Wer es noch nicht weiß: Da keine Waren im angepassten Volumen zusätzlich produziert werden, steigt das Preisniveau, verfallen die Außenkurse der Währung, weicht diese auf. Genau das passierte auch dem €, wenn .... - Die Reise in die USA würde teurer, die Sparguthaben der kleinen Leute würden ausgezehrt. (Aber das alles passiert ja gar nicht! Keine Inflation trotz Billionen! Es sei gesagt: Wenn es noch nicht passiert ist, dann ist dieser Tatbestand Ausfluss des Maroden der europäischen Wirtschaftsstrukturen und darnieder liegender Konjunktur, magerer Investitionen. Er wirkt wie ein Schwamm, der die Feuchtigkeit unsichtbar macht. Wenn man ihn zusammenpresst, tropft sie heraus. Und: es gibt sie, die beginnende Inflation, siehe Immobilien, DAX. Sie fungieren als Einfallstore.)
Nun ist die kommende Europäische Währungsbank gehalten, bei ihren Dispositionen das europäische Preisniveau stabil zu halten. Schwierig genug, denn der Geldschöpfungsvorgang ist ja nicht nur auf die unseriöse Staatsfinanzpolitik beschränkt, jede unkontrollierte Kreditschöpfung durch Banken wirkt gleichermaßen. Also, das Zentralinstitut wird genug zu tun haben, die allgemeinen Begehrlichkeiten (z. B. solche der Tarifpartner) in Zaum zu halten. (Es geht nicht darum, Entgleisungsgefahren zu erwähnen, die schon giftig wirken. Es geht um Potentiale, die virulent werden könnten. Die Systematik verlangt ihre Erwähnung.) Wenn dann die Staaten mit ihren rund hälftigen Kaufkraftanteilen noch im gleichen Zuggeschirr sich in die falsche Richtung bewegen, dann haben wir schnell italienische Verhältnisse - nichts gegen unsere liebenswerten Nachbarn. (Leider gibt es sie immer noch.)
Wenn wir dann das nunmehr gelten sollende Regelwerk des Stabilitätspaktes zu beurteilen haben, so kann man vielleicht etwas beruhigter sein, wenn man guten Willens annimmt, dass wohl nicht jegliches, nunmehr gezügeltes, Staatsdefizit zur Gänze mittels Geldschöpfung finanziert wird. Wie dargelegt, gibt es unterschiedliche Defizitqualitäten. (Wenn sie, die Defizite aber in die Überschuldungskrise führen wie geschehen?)
Hier wird befürchtet, dass das Starren auf mögliche nationale Budgetdefizite vom primären Anliegen, das wir Deutsche einzubringen haben, ablenkt. Gemeint ist die volle Unabhängigkeit der Europäischen Währungsbank von jeglicher tagespolitisch motivierten Beeinflussung seitens irgendwelcher anderer politischen Institutionen. Genau bei diesem Punkt geht ein Riss durch die Gemeinschaft. Deutschland hat kaum Bundesgenossen in dieser Hinsicht. Für Frankreich z. B. war Währungspolitik schon immer Vehikel für volkwirtschaftliche Steuerungsversuche. (Keine Phantasie war anzutreffen, dass die Überschuldungskrise 15 Jahre später stellvertretend politische Wirkung zeigte, die jegliche vorstellbare Politikbeeinflussung vergleichsweise als marginale Gefahr darstellte. Und die fehlenden Bundesgenossen sind nun innerhalb der EZB selbst zu orten.)
Die deutschen Länder werden fiskalpolitisch deutlich unterschiedlich geführt. Das Saargebiet oder Bremen verfolgen ganz andere Politiken als das seriös dastehende Bayern. Wir kennen keinen Zeitungsartikel, der den ersteren vorgeworfen hätte, sie bedrohten die Stabilität der Deutschen Mark. Das können sie wohl auch nicht. Die Bundesbank sorgt mit ihrem ja gar nicht so stringentem Gegensteuern für eine weiterhin feste Mark. Sie hält gewissermaßen den Deckel auf dem Topf. Dass aber finanzpolitische Schludrigkeit gleichwohl Auswirkungen hat auf das Gericht im Topf selber, ist eine andere Frage. Irgendwer hat das schlechte Management auszubügeln, seien es jedermann, andere Länder im Finanzausgleich oder Schuldner aller Art, die höhere Zinsen als nötig aufzubringen haben oder eine ganz spezifische Gruppe, nämlich die potentiell mit Arbeitslosigkeit Gefährdeten. Man erinnere sich: Das Geld, das Defizitländer zu viel - meist konsumtiv - ausgeben, fehlt für industrielle Investitionen, für Strukturmaßnahmen oder allgemein für günstigere Kredite.
Wenn also die Europäische Zentralbank in die Lage versetzt wird, fähig ist, die Geld- und Kreditmenge ordnungs-politisch zu kontrollieren und zu dimensionieren, deutlicher: der fragwürdigen Finanzierung von überbordenden nationalen Etats einen Riegel vorzuschieben, dann werden solcherart agierende EU-Staaten ihre versalzene Suppe, die sie sich eingeschöpft haben, selbst auszulöffeln haben. Dass dem so ist, wissen Politiker und Staatslenker von Ländern mit historisch anderen Erfahrungen, mit weichen Währungen all die Zeit, sehr genau. Daher wollen sie Einfluss auf die EZB gewinnen, ihr "Gegenpole" gegenüberstellen, die dazu in der Lage sind, irgendwie eine strenge Geldpolitik aufzuweichen, wenn nicht gar zu paralysieren mit der Spekulation, dass auf diesem Wege unseriöse Geldpolitik zu einem guten Teil von den Deutschen aufgefangen werden wird, sei es, dass deren Etatpolitik noch etwas rigider ausgelegt wird als es die Nachbarn tun wollen, sei es, dass mit etwas mehr Inflation die tugendhaften deutschen Sparer ärmer gemacht werden. (Wie sich gezeigt hat, nicht so, sondern durch fehlende Ertragszinsen.)
Schlimm aber, wenn nicht einzelne, sondern die meisten EU-Staaten drauf los agieren. "Im Geldwesen eines Volkes" (nun bald: Europas) "spiegelt sich alles, was" Europa "will, tut, erleidet." Das meint u. a. "... außenpolitische Erfolge und Misserfolge, ... Kraft und Schwäche von Regierungen", und: "jede Art von Politik, jede Art von Ereignis..." Weiter: wirtschaftliche Möglichkeiten, soziale Strukturen, wirtschaftliche Mentalität, Moral, Energie. So Joseph Schumpeter vor langer Zeit. Da frägt man sich doch, ob die Idee "Bundesbank" allein ausreicht, den wilden Stier in Zaum zu halten. Noch lange wird ein Großteil der Politiken aller Arten außerhalb der Kontrolle z. B. der Europäischen Kommission, des Ministerrates, des Europäischen Parlamentes, sich bewegen, vieles gegenläufig. Gerade dieses Gegenläufige fing bislang auf ein sich anpassendes Devisenpreissystem. Damit ist es vorbei. Dann passen sich nur noch die Löhne inklusive der Abgaben an. (Sollte man meinen. Statt dessen übermäßige Lohnerhöhungen, Ausdehnung der Kreditvolumina, weil ja billig zu haben, Auseinanderklaffen der Wettbewerbsfähigkeit, dazu die Exzesse der Krisenabfolge und vieles andere Unvorstellbare mehr.)
Verlockender Reichtum (1997)
ERBLASTENTILGUNGSFOND
Der Schuldenstand der öffentlichen Hände in den Mitgliedsstaaten der EU, die in die Europäische Währungsunion drängen (möglichst vom Start weg), ist einvernehmlich als eines der Maastricht-II-, genauer Zugangskriterium, formuliert worden. 60 % des Bruttosozialproduktes sollen nicht überschritten werden. Zu den Schulden zählt dabei auch der sog. Erblastentilgungsfonds deutscher Sonderprovenienz.
Damit er niedriger werde, sollte er durch eine Sondertilgung zurückgeführt werden. Die Tilgungssummen gingen insofern nicht zu Lasten des laufenden Steueraufkommens, als durch eine Änderung der Bewertung der Gold- und Devisenbestände der Deutschen Bundesbank, genauer durch deren Wertheraufsetzung, die Mittel hierzu freigemacht wurden. Wie man auch zu diesem Vorgehen stehen will, insbesondere mit Blick auf die Außenwirkung Richtung EU - seine Verurteilung war fast einhellig. Das alles ist des Langen und Breiten durch den Blätterwald gegangen und soll hier nicht nochmals hin und her gewendet werden. Im übrigen ist ja alles Gerede hierzu wieder vom Tisch. Was blieb, ist ein beschädigter Finanzminister und aber auch eine Diskussionslücke, auf die hier lediglich des Interesses halber noch eingegangen wird, da eben nicht schlechtweg obsolet. Alsdann:
Uns interessieren lediglich zwei Aspekte: War die Maßnahme in Deutschland wirklich und durchgängig (!) einmalig oder gab es in der Nachkriegsgeschichte einen Vorläufer. Und weiters , handelte es sich um eine inflationistisch wirkende Maßnahme? Zum einen: Sie ist - in ihrer Gestalt und Ausführung - ein Debüt. Sie ist kein solches, wenn man lediglich nach Analogien Ausschau hält. Denn:
LASTENAUSGLEICH
Wer in die Jahre nach der Währungsreform Rückschau hält, der wird sich daran erinnern, dass diese Republik schon einmal aufgerufen war, Kriegsfolgen so aufzufangen, dass der Staatshaushalt dabei nicht in den Orkus stürzte. Diese Aufgabe firmierte damals mit dem Begriff "Lastenausgleich". Das war nun, wenn man nur die Formen betrachtet, eine verhältnismäßig simple Konstruktion: Kriegsfolgeschäden, die Deutsche erlitten, sollten nicht einfach von den Betroffenen allein geschultert werden, vielmehr sollte ein Teil auf diejenigen umgelegt werden, die das Glück hatten, ihre Vermögen unbeschadet und unbeschnitten aus dem Chaos retten zu können. Das geschah dann beispielhaft so, dass Immobilieneigner eine Lastenausgleichsabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz aufzubringen hatten - nicht in einem, sondern in Tilgungsraten. Schon dieser Begriff weist in die damalige Zukunft, so dass der Abgabe nach den Regeln der Finanzmathematik ein sog. Gegenwartswert eignete. Er war einfach ein fiktiv gegenwärtig fälliger, abgezinster, damit niedrigerer Wert der nach und nach aufzubringenden Tilgungen.
Nun traf das auch bilanzierende Unternehmen. Plötzlich standen in den Bilanzen dicke Schuldenbeträge (Lastenaus-gleichshypotheken) zu besagten Gegenwartswerten. Damit entstand für die Bilanzierenden, die ja nach den Regeln der "ordnungsmäßigen Buchführung" bilanzieren mussten, eine Aporie, ein unlösbares Problem also, lösbar nur dann, wenn der Gesetzgeber ein adäquates Lösungsinstrument zur Verfügung stellte.
Zum besseren Verständnis die konkrete Problemdarstellung: Bekanntlich muss in einer Bilanz die linke Seite (Aktiva) gleich der rechten Seite (Passiva) bemessen sein. Die plötzliche Einstellung von Hypothekenschulden produzierte einen Verlust (steht in der Bilanz im SOLL = links). Der Verlustposten ist Korrekturposten des Eigenkapitals (welcher Art auch immer). Und siehe da, manchmal war dann der Verlust so groß, dass das Eigenkapital völlig aufgefressen war: das Unternehmen hätte zum Konkursrichter gehen müssen. Man muss nun wissen, dass der besagte Verlust dem Unter-nehmen nicht völlige Vermögenslosigkeit brachte. Die Belastung war nur so groß, dass sie verdaubar war. Verdaubar und drohender Konkurs? Doch. In aller Regel war nämlich das Anlagevermögen all die Jahre auf einen solch niedrigen Wert abgeschrieben worden, dass durch den Unterschied des rasend steigenden Unternehmens-Marktwertes und des fest- und abgeschriebenen Bilanzwertes riesige sog. Stille Reserven entstanden, wegen des Aufwertungsverbotes nicht offenlegbar.
Nun kam der Gesetzgeber zu Hilfe, indem er erlaubte, in der Bilanz einen - formalen - Aktivposten zu bilden, den sog. Ausgleichsposten. Dieser Aktivposten bescherte dem Unternehmen einen wiederum formalen Buchgewinn, der den Verlustposten aufhob. Die künstliche Aktiva wurde dann entlang der Zeit im Einklang mit der Tilgung der Lastenausgleichshypothek "abgeschrieben". Das ist wohl in aller Regel längst Geschichte.
Der Autor hat diese Dinge deswegen noch genau im Kopf, weil er zur damaligen Zeit über seiner Diplomarbeit saß, die die Bilanzierung der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen zum Thema hatte. Erstaunlicherweise wurde in der Literatur nirgends der wahre Charakter dieses "Ausgleichspostens" herausgearbeitet. Nirgends begegnete man dem Argument, dass es sich bei dem Ausgleichsposten in Wahrheit gar nicht um einen solchen handelte, dass er nur formal mit der LA-Hypothek korrespondierte, vielmehr es sich rein betriebswirtschaftlich und bewertungsrechtlich nur um eine simple, gesetzlich neu ermöglichte, zweckausgerichtete "Wieder-Aufbewertung" von zuvor buchhalterisch abgeschriebenen, aber realiter noch vorhandenen Anlagevermögenswerten handelte. Gebäudeposten in der Bilanz standen also einmal zu Buch mit dem augenblicklichen Buchwert plus den korrespondierenden "Ausgleichswerten", weshalb in besagter Diplom-Arbeit sie einen anderen Namen verpasst bekamen: Sie waren, greulich genug, sog. "Anlagevermögen-Annices". Ob das als gelungen zu bezeichnen ist oder nicht, spielt hier und heute keine Rolle. Tatsache ist, dass das, was damals dem Einzelnen passierte, nunmehr heute dem Unternehmen Bundesbank begegnete.
Die Analogien sind deutlich genug. Man muss nur den Erblastenfonds als Lastenausgleich(sabgabe) begreifen und die durch die Höherbewertung der Gold- und Devisenbestände gewonnenen Aktivierungsgewinne den damaligen künstlichen Aktivierungsgewinnen zur Seite stellen, um zu erkennen, wo die Analogien zu finden sind. Nicht vergessen werden darf allerdings, dass der Erblastentilgungsfonds keinen Passivposten in der Bilanz der Bundesbank darstellt, vielmehr ein anderer öffentlicher Posten ist. Aber es macht wenig Schwierigkeiten, begreift man nur Bundesbank und Staat als einen einzigen Topf, was da realiter über die Bühne ging. Rein gedanklich könnte man den zu tilgenden Fonds in die Passiva der Bundesbankbilanz einstellen, andererseits die Gold- und Devisenbestände beim jetzigen Wert belassen und einen Aufwertungsannex bei der Aktiva aufscheinen lassen. Oder Mischformen, oder schließlich den Fonds nicht zur Bundesbank verschieben, dafür einen Posten "Zweckgebundene Ausschüttung an den Bund" im Haben benamsen anstatt nur simpel "Gewinn", um so eine formale Brücke zum Fonds zu gewinnen.
Das Fazit aber ist u. E. ein anderes nötiges Begreifen. Damals wie heute ging es um das Auffangen von Kriegsfolgelasten. Oder ist der Erblastentilgungsfonds kein Kind der Verwerfungen des letzten und des danach kommenden Kalten Krieges? Dieses Zusammenrücken der beiden Situationen und Aufgaben zwecks neutraler und abständiger Beurteilung scheint uns berechtigt genug, um einen neuen Beurteilungsaspekt zu gewinnen - wie auch immer!
INFLATIONISTISCH?
War der damalige Lastenausgleich inflationistisch wirksam? (Dieses stete Linsen auf Inflationsgefahren kommt fast pathologisch daher angesichts der heutigen Verhältnisse und Sichtweisen. Gemach! Wir sind voll Sorge, damit nicht allein. Und z. B. dieser pathologische Blickwinkel beim abgehandelten Thema soll aufzeigen, dass neben (!) den Draghi-Billionen noch weitere Inflationspotentiale unterwegs sein können - zumindest ebenso pathologisch beschworene Deflationsgefahren zu relativieren helfen.) - Nun, zunächst ist festzuhalten, dass Kaufkraft verschoben wurde. Die Kriegsgeschädigten bekamen solche, den Davongekommenen wurde sie genommen. Also konnte kein Inflationsschub entstehen.
Doch nur auf den ersten Blick! Und es gab Richtungsänderungen für die Kaufkraft. Die Geschädigten verwendeten ihr Geld anders als es die Davongekommenen getan hätten, wäre ihnen die genommene Kaufkraft geblieben. Inflationsanschübe entstanden sicherlich dann, wenn einem Kriegsgeschädigten auf einmal seine ganze Entschädigungssumme zuging, die langsamere zeitverteilte Aufbringung zu diesem Behufe zwischenfinanziert wurde, etwa von der Lastenausgleichsbank.
Und jetzt beim Coup des Herrn Waigel (u.a.)? Die Presse spricht von Inflationsschub ohne den Wirkmechanismus näher zu beleuchten. Hier wird der Aufwertungsgewinn auf einmal in kräftiger Milliardenhöhe kreiert. Geldschöpfung gewiss, da der Betrag im Haben der Bundesbankbilanz erscheint. Er fließt in die Hände der Gläubiger des Tilgungsfonds; von hier aus unkontrollierbar weiter in den Geldkreislauf. Die Geldschöpfung wird erst dann wieder rückgängig gemacht, wenn die höher bewerteten Gold- und Devisenbestände die Bundesbank verlassen, wie auch immer: Veräußerung gegen umlaufende Mark = Kontraktion der Geldmenge, oder Übergabe an die EZB, gegen €. Jeweils zum Marktwert. Dann wird solcher realisiert. Bei unterlassener Höherbewertung entstehen Bundesbankgewinne in dieser Höhe; bei bewerkstelligter Höherbewertung eben nicht mehr, weil schon geschehen. So einfach ist das.
Das Dach über dem Kopf (1995/6)
Dieses simple Ding, das den Regen, dazu noch senkrecht stehende Wände, die Wind und Kälte von Mensch und Hauskreatur abhalten sollen, war schon immer rar, zu allen Zeiten, dazu, was die Nutzfläche angeht, völlig ungleich verteilt. Der eine hielt ein Schloss für adäquat, der andere quetschte sich mit Kind und Kegel in die Kate. Wer einmal beispielsweise das literarische Horrorszenario Jack Londons über die Zustände im London des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts gelesen hat, den schaudert's und er begreift, dass die Wohnung nicht eine bloße Ware, sondern - zumindest in der nördlichen Hemisphäre - eine Bedingung des Lebens überhaupt ist. Wenn noch nicht alle Obdachlose umgekommen sind, dann deshalb, weil sie eben bei lebensbedrohender Kälte es wie auch immer schaffen, vorüber-gehend einen Unterschlupf zu finden.
Die Probleme, die dem Wohnungsmarkt innewohnen, sind fürchterlich komplex. Ohne analytische Beschreibung sind sie nicht zu überblicken, noch weniger zu verstehen. Gerade weil hierzu in den propagandistischen Lösungsvorschlägen der Politiker der pure Mangel herrscht, wird der Versuch unternommen, auf begrenztem Platz einen Abriss zu geben.
DER WOHNUNGS"MARKT"
Gemeinhin kommen Märkte durch möglichst wenig Gängelung in Schwung, meint, werden in die Lage versetzt, ein möglichst großes Volumen an Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage zu bewerkstelligen. Das gilt für den Wohnungsmarkt nur bedingt.
Es ist bekannt - wir beschränken uns auf Deutschland - , dass gegensätzlich zu dieser Regel der Markt der Wohnungen durch staatliche Steuerungseingriffe drastisch beengt ist. Das wird von unterschiedlichen Interessenlagen her bedauert oder gut geheißen: Bedauert, weil so auf dem Mietwohnungsmarkt bestimmte Mieten auf einem künstlich niedrigen Niveau gehalten werden und damit indirekt die Ausweitung des Angebotes verhindert wird, gut geheißen, weil Mieter vor ungerechtfertigt hohen Mieten geschützt werden. Die Klassifizierung "ungerechtfertigt" hat dabei keinerlei absolute Aufhängepunkte aufzuweisen, worin das Diffuse der Diskussion gründet. Schließlich bedeutet der Kündigungsschutz, dass Bewegungen, sprich Um- und Auszüge, fast nur von der Mieterseite her ausgelöst werden, was auf Dauer das Einpendeln in ein Gleichgewicht des Wohnungsmarktes verhindert.
Der Preis des Wohnungsmarktes, eingeschlossen Eigenwohnraum, heißt "Miete" oder "Mietwert" oder "Wohnwert". Wir begegnen noch klassifizierenden Attributen wie "Kostenmiete", "Marktmiete" und "Sozialmiete". - Bei der Kostenmiete sind zu unterscheiden einmal die "gesetzliche", die sich von gesetzlich definierten, "kalkulierfähigen" Kostenquoten ableitet, auf dass sich eine ebenso gesetzlich fixierte "Kostenmiete" ergibt und zum andern die nach betriebswirtschaftlichen Regeln kalkulierte "echte'" Kostenmiete. Auch diese letztere zeitigt nicht die "richtige" Miete; ein solches Attribut kommt nur der Marktmiete zu, die sich durchaus nachhaltig von der betriebswirtschaftlichen Kostenmiete nach oben oder unten loslösen kann. Die Marktmiete bildet sich im freien Spiel von Angebot und Nachfrage. Es gibt die örtliche Marktmiete, die regionale. Ihre Bestimmungsparameter heißen Bevölkerungs- und Industrieialisierungsdichte, landschaftliche Vorzüge, kulturelles Angebot, Schulangebot, Hochschulpräsenz, verkehrliche Anbindung, kurz Beliebtheiten halt. So redet man vom "flachen Land", von Ballungsgebieten. - Die Sozialmiete ist mehr oder weniger über das Steuerrecht oder über Direktbezuschussung von Geldern der öffentlichen Hand oder genossenschaftlicher Geisteshaltung nach unten manipuliert.
Auf den "Warenmärkten" orientiert sich - langfristig - der Preis an den Kosten. Umgekehrt beeinflusst der nachhaltig zu erzielende Produktpreis die Preise der Kosten. Der Druck auf sie ist durch die Verfahrenskonkurrenz hoch. So wachsen die Preisbäume nie in den Himmel, von möglichen Inflationsschüben abgesehen. - Die Wohnung ist letztlich auch eine "Ware". Sie ist ja handelbar. Jedoch, wenn der Wohnungs-Immobilienmarkt Hardware anbietet, so ist der derivative Markt der Mietwohnung dazu da, Nutzungsrechte, also Dienstleistungen, bereit zu stellen. So sind zweierlei Märkte, die allerdings über gewisse Preisdeterminanten miteinander verknüpft sind, zu untersuchen.
Schließlich kennen wir von anderen Märkten Sorten und Modelle. So auch hier: Es gibt Reihenhäuser, Etagenwohnungen, Eigenheime mit Grundstück. Aber innerhalb solcher Sortierung ist kein Objekt dem anderen gleich, absolut, denn schon zwei völlig identische Wohnungen unterscheiden sich von der anderen durch ihre Lage. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zur übrigen Produktewelt besteht aber darin, dass alle anderen Güter zum Käufer wandern. Wohnungen rühren sich nicht vom Fleck. Die Nutzer müssen zu ihnen kommen, nicht nur einmal, sondern immer wieder - nach der Arbeit, nach dem Einkauf, nach dem Ausflug, nach der Reise.
WOHNUNGSNOT?
"Die" Wohnungsnot gibt es nicht, trotz aller Verlautbarungen Berufener und Unberufener, weil es unzählige Wohn- bzw. Wohnungsmärkte gibt, mit je unterschiedlichen Verhältnissen. und Situationen. Wohl aber begegnet man vielerlei Arten von "Wohnnöten". Das muss bewusst werden, wenn man die endlose Diskussion um die Wohnungsnot verfolgen und beurteilen will. Niemand muss sein Leben auf der Straße führen, weil es einfach kein Dach über dem Kopf gibt. Es geht nur allemal ums Aufbringen der Wohnkosten, das Viele nicht zuwege bringen. Im Detail:
Eine Differenzierung ist vonnöten, wenn durch politische Instanzen und Unternehmen drängend und unter-nehmend, subventionierend und investierend eine angebliche Wohnungsmangellage gelindert oder gar beseitigt werden soll. Wohnungsmangel, ein vermessenes Wort! Selten ist ein Tatbestand so divers zu relativieren. Denn was ist Mangel? Wohl: Ein Angebot an Diensten und Produkten genügt quantitativ und qualitativ nicht, um die Nachfrage zu decken. Ist eine solche Situation gesellschaftspolitisch nicht unerträglich? Wo es doch um ein Grundbedürfnis geht! Muss nicht - zu Lasten wessen? - für Abhilfe gesorgt werden? Z. B. durch Umschichtung gesellschaftlich aufgebrachter Finanzmittel? Nichts ist so schwierig, wie Anstalten zu treffen, eine Mangellage zu definieren. Denn: Ist es nicht einer aberwitzig großen Anzahl von Menschen versagt, in einem Schloss zu hausen? Nun gar in einem solchen mit herrlichem Seeblick. Andererseits: Sind nicht unerträglich viele Menschen zusammengepfercht in erbärmlichen Behausungen oder gar obdachlos? Wir erinnern uns an eine Fahrt durch die Mittlere Tatra. Wir begegneten Roma, die sich in Hütten aufhielten, in denen allenfalls Ziegen untergebracht werden sollten. Eines darf gesagt werden: Die Tatsache, dass Wohnungen "knapp" sind, entspringt einmal den schon immer vorgegebenen vielschichtigen ökonomischen Knappheiten und zum andern den zunächst vielfach unbegrenzten Wohnansprüchen der Menschen.
Also geht es um Anpassung. Anpassung bedeutet Anspruchsreduzierung. Das kann bewerkstelligt werden durch "Bewirtschaftung" des Mangels. Der Mangel wird durch "Zuweisung" behoben, natürlich nur künstlich. Nachfrage ist auch rückdrängbar durch hohe Preise. Am besten wird aber Nachfrage befriedigt durch Leistungsangebot. Diese These impliziert die Erkenntnis, eigentlich ja nur die Evidenz, dass es vielerlei strukturierte Nachfrage gibt, entsprechend unterteilt ist das Wohnungsangebot bereit zu stellen. Insofern gibt es nicht "den" Wohnungsmarkt, sondern zu be-rücksichtigen sind eine Vielzahl solcher örtlich und qualitativ differenziert. Die Ausweitung von Wohnraumangebot setzt voraus die entsprechende Bereitschaft zu Investitionen im Wohnungsmarkt. Es bedarf der Investoren - (nicht der Finanziers auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten mangels Alternativen). Sie treten auf den Plan, wenn sich Investitionen rentieren. Die Rentabilität hängt ab von den Kosten und den erzielbaren Preisen.
Durch belastende Miethöhen wird die Nachfrage zurück gedrängt. So stellt sich bei zu geringem Wohnungsangebot von allein ein fragwürdiges Gleichgewicht ein. Jedoch, die These ist zynisch. Zwar wird die Nachfrage nach Wohnraum verkleinert, die Bedarfsdeckung aber bleibt auf der Strecke. Der Bedarf ist jedoch zwingend, weil von einem Grundbedürfnis ausgehend. Grundbedürfnisse müssen, sollten, befriedigt werden, zu welchem Standard, darüber gibt es die gesellschaftliche Konvention, z. B. dahin gehend, dass Kinder im eigenen Zimmer schlafen, lernen und spielen können. Also besteht das Problem, Wohnraumpreise auf einer aufbringbaren Höhe zu halten, ohne dass dadurch die Rendite der Wohnungswirtschaft für das zu investierende Kapital uninteressant wird, denn dies würde die Bereitschaft zum Bau von Wohnungen beeinträchtigen.
DER WOHNUNGSBAU
Der Wohnungsbau wird betrieben von Bauherren. Bauherr kann sein eine Privatperson oder eine Gesellschaft oder die Öffentliche Hand. Der Bauherr beauftragt Architekten und Gewerke mit der Ausführung von zielgerichteten Bauleistungen in der rechtlichen Form von Werkverträgen, im öffentlichen Sektor nach den Regeln der VOB = Verdingungsordnung für Bauleistungen.
Alle Wohngebäude werden erstellt auf immobilem Grund und Boden. Dieser hat einen originären Preis, der u. U. horrent hoch sein kann, je nach Lage. Er ist vordergründig unverbrauchbar, wird also durch die Bebauung nicht zerstört, wohl aber meist ausgetieft. Grund und Boden wird bei der Bebauung nicht Bestandteil des Gebäudes, vielmehr letzteres ein solcher des Bodens, weil mit diesem fest und untrennbar verbunden. Es gibt daher kein getrenntes Eigentum an Gebäuden und Grund. Beim Erbbaurecht wird Grund und Boden sozusagen geleast.
Unbebauter Boden, sei er als Acker, Wiese oder Wald genutzt, ist eigentlich spottbillig. Er wäre es auch als Baugrund, würde letztere Nutzungsart nicht durch die Kommunen mittels Bebauungsplänen künstlich verknappt. Das ist zu-nächst nur eine Feststellung, keine Kritik. Denn ohne Bebauungsplan gerät die Landschaft ohne Kontrolle durch die Gemeinschaft unter die Häuser. Das geschieht ohnehin auch trotz öffentlicher Bebauungspläne. Und vor der Bebauung steht die Erschließung. Baugrundstücke müssen versorgt werden mit Zufahrten und Zuleitungen diverser Art, aber auch mit Ableitungen.
Je mehr Menschen sich auf einem gegebenen Raum drängen, desto wertvoller ist derjenige Grund, der das Zentrum bildet. Ist dieses gleichzeitig dadurch ausgezeichnet, dass sich dort gute Geschäfte durch Verkaufen tätigen lassen, bilden sich Spitzenpreise für den Quadratmeter Boden heraus..
Soweit Kommunen den Ausweis von Wohnungsbaugrund verzögern, geraten sie mittlerweile unter Beschuss. Aber da diese Art von Nutzungseröffnung den Kommunen eher Belastungen als Einnahmen bringt (Ausnahme: Hohe Bevölkerungszahl = höhere Bürgermeisterentlohnung), Industriegelände dagegen die Aussicht auf Gewerbesteuer-einnahmen eröffnet, ist die Präferenz programmiert. Die Gewerbesteuer wird je länger je mehr attackiert, hauptsächlich als Gefährdungsfaktor für industrielle Standorte, aber auch leidenschaftlich verteidigt.
Erstellte Wohnungen (in der Form von Gebäuden) werden entweder eigengenutzt, verkauft oder vermietet. Unabhängig von der Nutzungsweise, wohl aber durch gewählte qualitative Ausstattung, entstehen bei der Erstellung von Wohngebäuden unterschiedlich hohe Baukosten. Flugs geraten sie zu Vermögen.
Der Eigennutzer hat nicht nur Geld investiert, man sieht es auch. Er ist kein Nachfrager nach Wohnraum mehr, er wohnt, macht Platz. Der Verkäufer neu erstellten Wohnraums baut meist gewerblich in Serie; er verkauft zu einem Preis - fast immer gelingt dies - , der nicht nur die Grundstückspreise, die Erschließungskosten und die Baukosten abdeckt, sondern noch eine Spanne abwirft. Der Vermieter von neu erstelltem Wohnraum kalkuliert seinen Mietpreis, der die Vermietungskosten, eine angemessene Rendite und eine Lagerente garantieren soll. Je nach antreffbarer Wohnungsmarktsituation geht die Rechnung auf oder nur bedingt oder nicht.
Tatsache ist, dass der Bodenpreis, die Höhe der Baukosten und die Lage Determinanten der Kalkulationsquoten sind. Kommt noch hinzu der Preis des investierten Kapitals. - Der Bauherr bringt das Kapital für den Bodenpreis und Baukosten auf, so, dass er über es verfügen kann. Wenn er auch nur über einen gewissen Atem verfügt, so, dass ungemütliche Sonderereignisse ihn nicht umwerfen, kann er nunmehr schon länger als ein halbes Jahrhundert davon ausgehen, dass er nach einer Reihe von Jahren, will er seine Immobilie wieder los haben, weit mehr erlösen kann als investiert. Es gibt mehrere Gründe hierfür: Einmal sind die Bodenpreise und die Baukosten laufend und fast unge-bremst gestiegen. Zum andern hat die Bevölkerung stetig zugenommen, in der Regel durch Zuwanderung. Durch Wohlstandszuwachs sind schließlich die Ansprüche an die Behausung nach Zeit, Ort und Ausstattung geradezu aus ihren Kleidern gewachsen. - Es gab vereinzelt aber auch böse Entwicklungen: Eine ehemals prachtvolle Wohnstraße ist als Einbahn plötzlich Ausfallstraße, eine Autobahn auf Stelzen lässt Lärm auf die Köpfe prasseln u. a. m.
Also, die Nachfragekurve nach Wohnraum bekam nur ganz selten eine Delle. Die Nachfrageseite bekam immer mehr Geld in die Finger. Des Bauherrn Wohnimmobilie wurde immer mehr "wert". Man ist u. U. steuerfrei zum Millionär geworden. Und weil dem so war und ist: Die Bauherren insgesamt verspürten von nirgendwo her einen zwingenden Druck, geforderte Gewerkepreise nachhaltig zu verringern, die Akzeptanz zu verweigern, so, dass die Gewerke insgesamt auf Gedeih oder Verderb zu rationelleren Produktionsmethoden gezwungen gewesen wären. Zum Vergleich: Im Tiefbau, im Industriebau hat sich ein unglaublicher technischer Wandel vollzogen. Nicht so im Wohnungsbau.
Dazu kommt eine Illusion. Die Vervielfachung des Preises einer Immobilie - abgesehen von Sondereinflüssen - ist in zweifacher Weise schlicht inflationär. Die eine Art braucht nicht näher erläutert zu werden, die generelle Inflation nämlich, wohl aber eine spezielle: Sie ist nicht nur speziell, sondern auch relativ. Die Wertsteigerung von Immobilien ist im Vergleich zu anderen Produktbereichen zeitentlang überproportional ausgefallen. So war unter einem bestimmten Aspekt ein echter Wertsteigerungsgewinn zu erzielen. Es kommt auf die "Währung" an. Nehmen wir die Kühlschrankwährung. Während ein Kapital X 1950 den Kauf von Y Kühlschränken ermöglichte, kann der Verkäufer einer damals gebauten Immobilie mit seinem Erlös heute ein Vielfaches an Kühlgeräten erwerben. Sein heutiger Erlös reicht aber nach wie vor nur dazu aus, will er ein ähnliches und gleichartig gelegenes Wohnhaus im Tausch erwerben, den Kaufpreis eben nur eines solchen abzudecken. Realiter hat ein solcher Reichgewordener nichts dazu gewonnen. Er kann sich allenfalls an einem summenmäßig aufgeblähten "Vermögen" berauschen, die spezifisch eingeengte Kaufkraft blieb gleich. So war es schon immer mit den Scheingewinnen, die besonders für Unternehmen bedrohlich werden können, ganz bestimmt, wenn der Unternehmensführer sich ihrer Gefährlichkeit nicht bewusst ist. Über die Steuer und über zu niedrige kalkulatorische Abschreibungen können die Unternehmen schleichend finanziell ausbluten. Wenn nicht das, dann verdampfen Buchgewinne dahin. Ganze Bücher sind über die Problematik der sogenannten Wiederbeschaffungswerte geschrieben worden.
Ergänzend erwähnt sei noch der unheilvolle Effekt, der aus unserer Gewohnheit resultiert - von der schleichend zerstörerischen Inflation abgesehen -, nur noch in Prozenten rechnen und denken zu können, nicht berücksichtigend, dass von Mal zu Mal eine Prozentrechnungsbasis selbst bei angelegtem mäßigem Prozentsatz einen absolut immer größeren Ergebniszuwachs zeitigt. Die Prozentschnitte ist halt bei Millionen absolut kleiner als bei Milliarden oder gar Billionen. Billionen sind schon wieder Maßstab; die Väter der Währungsreform wären damals in Ohnmacht gefallen, hätten sie geahnt wie wenige Jahrzehnte später die Größenordnung, die Maßzahl des Jahres 1923 durch die Hintertüre wieder zu Rang und Ansehen kommt - ganz legal, keiner Aufregung mehr wert.
Bekanntlich ist der Markt der Bauleistungen einer der wichtigsten Beschäftigungsbereiche einer Wirtschaft. Im Bauboom wird er zum Stimulans auch für die übrigen Wirtschafssektoren. Da erhebt sich die Frage, wie denn hier die wirtschaftlichen Bedingungen aussehen müssen, damit es beim Wohnungsbau floriert. Genügt es zu sagen, dass Nachfrage nach Wohnraum vorhanden sein muss? Das ist zu dürftig. Wir haben erwähnt, dass diese Nachfrage latent eigentlich immer gegeben ist. Daher kommt es letztlich auf diejenige Nachfrage an, die sich als investitionsbereite Kaufkraft präsentiert. Kaufkraft, das ist der Faktor, der das Volumen des Wohnbaumarktes bestimmt. (Das ist immer noch zu dürftig, wie sich gezeigt hat: Es kommt darauf an, woher die Kaufkraft stammt. In Spanien zeigte sich, dass Kaufkraft, im Übermaß aus Geldschöpfung stammend und den Bauboom forcierend, sogar den Bestand des Staates bedrohen kann.)
Eine gegebene Kaufkraft wird durch inflationistisch erhöhte Preise geschmälert, sie wird gestärkt durch niedrige Baupreise, durch niedrige Bodenpreise. Insbesonders beim nicht vermehrbaren Grund und Boden sind Knappheits-preise zwar aus wirtschaftstheoretischen Gründen zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage unentbehrlich, aber eben unnötig unsozial, weil es um die Befriedigung eines Grundbedürfnisses geht. Die Begünstigten der Knappheits-preise erbringen kaum Gegenleistungen, seien es Kommunen oder Private, denn sie haben nichts durch Einsatz von Produktionsleistungen beigetragen, was das Güterangebot vermehrte.
Niedrige Baupreise müssen noch lange nicht niedrige Entlohnung der in der Wohnbaubranche Beschäftigten bedeuten. Die hohen Kosten werden durch unsinnige Arbeitsmethoden und Vorschriften verursacht. Ein riesiges Rationalisierungspotential hätte schon längst erschlossen werden müssen. Auch auf diesem Markt gilt: Niedrige Baupreise forcieren die Nachfrage nach Bauleistungen, nach Leistungen der Zulieferer, nach Arbeitskräften in diesen Sektoren.
DIE PREISDETERMINANTEN
Alt- und Neubauten bestücken den Markt, wie gesagt, jeder Bau ein Einzelstück. Allenfalls in "Sorten" kann rubriziert werden. Daher verblüfft bei Studium der Immobilienanzeigen die anzutreffende gewisse Homogenität der Preise - pro Quadratmeter Wohnfläche bzw. Grundstück - innerhalb der Lagezonen. Da wirkt sich sicherlich bei wenig dichter Bebauung die Vermengung bzw. Zusammenfassung der Preisvorstellungen über Gebäudekörper und Grundanteil aus. Je höher der Bodenpreis, je größer das Baugrundstück, desto dominanter sein Anteil am Preis der Immobilie. Das kann die Auswirkung haben, dass ein abbruchreifes Bauwerk den Kaufpreis nicht etwa um die Abbruchkosten mindert. Allein das bebaubare Grundstück mit den baurechtlichen Ausführungsmöglichkeiten ist preisrelevant. Damit kommt als weitere Determinante das Wie und das Was der Bebaubarkeit ins Spiel, wiederum im Öffentlich-Rechtlichen gründend.
Es ist wenig reizvoll, nun alle preisbeeinflussenden Merkmale aufzuspüren. Uns liegt daran aufzuzeigen, dass tendenziell und faktisch der Baukostenindex nicht nur den Preis der Neubauten bestimmt, sondern auch denjenigen der Altbauten, wenn auch mit einigem Abstand, was Bauherren davon abhalten sollte, sich der Illusion hinzugeben, dass alsbald nach der Bauwerkserstellung sich ein höherer Wiederverkaufspreis einstellen wird. Die Differenz ist ja auch verständlich: Der Bauherr richtet sich alles genau nach seinem Geschmack; er muss also beim Verkaufen auf paralleles Geschmacksempfinden stoßen. Gibt es hier Abweichungen, so schlägt sich das in einem Preisabschlag nieder.
Ein überhöhtes Baukostenniveau hat also in unvorstellbaren Ausmaßen zur Folge, dass der riesige Altbaubestand inflationär aufgewertet wird, dies trotz der Tatsache, dass auf diesem Sektor, abgesehen von Modernisierungen, keine Produktionsleistung erbracht wurde. Auch klafft nirgendwo in der Nutzgüterwelt der Gegenwartswert vom Anschaffungswert so schnell so gravierend auseinander. Kaum noch Bezüge auf sich immer mehr verringernde Abschreibungswerte; Bauwerke sind ja vergänglich, die modernen besonders, nicht nur durch natürlichen Verfall, sondern auch durch unpflegliche Nutzung. Noch in einer weiteren Richtung hat dies höchst unsoziale Auswirkungen, worauf noch einzugehen ist. Auf alle Fälle handelt es sich bei dieser Erscheinung nicht um eine negative Auswirkung der marktwirtschaftlichen Ordnung. Vielmehr zeigen sich besonders deutlich die allzeit verheerenden Folgen der Inflation, auch wenn sie nur schleichend und in geringen Prozentsätzen anzutreffen ist. Hier 3 % (2 %!) als Stabilität zu verkaufen, ist pure Chuzpe. Die Frage, warum die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinander klafft, ist müßig, so lange niemand die Jahrzehnt um Jahrzehnt sich vollziehende Geldentwertung zur Kenntnis nimmt und richtig einordnet (und nicht wie Draghi alles in Butter findet.)
So, wie die Architekten durch die Gebührenordnung daran interessiert sind, dass teuer und aufwendig gebaut wird, so sind auch die Makler mit prozentualen Provisionen am Kaufpreis beteiligt. Lustigerweise fordern sie diese nicht von ihrem Auftraggeber, sondern vom Käufer. Dass diese Konstruktion fast bruchlos sich halten kann, ist nichts als ein Indiz dafür, dass weitgehend doch ein Verkäufermarkt anzutreffen ist. (Mal sehen, ob die neue Große Koalition in der Legislaturperiode 2014 folgende, ihren Vorsatz, dies endlich ändern zu wollen, umsetzt. - Hat sie! Bravo!) Auch ist staunenswert, welch beträchtliche Summen ausgegeben werden für Bauwerke, Eigentumswohnungen, Reihenhäuser, deren Lage alles andere als zweckmäßig anzusehen ist und deren Bauanordnung und -ausführung keinesfalls optimal entworfen wurde. Die Ansprüche sind offensichtlich bescheiden. Auch hat es lange gedauert, bis unsere Architekten mehr Vielfalt in die Baukörper brachten. Immer wieder findet ein Topf seinen Deckel, auch, wenn ersterer nur die Hälfte "wert" ist. Warum dies hier erwähnt wird? Weil die meisten Bauherren keinen Gedanken daran verschwenden, dass Bauwerke nicht nur von ihnen von außen angesehen werden, sondern in der Regel entlang der Lebensdauer eines Gebäudes Millionen von Augen sich voller Missbilligung abwenden oder mit Wohlgefallen haften bleiben - und dies ja meist wiederholt. - All die potentiellen Ertragsmöglichkeiten, die einem Bauwerk innewohnen, anhängen, sind gewissermaßen im Kaufpreis antizipiert, vorweggenommen, voweggeronnen. Oft ist viel Phantasie im Spiel. Es bleibt dem Käufer überlassen, sie wirtschaftlich in erhoffte Erträge umzusetzen. Die Verkäufer sind so gesehen eigentlich Aussteiger, sie passen. Sie interessiert die bare Kasse per dato, nicht zukünftig mögliche - langfristige! Nutzung. Das ist nicht negativ beurteilt, schließlich eröffnet der empfangene Kaufpreis andere, möglicherweise noch lukrativere Investitionen.
MARKT UND PREISE DER WOHNUNGSNUTZUNG
Auf dem Nutzungsmarkt kann völlig davon abgesehen werden, nach Eigen- und Fremdnutzung zu unterscheiden. Die "Preise" haben nur einen unterschiedlichen Namen, nämlich Miete und Wohnwert. Beide haben die Tendenz, hoch zu sein. Daher die antreffbaren misslichen sozialen Situationen, die zuvor erwähnt wurden. Die hohen Preise sind einmal zurückzuführen auf ungedeckte Nachfrage. Als besondere Erscheinung ist festzuhalten, dass selbst geringer Nachfrage-stau unverhältnismäßig kräftig in der Lage ist, die Nutzungspreise hoch zu halten. Das ist eigentlich warentypisch. Umgekehrt drückt ein Leerbestand die Preise kräftig, allerdings nur in der Theorie. Warum? Leerstände bestimmter Wohnungen sind vorübergehend, selbst wenn sie flächenweit anzutreffen wären. Und da eine vorschnelle vertragliche Wiedernutzung durch gesetzliche Auflagen langfristige Bindungen schafft, wird eher einmal ein temporärer Leerstand in Kauf genommen als jahrelang ein zu niedriger Nutzerpreis. Jedoch nachhaltig wird er sich dann doch wohl einpendeln. Aber von was schreiben wir! Es gibt auf absehbare Zeit keinen Mietermarkt.
Auch bei der Nutzung gibt es die regionalen, örtlichen Unterschiede beim Preis pro Quadratmeter Wohnfläche. Gemeint ist am Ort wiederum die Lage, aber auch die Ausstattung der Wohnung, auf der Nachfrageseite die antreff-bare Kaufkraft der Bewohner. Tendenziell sind aber in der Wohnungswirtschaft die preislichen Determinanten die Kosten, einfach deshalb, weil diese generell hoch, ja aufgebläht sind. Gemeinhin ist die Meinung verbreitet, dass die Kostenmiete im Vergleich zur Marktmiete die günstigere ist. Dem ist nicht so, auch wenn das Mietpreisrecht das suggeriert. Die staatlichen Eingriffe, soweit Wohnraum mittels direkter Subventionen oder steuerlich gefördert ist, haben lediglich zum Ziel, die Kosten niedrig zu halten und zwar diejenigen, die bei der "Festsetzung" des Nutzpreises kalkulierbar sind. Anfallende und kalkulatorische Kosten sind aber zwei Paar Stiefel. Der öffentlich geförderte Bau ist kaum billiger als der freie, trotz VOB (Verdingungsordnung für Bauleistungen), die mit Selbstkosten hantiert, allenfalls durch weniger aufwendig ausfallende Ausstattung.
Weil also der Kostenpreis der Nutzung generell höher als der Marktpreis anzusetzen ist, haben wir uns im Folgenden mit dem ersteren zu befassen und vor allem den Beweis anzutreten, dass unsere These stimmt, denn es wird Leser geben, die diese Anschauung für falsch halten, zumindest bezweifeln. Nicht bezweifeln wird sie der - wahre - Kostenfachmann. Bezweifelt er unseren Beweis, so ist er keiner. Gehört zu einer solchen Apodiktion Mut? Nein. Die Richtigkeit der These hängt nur an einer einzigen Feststellung, an einer einzigen Voraussetzung, an einer einzigen Akzeptanz, an einer einzigen, es sei endlich gesagt - Art von - Kostenquote, dem kalkulatorischen Eigenkapitalzins. Das sind also nicht die Betriebskosten, nicht Instandhaltungskosten, wenngleich diese bei steigenden Preisen der Bauleistungen zu Buche schlagen, nicht die Abschreibungen. Letztere können, kalkulatorisch gesehen, wegen der langen Lebensdauer eines Gebäudes, auf 2 % beschränkt werden. Ihnen stehen auch keine Ausgaben (mehr) gegenüber, soweit es um die Wiederverflüssigung von investiertem Eigenkapital geht - anders bei Fremdkapital.
Die preistreibendste Kalkulationsquote sind so die Zinsen. Ein Millionenheer von Bauherren dachte, denkt bei Zinsen immer nur an Fremdkapitalzinsen. Wenn, ja wenn schließlich der Häuslebauer nach 15 oder 20 Jahren seine Schulden abgezahlt hat, also keine "Zinsen" mehr aufzubringen sind, dann lehnt er sich, alt geworden, in seinem Sessel zurück und wähnt, dass er nunmehr - endlich - fast kostenlos wohne. Außerdem hat sein Gebäude mittlerweile unverhältnismäßig viel an Wert zugelegt. Seine Welt ist in Ordnung.
Dann kommen die Betriebswirte, die Kostenrechner zumal, mit einer These, die so schockierend ist, dass man sich schlechtweg weigert, sie als richtig anzuerkennen. Schmeißt sie doch alles Wohlgefühl vom Stuhl. Wäre sie allerdings als richtig erkannt in den Köpfen, dann würden Immobilienpreise insofern in einer Höhe nicht mehr akzeptiert, als man bislang und auch weiterhin fälschlicherweise glaubte, tun zu können und durch weitere Wertsteigerung habe man nicht zu viel bezahlt. Eine Einschränkung vorweg: Die richtigen Wohnungswirtschaftler, diejenigen, die ihr Geld in der Wohnungswirtschaft investieren, um unternehmerisch tätig zu sein, diese Sorte weiß das schon immer. Denn es hat seine Gründe, wenn z. B. die Versicherungswirtschaft sich - leider - immer mehr aus dem Investitionsbereich Wohnungswirtschaft zurückgezogen hat. Gemeint sind hauptsächlich die Bauherren, die ihre Immobilie selbst nutzen.
Eigenkapital kostet wie jedes Kapital Zinsen. Zinslose Darlehen, als Subvention gewährt, sind zwar zinslos (null Fremdkapitalzinsen), aber nicht kostenlos. Dem Darlehensgeber entgehen in diesem Fall Eigenkapitalzinsen. Das Eigenkapital soll ja Zins abwerfen, Zinserträge. (Ob es da einen neuen "Draghiaspekt" gibt, siehe sogleich.) Es wird bei Unternehmen nicht etwa aus dem erwirtschafteten Gewinn bedient (das ist wegen der Steuergesetzgebung gängige Meinung), sondern es werden eigens durch die Kalkulation sogenannter kalkulatorischer (Eigenkapital-)zinsen die Umsatzerlöse so weit angehoben, dass aus ihnen Eigenkapitalertragszinsen gezahlt werden können. Zumindest geschieht das kostenrechnerisch; ob der Markt mitmacht, das ist eine ganz andere Frage. Aber: Gewinn entsteht erst jenseits abgedeckter Eigenkapitalkosten und auch der Unternehmerlöhne.
Beim eigengenutzten Wohnraum sei das doch anders? Nein, es ist nichts anders. Eigenkapital bringt, gut angelegt, oft risikolos, erkleckliche Zinserträge (z. Zt. 2015 leider nicht mehr). Das waren schon 10 und mehr Prozent. Das Kapital, das man "bewohnt", das man in die Eigenimmobilie investiert hat, kann als Anleihe, als Aktienanteil, als Darlehen keine Ertragszinsen mehr abwerfen. So, wie ein möglicher, aber nicht gemachter Gewinn eindeutig als Verlust zu charakterisieren ist, so werden mögliche, aber nicht erzielte Eigenkapitalerträge zu Aufwand, Kosten, Verlust. Dieser so entstandene rechnerische Aufwand wird aufgefangen durch den "Wohnwert". Das ist kein Phantom. Dem Fiskus ist dieser Begriff wohlbekannt. Eine ohne Miete bewohnte Werkswohnung ist keineswegs eine clevere Konstruktion, mit der die Lohnsteuer niedriger gehalten werden kann. Vielmehr erklärt der Fiskus kurzerhand die eingesparte Miete zu steuerpflichtigem Einkommen. (Bei Draghi-Zinsen reduzieren sich die Größen halt. Man wohnt eigengenutzt "billiger".)
Der Käufer eines Wohnhauses, der eine Million dafür aufbringt, verzichtet bei einem Zinssatz von 6 % auf DM 60.000,- Zinseinkommen, das er hätte, wäre sein Kaufpreis zinsbringend angelegt. Er "zahlt" eine monatliche Eigenmiete von DM 5000,-. In Zeiten der Kapitalknappheit, wenn Anleihen mit 8 % aufgelegt werden, wenn deren Preis so fällt, dass sich 8 % Zinsenertrag ergibt, schnellt die Jahreseigenmiete auf DM 80.000,- hoch. Das entspricht dem Jahreseinkommen eines gestandenen Angestellten.
Derjenige Immobilieneigentümer, der nun mit dem Gegenargument kommt, dass er ja seine Immobilie gar nicht gekauft habe, sondern ererbt, oder früher einen vergleichsweise viel niedrigeren Kaufpreis eingebracht habe, dass folglich diese Rechenweise auf ihn nicht zuträfe, muss enttäuscht werden. Denn er könnte sehr wohl DM 60000,- Zinserträge einheimsen, verstünde er sich nur dazu, sein schönes Anwesen zu verkaufen und den Erlös zinsbringend zu investieren. Richtig, er könnte fortan nicht im Zelt kampieren, er müsste wieder einen Unterschlupf suchen und sollte dieser wieder so anspruchsvoll ausfallen, dann hätte er eine gehörige Miete einzubringen. Jedoch sie läge vergleichsweise niedriger, um wie viel, das möge er selbst ausfindig machen. In der Regel dürften es 20tausend DM weniger sein. Warum? Weil der Mietspiegel durch gewisse Zwänge niedriger liegt. So viel zur Eigennutzung.
Nun zur Fremdnutzung, zu den Vermietern und Mietern. Auch hier spielt der Eigenkapitalzins eine kalkulatorische Rolle. So, wie auf dem Immobilienmarkt die Kosten des Neubaus die Preise auch der Altbauten beeinflussen, so begegnen wir bei den Mieten der gleichen Erscheinung. Die Zinsen schlagen als Kalkulationsquote voll zu Buche, schon deshalb, weil meist ein sehr großer Anteil der Baukosten fremdfinanziert ist. Die Fremdkapitalzinsen sind im Ist abzudecken, das investierte Eigenkapital sollte sich nach den Regeln des rationalen Wirtschaftens angemessen verzinsen. So ergeben sich hohe Kostenmieten - effektive ohne Subventionen, volkswirtschaftlich gleich hohe, auch wenn mit Subventionen gearbeitet wird. Subventionskapital ist letztlich immer ebenso teuer wie der Markt bestimmt, denn solches wird nur dirigistisch davon abgehalten, sich ertragreiche Anlageformen zu suchen.
Die Mieten für Altbauten haben die Tendenz, wenigstens einen Teil der inflationistischen Preissteigerungen der genutzten Immobilie zu realisieren. Keinesfalls entstehen hier "Renten", sondern wiederum nur handelt es sich um das Äquivalent für - eigentlich - kalkulatorisch anzusetzende Eigenkapitalzinsen. Scheinwerte, die durch lasche Geldwertpolitik entstehen, verkörpern nicht etwa Scheineigenkapital und verlangen nicht etwa nach Scheineinkünften. Vielmehr sind für den Wohnungsvermieter solche Wertzuwächse dann reale, wenn er sie durch Verkauf realisiert und nun das Kapital entsprechend anlegt, oder wie gesagt Berge von Kühlschränken kauft und diese vielleicht vermietet, wenn diese Absurdität schon erwähnt werden muss, um aufzuzeigen, was die Inflation auf dem Wohnungsmarkt alles bewirkt. Weil die Möglichkeit der Realisierung der Scheinwertzuwächse besteht, entsteht bei Nichtrealisierung zumindest der Zwang, Eigenkapitalzinsquoten in Erlöse zu verwandeln. Da gibt es mangels vorhandener Kaufkraft Bremsen und Mietspiegel tun ihr Übriges, jedoch erleichtert wird dieses Begehren durch das Wohngeld. So sozial dieses Wohngeld sich geriert, so sehr handelt es sich dabei um Augenwischerei. Dies deshalb, weil es den Vermietern erlaubt, ihre Mietforderungen höher anzusetzen als es ihnen ohne Wohngeld möglich wäre, denn wo keine Kaufkraft anzutreffen ist, kann nichts Zusätzliches für die Realisierung der inflationistischen Wertsteigerungen, deren Verzinsung, geholt werden.
Noch ein Wort zu den Abschreibungen im Zusammenspiel mit der Fremdkapitaltilgung. Obzwar Tilgungen keine Kalkulationsquoten abgeben können, sind sie bei der Bemessung der Erlöse dann zu berücksichtigen, wenn die Tilgungsquoten auf Fremdkapital höher sind als die kalkulatorischen Abschreibungen. Letztere verfolgen das Anliegen, das investierte Kapital wieder zu verflüssigen. Geschieht dies langsamer, also temporär niedriger als es der Tilgungsbedarf verlangt, muss entweder freies Eigenkapital zwischengeschoben oder dafür gesorgt werden, dass Kalkulationsquoten, die nicht zur Abdeckung von akuten Ausgaben benötigt werden - Eigenkapitalzinsen, Gewinne, Spielräume beim Unternehmerlohn - vom erzielbaren Preis abgedeckt sind und so zur Zwischendeckung heranziehbar sind.
Als Schlussthese bleibt festzuhalten: Durch immerzu anwesende schleichende Inflation, verursacht durch überhöhte Löhne, überhöhte Abgaben, überhöhte Geldzuwachsraten, hat die Gesellschaft schließlich erreicht, dass über Jahr-zehnte hinweg scheinbar geringe prozentuale aber nur nominale Wertsteigerungen besonders im Bereich der Wohnungsgüter zu Situationen geführt haben, die nur noch durch Subventionen sozialverträglich anpassbar sind. Solange Politik und jedermann als Recheneinheit nur noch Prozente kennt und benützt, in absoluten Größen, die ja allein maßgeblich sind, gar nicht mehr gedacht wird, solange wird sich auch bei uns die relative Armut immer mehr ausbreiten.
Immerzu achtbares Verfassungsgericht? (1996)
Kruzifix-Urteil, Soldaten = Mörder-Urteil, Blockade-Urteil (zwischenzeitlich noch weitere umstrittene?): Ein Verfassungsrichter regt sich darüber auf, dass das Verfassungsgericht hierzulande nicht mehr so geachtet ist wie in früheren Zeiten der Republik. Er beklagt den Bruch, der sich dadurch ankündige, dass es Leute gibt, die bereit seien, ein Verfassungsgerichtsurteil zu unterlaufen und spricht von hochgefährlichen Konsequenzen, die sich nicht nur für den Rechtsstaat, sondern für die Politik überhaupt abzuzeichnen begännen. Für ihn verkörpert die "rechtsstaatliche Herrschaft" das oberste Staatsprinzip.
Hier wird gegengefragt, ob dieses Prinzip nicht seinerseits einer umfassenden gesellschaftlichen Konvention unterliegen muss, wohlbemerkt umfassend, also nicht nur, weil es ja bekanntlich verabscheuungswürdige anderweitige Staatskonstruktionen gab und gibt, der Übereinstimmung einer Volksgruppe, sei es Schicht (Beamte), Partei oder sonst was. Man müsste meinen, dass Rechtsstaatlichkeit und umfassende Konvention sich deckungsgleich darstellen. Leider verhielt sich das so bislang nur aus der Sicht der Gesellschaft, aus der Sicht der Rechtsstaatlichkeit als Macht(verwaltungs)instrument - der Richter spricht von Herrschaftsinstrument - zumindest seit etlicher Zeit nicht mehr so ohne Weiteres selbstverständlich. Wir machen die Erfahrung, dass als rechtsstaatliche Regelungen dann als solche akzeptiert werden sollen, wenn ein paar - politisch inaugurierte - Richter diese als "richtig", als "Recht" deklarieren, was jedoch nur dann akzeptiert werden sollte, oder muss, wenn nicht, - wenn nicht! - dem eine mehrheitliche Ablehnung gegenüber-steht. Oho, wird mancher sinnieren. Man vergesse aber nicht, dass solcherart gesetztes Recht keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt.
Die Gesellschaft ist ein Körper, der mehrheitlich abgelehnte Rechtsthesen als gewebefremd erkennt und solches Rechtsgut früher oder später abstößt. Unser Richter müsste ein Gespür dafür haben, dass es ihm nicht erlaubt ist, in diesem Sinne bindungs- und beziehungsfrei Recht zu setzen. "In diesem Sinne" hat sich übrigens das Verfassungsgericht selbst "an die Kette gelegt": Im sog. "Lüth-Urteil" meinte das Verfassungsgericht (und auch heute noch bezieht es sich auf diese Festlegung), dass dabei "in erster Linie von der Gesamtheit der Wertvorstellung ausgegangen werden (müsse), die das Volk in einem bestimmten Zeitpunkt seiner geistig-kulturellen Entwicklung erreicht ... hat." Das war in den 50erJahren. Wer wollte meinen, dass das Gericht in letzter Zeit bei anrüchigen Urteilen sich noch an seine damalige Einsicht gehalten habe! Uns stört überhaupt an unserer Jurisdiktion, dass sie - so zumindest die Oberfläche - zwar dem Rechtsgedanken verpflichtet ist, in vielerlei Wirklichkeiten aber eben nicht real. (Das gilt auch für die unteren Instanzen, Mollath lässt grüßen!)
Politik wird vom Wählerwillen im Rahmen des Grundgesetzes demokratisch korrigiert. Wenn aber eine Höchstrichterliche elitäre Gruppe der Mehrheit ohne Korrekturmöglichkeit ihren Willen aufzuzwingen vermag (wenngleich innerhalb der Leitplanken der Verfassung), dann ist ein wesentliches Element der Demokratie abhanden gekommen. Dann sind das Problem nicht mehr die Rebellierenden, sondern Auchnurmenschen in roten Roben.
Vollbeschäftigung durch flexible Löhne (1995)
so der Buchtitel eines Werkes von Martin L. Weitzmann, ein amerikanischer Ökonomie-Professor, USA, aus den späten 80er-Jahren.
Deutschland als leistungsfähiger Produktionsstandort ist ins Gerede gekommen. Die Rahmenbedingungen stimmten nicht mehr und überhaupt seien angesichts des internationalen Konkurrenzdruckes die Zeiten vorbei, da die Deut-schen mit weiter so ungestüm wachsenden Wohlstandszuwachsraten rechnen könnten. (Setzen wir für die Gegenwart an die Stelle von Deutschland die EU, ist alles Folgende noch akut. Und 3 Millionen Arbeitslose, ist das ein Pappenstiel? Das Geschrei der Wirtschaft nach dringend notwendiger Zuwanderung - wissen Sie was - es geht darum, den Pott an Arbeit Suchenden dick gefüllt zu halten - warum wohl? Wie mühselig dagegen ist doch die Qualifizierung der Arbeitslosen und nun auch Flüchtlinge . Warum wird der Mindestlohn zum Zeichen für den Verlust der Konkurrenzfähigkeit hochgekürt?)
Ein Riesensockel struktureller Arbeitslosigkeit verlange eine mehrjährige Entlohnungsabwachsphase. (So war es gekommen über lange Jahre. Und 2015?) Erkennbar schmecken diese Pillen den Gewerkschaften nicht. Um sowohl den Arbeitgebern als auch den Gewerkschaften entgegen zu kommen, kramen Politiker wieder alte Diskussionsthemen hervor, die sich in früheren Jahrzehnten mit Investivlöhnen, Ertragsbeteiligungen u. a. m. befasst haben und die lange Zeit aus den Augen gerieten. Auf sie wird zurück gegriffen, weil Rezepte wie staatliche Beschäftigungsprogramme und -interventionen als wenig wirksamer Aktionismus und die Befreiung des Arbeitsmarktes von beschäftigungswidrigen Regulierungen zwar als positiv, aber zugleich als nicht genügend angesehen werden.
Dem gegenüber vertritt Weitzmann die These, dass die Unternehmen zu wenig Anreize hätten, zusätzliche Arbeitskräfte nachzufragen. Dies sei darauf zurück zu führen, dass die üblichen Entgeltsysteme keinen Bezug auf den Erfolg des Unternehmens nähmen. Er schlägt ein Beteiligungssystem vor: Nur ein Teil des Entgelts sollte als fester Lohnsatz gezahlt werden. Das Übrige müsse am Gewinn fest gemacht werden. Die Kosten der Arbeit je Stunde wären so niedriger als die durchschnittlichen Lohnkosten je Arbeitnehmer. Dem Verhältnis von Stundengrenzkosten zu Durchschnittskosten wohne die Neigung inne, weitere Arbeitskräfte einzustellen und die "Ausbringung" zu erhöhen. Gingen die Gewinne in schlechten Zeiten zurück, sänke so auch die Entlohnung und der Zwang zur Entlassung werde gemildert.
Schon 1973 hat E. G. Vetter in der FAZ gemeint, dass Lohnpolitik den Keim des sozialen Konfliktes in sich trage. Die Epigonen Marxens seien aber der Meinung, dass der richtige Lohn nur im Arbeitskampf als einem Teil des Klassenkampfes gefunden werden könne. Hinzu zu fügen ist, dass dieser Lohnkampf bekanntlich zwischen zwei Kartellen ausgefochten wird.
Hier wird versucht, konkret zu werden, indem ein unternehmenspolitisches Modell formuliert wird. Es wird allerdings auf Begriffe zurück gegriffen, die der Autor in den frühen 50er-Jahren als Student - etwas geschraubt - in die Kostenrechnungstheorie eingeführt hat. Ob sie je Beachtung gefunden, ihrer überhaupt für würdig befunden wurden, ist unbekannt.
Da wurden zum einen unterschieden zwischen solchen Kosten, die aus einem Leistungsbezug von betriebsexternen Zonen (und deren unmittelbaren Verwendung) resultieren = Kosten für bezogene Rohstoffe und sonstige Kostengüter = Rohstoffverwendung (-einsatz) und Kosten für bezogene Dienste = Diensteverwendung (-einsatz) - und solchen Kosten, die an eine betriebsinterne Leistungsquelle anknüpfen - Kosten, von gespeicherten originären Anschaffungs-kosten abgeleitet zum einen = Abschreibungen bzw. Kosten der betriebsimmanenten Leistungsträger z. B. Personal-kosten = betriebsimmanente Kosten.
Viel radikaler - umsomehr auch utopischer - als bei Weitzmann werden nun davon folgende Thesen abgeleitet: Der Kostenbegriff wird eingeschränkt; Kosten sind nur Verzehr oder Verwendung von Gütern und Diensten, die von der betriebsexternen Zone, von außen also, zur/m sofortigen Verwendung (Einsatz) bezogen werden. - Abschreibungen auf betriebsimmanente (= in den Betrieb zur Nutzung eingegliederte) Kapitalgüter, Personalkosten (Mitarbeiterentgelte)(Eigenkapitalzinsen, Unternehmerlohn sowie der Gewinn gelten als ERTRAGSVERTEILUNGSQUOTEN.
Die Ertragsverteilungsquoten sind Ersatz, Vergütung der zur Produktion von Gütern und Diensten eingesetzten betriebsimmanenten (immanent = innewohnend) Leistungen. - Allerdings, eine Ersatzgarantie gibt es grundsätzlich nicht, allenfalls eine rationale und zukunftsorientierte Rangstufe hinsichtlich der Abdeckungsfolge. Das bedeutet: Alle betriebsimmanenten Leistungsträger (Anlagen, Maschinen, Anteilseigner, Mitarbeiter, Unternehmer) haben keinen absoluten Anspruch auf "Entlohnung", sondern lediglich einen relativen. Der Umsatz dient zunächst der Deckung aller "externen" Kosten. Was übrig bleibt, wandert in den "Ertragsverteilungsfonds".
Aus dem Fonds werden vorrangig abgedeckt bzw. sichergestellt die Abschreibungsquoten zur Tilgung von Krediten bzw. zur Bereitstellung des Wiederbeschaffungswertes, sodann die Rücklagendotierung zur Zukunftssicherung der Arbeitsplätze. Für alles Übrige wird im "Einvernehmen" ein Verteilungsschlüssel festgestellt: Mitarbeiterlohn : Eigen-kapital : Unternehmerlohn (Geschäftsführerlohn, Gewinn) = X : Y : Z = anteilige Ertragsverteilungsquoten. Steigt die Zuweisung zum Ertragsverteilungsfonds, steigen auch die disponiblen Verteilungsquoten für die betriebsimmanenten Leistungsträger, fällt sie, so passen sich die Ansprüche automatisch an.
Mitarbeiter und Unternehmer bzw. Kapitaleigner verwandeln sich so in eine verschworene Gemeinschaft. Kein Klassenkampf, kein Lohnstreik mehr, nur noch gemeinschaftliche Anstrengung. - Noch nie bekam ein Gewerkschafter beim Lesen eines Textes solche Magenkrämpfe wie hier! Man muss nicht bedeuten, dass Utopien in den seltensten Fällen ernst genommen werden (können). Hier haben wir eine Utopie. Fabulieren wir aber weiter:
Zunächst: bei schlechterem Geschäftsgang wird es mit den Quoten enger. Die Zuweisungen zu den Rücklagen werden ausgesetzt. Der Zinssatz für das Eigenkapital wird herabgesetzt, der Unternehmerlohn wird magerer. Die Abschreibungsquoten werden nur noch verbucht, soweit sie Geld für die Kredittilgung im Unternehmen zurückhalten müssen. Offensichtlich könnten Unternehmen auf dieser Basis länger Durststrecken überstehen. Die Mitarbeiter schnüren den Gürtel auch enger. Wie eng? Die Reise nach Spanien fällt aus, der neue Wohnzimmerschrank wird fürs erste nicht gekauft. Solidarität pur. Denn noch besteht kein Anlass, auch nur einen Mitarbeiter zu entlassen. Vielmehr werden alle sich die Köpfe darüber zerbrechen, wie denn die Bezüge von außen reduzierbar sind, wie rationeller produziert werden kann, wie Märkte mit niedrigeren Preisen wieder zurück zu erobern sind. Irren wir uns, wenn wir annehmen, das bei solcherlei Gestaltung die Arbeitslosenzahlen rapide schrumpfen, ebenso in Folge der Sozialaufwand?
Während bei der überkommenen und eingefahrenen Struktur die Unternehmen längst rote Zahlen schreiben und folglich Mitarbeiter zu entlassen beginnen, um sich zu sanieren, gibt es bei unserem utopischen Modell noch immer schwarze Zahlen. Noch immer ist - für alle - etwas zu verteilen. Stellt sich die Frage, wieviel denn.
Wir bekommen ja entlang der Zeit so mancherlei Sanierungen von angeschlagenen Unternehmen mit. Es sei ein ganz schlimmer Fall angenommen: Erst nachdem die Hälfte der Belegschaft ins Aus geschickt worden ist, geht der Absturz in den Gleitflug über. - Bei unserem Modell entspräche das der Halbierung der Einkommen für alle, vermindert wiederum um rund 40 % entfallende Abgabenlast, so dass netto nur 30 % des früheren Einkommens fehlten. Aber noch keiner wäre arbeitslos geworden! Überhaupt, die Lohnquoten sind generell beachtliche Kostenblöcke, bei Fertigungs- oder Dienstleistungsbetrieben sicherlich über 50 % des Gesamtkostenblocks. Das bedeutet, dass auch schon nur durch eine 10%ige Senkung der Entlohnungsquote eine beachtliche Manövriermasse zur Sanierung und Überbrückung bereit zu stellen wäre. (Einzige Wunde: der Griff der ansonsten Entlassenen in die Arbeitslosengeldkasse geht verloren. Wie schade.)
Nun macht die Schar der Verschworenen aber Verlust, was bedeutet, dass für sie gar nichts mehr im Topf ist. Ja, es muss sogar herkömmlich auf Rücklagen zurück gegriffen werden, um die Fremdbezüge von Leistungen bezahlen zu können. Herkömmlich wäre der Betrieb längst pleite, denn es gäbe keine Belegschaft mehr, weil die Erlöse nicht aus-reichten, auch nur noch einem Mitarbeiter Lohn auszahlen zu können. Aber auch bei unserem Modell verhungern jetzt die Mitarbeiter.
Nicht, wenn das soziale Netz beibehalten wird. Zwar sind nun nicht nur Arbeitslose zu unterstützen, sondern auch solche, die wohl arbeiten, aber einkommenslos oder einkommensschwach sind. Das sieht nur vordergründig nach Aufstockung des Absicherungsbedarfes aus, weil wie gesagt die Prämisse gesetzt ist, dass der Arbeitslosenblock zu einer marginalen Größe schrumpft, weil nicht immer wieder durch wenn auch nur temporäre Freisetzungen auf-gestockt. Freisetzungen würden bei unserem Modell zu seltenen Fällen. Die Wirtschaft gewönne eine unglaubliche Flexibilität, Ängste um den Standort Deutschland schwänden.
Was ist mit denjenigen Wirtschaftszweigen, die besonders florieren? Sie expandieren und werfen hohe Verteilungsquoten ab. Dorthin wird nicht nur Kapital, sondern auch menschliche Leistungskraft fließen. Das Angebot an Gütern wird im knappen Markt erweitert, die Preise fielen nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Die schleichende Geldentwertung (2 % sind ja gewollt! Das sind dann in 10 Jahren 20 % - z. B. ein Fünftel Entwertung eines Sparguthabens.) gehörte der Vergangenheit an
.
Hilfe zur Entwicklung (1994)
(Die Abhandlung legt einige Fehlentwicklungen offen. 20 Jahre später ist Etliches davon immer noch virulent. Im Ansatz, in der Zielausrichtung, im Ergebnis.)
I. AKZEPTANZ MIT VORBEHALTEN?
Zwei Überschriften in der Zeitung: "Fragwürdige Entwicklungshilfe" (Leserbrief) und "Entwicklungshilfe und Eigennutz" (FAZ 193/93). Aus dem ersten Titel ein Satz: Es gäbe "... kein Entwicklungshilfeprojekt, von dem er" (der Minister) "behaupten könnte, dass es zur Zufriedenheit läuft und seinen Zweck erfüllt." Schreiber war der 'Vorsitzende des Verbandes der Entwicklungshilfe- und Auslandsexperten e. V., der darüber hinaus bemängelte, dass "man" zur Kontrolle der Projekte keinen Zugang habe. - Und aus dem zweiten Titel: "Nützt die Entwicklungshilfe der deutschen Wirtschaft?" Weiter: "Die Wirtschaft treibt es" (das Thema) ... um".
Zum einen: Schon das Wörtchen 'kein' macht den Beitrag der Entwicklungsexperten - wer hat dieses Prädikat zuerkannt? - unglaubwürdig. Mangelnde Überprüfungsmöglichkeiten durch Unabhängige - Experten? - werden beklagt. Außer dem Plädoyer pro domo kein weiterer Vorschlag. Wären diese Experten Entwicklungshelfer vor Ort gewesen, sie kritisierten sich selber.
Hier ist ein Vorschlag: Staatliche Entwicklungshilfe wird durch Steuern finanziert. Es gibt einen Bundesrechnungshof ... - und einen Bund der Steuerzahler. Wenn schon, denn schon. Schließlich ist im öffentlichen Bereich extern angelegte Kontrolle und deren Wirksamkeit ein Dauerbrenner. (Bei Beanstandungen heute noch ohne richtige Konsequenzen.)
Aber zur institutionsinternen (Erfolgs-)Kontrolle: Zu Zeiten, da es noch eine DDR gab, lauschte der Autor in Berlin-West Berichten von Referenten einer mit Entwicklung befassten staatlichen Organisation. Bei der Diskussion brachte der Verfasser die Frage ein, wie denn die Ergebniskontrolle angelegt sei. Da trat dann ein Defizit zutage, das nicht befriedigend interpretiert werden konnte; anschließend wurde das höchstpersönliche Gespräch gesucht.
Sowohl in der Privatwirtschaft als auch bei der Öffentlichen Hand spielt das SOLL und IST eine zentrale Rolle auf der Ebene der Finanzen. Anzunehmen, dass bei allen Projekten die verwaltungsmäßige sachliche und maßnahmen-orientierte Kontrolle (Evaluierung? - im Fremdwörter-Duden 1966 noch nicht zu finden, aber 'Evalation' = Wertbestimmung) gewissermaßen implantiert ist? Es ist bekannt, dass in die Vorprüfung eines Projektes viel Arbeit investiert wird. Auch liest man immer wieder von 'endemischen' Lernprozessen, die der deutschen Entwicklungshilfe widerfahren sind.
Wer sich die Mühe macht, Berichte von Entwicklungshelfern über angetroffene Probleme und der Versuche sie zu lösen, zu lesen, bemerkt zuvörderst eines: Entwicklung ist nicht nur eine solche von Projekten, Entwicklung ist auch diejenige des Exekutivinstrumentariums in allen seinen immanenten Dimensionen. Es gibt keine genuine, hier in den fortgeschrittenen Industrieländern 'entwickelte' Entwicklungstechnik oder fortschreibbares Entwicklungsprozedere, um fertige Konzepte zu gewinnen, die in die Drittwelt verpflanzt werden könnten, nicht einmal dann, wenn es sich nur darum handelt, den Anbau von Soja zu initiieren. Allenfalls sammelt man Erfahrungen. Brauchbare Entwicklungskonzepte benötigen eine gleichartig intensive Entwicklungsphase wie hier bei uns selbst simple technische Konstrukte. Wir bestreiten, dass bei uns fertige Entwicklungsexperten anzutreffen sind. Aufgabe der Entwicklungshilfe kann es andererseits nicht sein, das Weltbild der Entwicklungshelfer in der Weise einer Korrektur zu unterwerfen, dass "sie gezwungen" sind "... bisherige Maßstäbe und Vorstellungen zu überprüfen und uns mit den Ansprüchen unserer Konsumgesellschaft auseinander zu setzen." Dazu braucht man nicht in offizieller Mission in arme Länder zu gehen; das kommt den Steuerzahler zu teuer. Rückwärtsgerichtete Kritik ist hier Privatsache. (Ohne Recherchen angestellt zu haben, bezweifeln wir, dass in der Zwischenzeit sich die Problemstellung groß verändert hat.)
Wirtschaft und Entwicklungshilfe: Noch Warnke orientierte die Entwicklungspolitik nach der Maßgabe des Nutzens, der für die deutsche Wirtschaft abfällt. (Als der Autor diesem Minister in Bonn vorgestellt wurde, konnte man es sich noch nicht vorstellen, in welchem Ausmaße etwa Teile von Afrika wirtschaftlich zu einer chinesischen Einflusszone gerann. Leider ist nichts darüber zu lesen, ob und in welcher Weise und Intensität die heutige Entwicklungshilfe sich mit der chinesischen Expansion überschneidet oder gar reibt.) Mittlerweile wird die Hilfe auf die Beseitigung oder Linderung unmittelbarer Armut projiziert. Dies sei weniger auftragsträchtig. Das wird übel genommen. Zu Unrecht:
Einmal ist zu verurteilen die Erwartungshaltung der deutschen Wirtschaft. Sie entspricht dem Sehnen nach staatlichen Subventionen. Eine Entwicklungshilfe, die zweck- und zielgespalten ist, kann keinen Erfolg haben, ganz abgesehen davon, dass z. B. der Aufbau von 'Basismedizin' ja wohl wichtiger ist als Stahlwerke und High-Tech-Projekte (z. B. U-Bahnen). Zu den Steuergeldern, die entwicklungspolitisch zum Einsatz gelangen, trägt auch der ganz normale Bürger seinen Anteil bei. Nicht nur Unternehmen, sondern auch der Normalverbraucher könnte anfragen, wo für ihn der unmittelbar zurück kehrende Nutzen liegt.
I. WIRTSCHAFTLICHER NUTZEN FÜR DIE GEBERSTAATEN
Aber die ganze Fragestellung und -ausrichtung greift ja zu kurz. Bekanntlich gibt es den unmittelbaren, aber auch mittelbaren Nutzen. Die mittelbare Nutzenerweisung muss quantitativ und qualitativ gar nicht von Haus aus minderen Grades sein als die direkte. Ja, der mittelbaren Nutzenerzielung eignet sogar ein - internationaler - Multiplikatoreffekt. Auf den vordergründigsten braucht man gar nicht einzugehen: Was wäre, wenn der Staat die Milliarden für die Entwicklungshilfe gleich gar nicht abschöpfte, sie den Bürgern beließe? Wer das obligatorisch diskutieren will, fängt lieber gleich beim Verteidigungs-, dem Sozial- und den vielen anderen Etats an, bevor er unter gleichem Blickwinkel zur Entwicklungshilfe gerät.
Bei der direkten Entwicklungshilfe darf ein deutsches Unternehmen Anlagen welcher Art auch immer liefern. Das Geld bekommt es aus Etats (Fonds), die aus dem Steuersäckel angefüllt werden. Das wäre dann alles. Viel mehr bei der indirekten Methode, weil:
Das Projekt X verlangt nach dem Installationsgut Z. Es wird in England gekauft. Der Projektträger entnimmt dem Entwicklungsfond die Mittel, erwirbt Pfund und bezahlt. Der Pfundverkäufer besitzt jetzt DM; er wird sie weiter-verleihen, weitergeben. Die DM wandert durch eine Kette von Wirtschaftssubjekten, so lange, bis sie von jemandem erworben wird, der in Deutschland die Ware K kaufen will. Das ist nur beispielhaft. Wichtig ist zu erkennen, dass die Kaufkraft nicht untergegangen, verschwunden ist. Die temporäre Deponierung solcher international fluktuierender DM-Kaufkraft in Währungs-(Deckungs-)Fonds steht diesem Befund nicht entgegen, weil anstelle der DM anders benannte Kaufkraft in Umlauf gerät. Wichtig auch zu sehen, dass zwischendurch auch der Wohlstand in England befördert wurde. Nur ein wohlhabendes England importiert aus Deutschland. (Der €, der bei einem anderen Beschaffungsort landet, wird auch irgendwann dazu benützt, Importe aus Deutschland zu finanzieren, so lange es sinnvoll ist, dort einzukaufen. Man beachte die Einschränkung, die zu DM-Zeiten nicht gegeben war.)
Natürlich macht es einen Unterschied, ob großklotzige Objekte gefördert werden, etwa eine U-Bahn in China, oder ob Armutsbekämpfung in der Form von zu installierenden Pumpen oder sonstigem Kleingerät betrieben wird. Jedoch maßgeblich für die heimische Wirtschaft sind die insgesamt für die Förderung hinaus in die - dritte - Welt geflossenen Mittel, nicht deren Verwendung, zumindest unter diesem monetären Aspekt, denn sie kommen zurück als wirtschaftstimulierende Kaufkraft oder als Kapitalstrom. Ist die sinnvolle Verwendung der Entwicklungsmittel in Dritte-Welt-Ländern einigermaßen gelungen, schafft sie eines Tages Kaufkraftüberschüsse auch nur dünner Schichtdicke, wäre damit der Anfang von möglicher Kapitalakkumulation erzielt. So wie bei uns in früheren Jahrhunderten die Bauern-schaft die Basis für den sich entwickelnden gewerblichen Wohlstand abgaben, so muss auch in den Entwicklungsländern die Ernährung der Bevölkerung durch landeseigene land- und forstwirtschaftliche Produktion sicher gestellt sein, damit nicht Kaufkraft für Ernährungsgüter unnötig abfließt, sondern solche für den Erwerb von Kapitalgütern angesammelt werden kann. Zukünftige Importe, die in Deutschland den Export stützen und Arbeit schaffen.
III. DIE GÜTERSEITE
Nachdem vorstehend die Kaufkraftströme angesprochen wurden, geht es nunmehr um das, was güterwirtschaftlich bei der Entwicklungshilfe geschieht. Entwicklungshilfe für arme Länder der Drittwelt ist zunächst Umlenkung von Gütern und Dienstleistungen aus Industrieländern in Entwicklungsländer eigentlich wie beim Export. Aber Kaufkraft wird zum Zeitpunkt der Umlenkung im Geberland nicht mehr wirksam oder kann nicht thesauriert werden, denn sie wird über die Steuer eingezogen und nicht mehr in Inlandsmaßnahmen investiert. Die Verringerung der Nachfrage nach Gütern beim Geberland wirkt zunächst deflationistisch, wenn nicht konjunkturdämmend. Die umgelenkte Kaufkraft ist zuvor entstanden als Einkommen oder Erträge bei der Produktion einer breiten Leistungs- und Güterpalette. Eine Produktion, die nicht adäquat monetär Einkommen schaffend ist, gelangt auf Halde oder ist nur naturalwirtschaftlich tauschbar. Temporär analog wirkt es sich aus, wenn entstandene Einkommen erst mal auf Umwege gezwungen werden, Umwege, die exterritorial durchlaufen werden.
An dieser Stelle ein Einschub. Die wichtige begriffliche Unterscheidung von Investitions- und Konsumgut erscheint uns bei der Beschreibung der güterwirtschaftlichen Vorgänge bei der Entwicklungshilfe als zumindest unangepasst. Wir verwenden das Begriffspaar Entwicklungsgut und Lebensgut, beide können materieller, aber auch immaterieller Natur sein.
Die so umgelenkte Geberkaufkraft wird im Entwicklungsland zur Nachfrage nach Entwicklungsgütern. Diese sind spezifische Leistungen und Produkte, die der Befriedigung der Entwicklungsbedürfnisse der zu entwickelnden Länder dienen. Das Leistungsangebot für diese Art der Nachfrage kann aus dem Entwicklungsland selbst stammen aber auch zu importieren sein.
Für das Entwicklung empfangende Land ist es von Bedeutung, ob der Güter- und Leistungs'input' von außen kommt oder aus dem Lande selbst. Werden Entwicklungsgüter aus Europa eingeführt, entsteht das Produktionseinkommen in Europa und stimulieren dort die Konjunktur durch Nachfrageausweitung. Eine temporär eingetretene Nachfragedämpfung wird jetzt wieder ausgeglichen. Entwicklungsgüter, die im Entwicklungsland hergestellt oder geleistet werden (übrigens wahrscheinlich kostengünstiger soweit überhaupt möglich), schaffen dort Einkommen und damit Kaufkraft und lassen so kleine Wirtschaftskreisläufe im Entwicklungsland entstehen.
Importierte Entwicklungsgüter werden im E-Land installiert - z. B. Pumpen, Generatoren, vordergründig zu dem Zweck, nunmehr Lebensgüter zu produzieren - z. B. Wasser, Elektrizität. Betriebswirtschaftlich lassen die Produktion von Wasser und Strom zumindest Abschreibungskosten (zur Finanzierung der Wiederbeschaffung) und Betriebs-kosten entstehen, die nach volkwirtschaftlichen Notwendigkeiten nach Deckung durch Erträge verlangen. Erträge kommen zustande durch Verkäufe und Kaufpreise. Angenommen, die Armen, die nach dem Wasser lechzen, hatten keine Gelegenheit, zuvor Einkommen oder Tauschgüter durch zeitlich davor liegendes Erbringen von Leistungen zu erlangen. Dann werden sie wohl oder übel mit trockenem Mund vor der Wasser fördernden Pumpe verharren müs-sen, - es sei denn, sie klauen es, sie bekommen es geschenkt oder sie kaufen es auf Pump. Wenn nichts Weiteres dazukommt, kann kein Wirtschaftskreislauf entstehen: Die so gehandhabte Entwicklungshilfe bleibt, abgesehen davon, dass das Wasser im Sande versickert, oder die Pumpe einstweilen abgeschaltet wird, ohne Wirkung. Es bedarf also noch hinzutretender Bedingungen. Man erkennt, wie gut es für ein Entwicklungsland so gesehen ist, wenn zuvor schon Einkommen, Kaufkraft, entstand bei der Produktion der zu installierenden Entwicklungsgüter im Lande. Oder die Dürstenden waren in der Lage, zuvor Einkommen zu erzielen oder das Geberland stellt als Initialzündung die Kaufkraft in bar oder als Kredit an das Empfängerland auch noch zur Verfügung.
Ist die Produktion von Lebensgütern mit Hilfe der Entwicklungsgüter (u. U. noch mit Umwegen), z. B. die Ermöglichung von Anbau landwirtschaftlicher Produkte durch initiierte Feldbewässerung so effektiv, dass nicht alles, was nun hergestellt wird, konsumiert, sondern für Exporte ins Geberland abgezweigt werden kann, dann funktioniert Entwicklungshilfe auch auf Kreditbasis. Und wenn die Effektivität so groß ist, dass noch Kapital angesammelt werden kann, dann hat sich wohl alle Mühe bezahlt gemacht, ganz abgesehen davon, was nun durch Multiplikatoreffekt und Akzelerationsfaktor noch zuwege gebracht werden kann.
Und wenn nun durch die Umstellung der Entwicklungshilfe auf Kleinkreisläufe ein deutscher Konzern keine Untergrund-Triebzuglokomotive zu Lasten des Entwicklungsfonds liefern darf, dann freut sich eines Tages der deutsche Hersteller von tragbaren Sonnenherden/Fernsehern, deren Anschaffung sich das eine oder andere Dorf im Busch eines Tages leisten kann oder der Produzent von Druckmaschinen, weil die Bevölkerung endlich die Lust am Lesen mittels integriert-funktionaler Alphabetisierung entdeckt hat. Und last not least verbessert sich die Aussicht, dass der Rundhausbewohner X mit weniger Wahrscheinlichkeit eines Tages als Armutflüchtling vor den Grenzen Europas steht.
IV. AUSTAUSCHBEDINGUNGEN
Immer wieder kommt in Berichten zur Sprache, dass die Austauschbedingungen zwischen entwickelten und unentwickelten Ländern "ungerecht" seien. Dazu lesen wir in einer Schrift des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) "Der Weltmarkt ... lässt im allgemeinen nur eine Vergütung für die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zu, nicht für die tatsächlich aufgewendete." Und: "Die ungünstigen, 'ungerechten' Austauschbedingungen spiegeln u. a. die unter-schiedliche Arbeitsproduktivität bzw. die Verschwendung hochwertiger menschlicher Arbeitskraft bei niedrigem Stand der Produktivkräfte wider."
Das liest sich zumindest terminologisch einigermaßen als abstrus. Wenn solche Sichtweisen in der deutschen Entwicklungspolitik heute noch anzutreffen wären, könnte man nur noch staunen. Ebensowenig, wie es "gerechte Preise* gibt, sind bei freien Handelsbedingungen "ungerechte" Austauschverhältnisse anzutreffen. Das Bemühen um das Prädikat 'gerecht' wollen wir allenfalls kirchlichen Urteilen zugestehen. Wenn es trotzdem ungerecht zugeht, dann deshalb, weil z. B. Einfuhrzölle, Kontingente den freien Warenfluss behindern oder Monopolisten wo auch immer und welcher Art auch immer Austauschpreise (heute auch Libor und Währungskurse!) künstlich manipulieren. Solche Hemmschwellen verteuern das Angebot genau dann, wenn es gilt, die Nachfrage zu wecken und aufzuspüren und zwingen die Exporteure der Dritte-Welt-Länder zu Preiszugeständnissen, was wiederum dazu führt, dass die dortigen Löhne 'ungerecht niedrig' ausfallen.
Wir leugnen auch die Existenz einer "gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit"; es gibt in der Tat nur die tatsächlich
aufgewendete und die bezahlbare. Ist deren Volumen zu hoch, dann muss sie durch organisatorische Maßnahmen oder durch den Einsatz von Kapital reduziert werden, um zu einer besseren
Arbeitsproduktivität zu kommen. Es gibt auch à priori keine hochwertige menschliche Arbeitskraft, die etwa verschwendet wird. Verschwendet wird sie, wenn sie nutzlosen, unproduktiven Tätigkeiten
gewidmet ist. Und hochwertig ist sie nur dann, wenn sie knapp bemessen ist oder anderen rentableren Produktionen entzogen wird. Wer da meint, dass Arbeit durch den Einsatz von Technik einfach so
hochwertiger wird, irrt sich. Arbeit und Kapital (Maschinen) stehen bekanntlich in Konkurrenz. Arbeit kann durch Kapital substituiert werden. Die Einführung von Automaten z. B. entwertet im Gegenteil
die ihnen noch zuzuwendende Arbeit, weil sie weniger Qualifikation voraussetzt. Industriell-moderne arbeitsteilige Organisationsstrukturen in den ärmsten Ländern verschärften die bereits grassierende
Arbeitslosigkeit. Vorkoloniale subsistenzielle Dorfstrukturen entsprechen wohl eher den gegenwärtigen Entwicklungspostulaten auf dem Land, wenn kulturfremde, aufgepfropfte Entwicklungslinien den
Verbund der Großfamilie erodieren lassen und zur Landflucht führen.
Richtig ist, dass der Einsatz moderner Technik die Arbeitsproduktivität steigert, folglich auch evtl. den Wert der Arbeit, genauer die mögliche Entlohnungshöhe. Aber doch nur dann, wenn die
zusätzliche Produktion Absatz findet. Denn die so erzielbaren Zusatzerlöse finanzieren den erhöhten Lohn. Gesteigertes Angebot lässt aber die Erlöse tendenziell sinken. Zugleich sind aus ihnen
zusätzliche Kapitalkosten (Abschreibungen und Zinsen) abzudecken. Also: Der Wert der Arbeit richtet sich einmal nach dem Volumen von Angebot und Nachfrage nach ihr sowie nach der anzutreffenden
Marktsituation der betreffenden Produktion.
Niedrige, nicht kostendeckende, nicht 'gerechte' Löhne ermöglichende Preise für exotische Produkte und Dienstleistungen sind so Ausfluss der Angebots- und Nachfragelage abgesehen von
Handelshemmnissen. Das Überangebot ist schuld an verfallenden Exportpreisen. Warum Überangebot? Weil allzu viele Produzenten zu viel produzieren und anbieten. Warum? Weil Produktionen der Basisstufe
der Güterproduktion, zu denen landwirtschaftliche Produkte und einfache Dienstleistungen auch exotischer Art gehören, leichter reproduzierbar sind. Forderungen, die Preise für Dritte-Welt-Produkte
und Diensten zu erhöhen, um so den dortigen Lebensstandard zu verbessern (das sei die beste Entwicklungshilfe), werden immer ins Leere laufen, denn sie ignorieren die Regeln und Gesetze, nach denen
das Wirtschaften abläuft. Höhere Preise forcieren den Anbau und das Tun. Nur Innovationen und Verbesserung der Produktionsmethoden (und -verhältnisse!) schaffen Spielräume für bessere Entlohnung, im
letzteren Falle nur, wenn die Nachfrage mithält. Und: Höhere Preise wirken nachfragemindernd. Das Jammern darüber, dass "unten" von den doch erzielbaren relativ hohen Preisen zu wenig ankommt,
weil in den Zwischenstufen zu viel hängen bleibt, ist auch keine Frage von Gerechtigkeit, sondern eine solche der Konkurrenzlage in diesen Zwischenstufen. Oftmals ist der Zugang zu ihnen künstlich
behindert.
V. ZITATE-SAMMLUNG AUS DED-SCHRIFTEN - EINBLICKE UND PROBLEME
"Wirklich gute Projekte sind nämlich gar nicht so einfach zu finden." "Das europäische Entwicklungsmodell kann nur nachgeahmt werden - eine eigenständige landwirtschaftliche Entwicklung fördert es nicht." "Das europäische Entwicklungsmodell ist zu energieintensiv, zu kapitalintensiv, macht Menschen arbeitslos, treibt sie in überfüllte Städte ..." "Mechanisierung und Modernisierung steigern die technologische und wirtschaftliche Abhängigkeit. Kleinräumige Selbstgenügsamkeit ist ... die beste Sicherheit." "In Praxis und Theorie erfahrene Landwirte gehen irgendwo hin und meinen, sie wüssten, was dort zu tun ist. Was wir heute als besseren Weg erkannt zu haben glauben, kann morgen wieder genauso falsch gewesen sein." "Aber allzuviele Projekte orientieren sich an einer von oben verordneten Entwicklung, ohne die Landbevölkerung in die Lage zu versetzen, ihren Weg zu erkennen und eigene Perspektiven zu entwickeln." "Mit Erstaunen muss festgestellt werden, wie wenig die Genossenschaftsbauern überhaupt fähig sind, eine Führungsposition in ihrer Produktionsgenossenschaft einzunehmen." "Für mich ist ... klar, dass wir, wenn wir 'Entwicklung' betreiben, uns nur verwickeln." "Auf die Frage nach der Entwicklung ihrer Betriebe in den letzten 10 Jahren halten 60 % die Veränderungen für negativ." "Während Sambia in vorkolonialer Zeit eine eigene Eisenverhüttung kannte, unterrichten heute europäische Entwicklungshelfer Sambier im Schmieden." "Es geht nicht ohne gesellschaftliche Veränderungen." "Soll der Ertrag steigen, muss die traditionelle Arbeitsteilung diskutiert und verändert werden." Veränderung: "... d. h. z. B. ihr Vieh auch vermarkten, was gleichzeitig den größten Traditionseinbruch bedeutet." "Es war sehr interessant, mit wieviel Phantasie und auf welche unterschiedliche Arten sie den Anbau ausprobierten. Ein Versuchsplan hätte nie so umfangreich sein können." "Der besondere Ansatz des Projekts ist es, nur mit den Mitteln und Werkzeugen, die den Bauern zur Verfügung stehen ... zu arbeiten." "... warum wir die Vergabe von Lebensmitteln als 'Bezahlung' ablehnen. Denn sie sollen einsehen,dass sie nicht für das Projekt, sondern für sich selber arbeiten." "Der Arzt ist ein Gott und alles was er tut und sagt, ist richtig und dass man eben 2 Tage bei der Versicherung herumstehen muss, ist normal." "Von Mitbestimmung und eigener Verantwortung wollten sie" (eine Crew, Kinder zwischen 6 und 16 Jahren) nichts wissen." "Gegen unseren Willen trugen wir als Entwicklungshelfer dazu bei, eine Entwicklung zu fördern, die nicht den Bedürfnissen der Leute entsprach." "Es ist vielmehr wichtig, dass insbesondere das logische und auch das abstrakte Denken gefördert wird." "Kenianischen Schülern wird sinnloses Wissen vermittelt" "Es wird ihnen vorgegaukelt, dass eine Verbesserung des Lebensstandards nur mit europäischer Bildung zu erreichen wäre." "Dass die traditionelle, afrikanische Gesellschaft ein viel besseres System entwickelt hatte, als wir Europäer, um die ... Jugendlichen auf das Erwachsenenleben .. vorzubereiten." "Die Sekundarschüler scheinen sich über jede Art von Handarbeit erhaben zu fühlen." "Nahzu alle Unterrichtsfächer ließen die sozio-kulturellen Traditionen der afrikanischen Gesellschaft außer Acht." Zuletzt: Halbseitiges Bild. VW-Bus. "Au Peuple de Haute-Volta, la Republique Federale D'Allemagne." Sitzt ohne Räder im Sand.
Fazit: Aus der Lektüre mehrdutzender Entwicklungshilfeberichte war der Eindruck zu gewinnen, dass jeder Entwicklungshelfer vor Ort das Rad - sein Rad - wieder zu erfinden hatte. Die Tatsache, dass es anderswo und vor Zeiten längst erfunden wurde, half ihnen nur bedingt weiter.
VI. FALSCHE ANSÄTZE FÜR ENTWICKLUNGSHILFE?
Die vielen Berichte von Entwicklungshelfern irritieren und verdeutlichen zugleich. - Wenn zwischen materieller und immaterieller Entwicklungshilfe unterschieden wird, so ist darüber nachzudenken, ob quantitativ und qualitativ Schwerpunktverschiebungen opportun sind. Zuvor wurde aufgezeigt, dass es für die heimische Wirtschaft als ganzer letztlich nicht von Belang ist, wie die Gewichte verteilt werden. Wir meinen daher, dass Entwicklungshilfe eher immaterieller Natur sein sollte. Die materielle Form sollte dem in Drittweltländern entstehenden normalen handelswirtschaftlich ent-stehenden Nachfragepotential an Gütern überlassen werden. Pumpen können auch in Afrika produziert werden, mindestens in Lizenz. Immerhin benötigt man dazu Werkzeugmaschinen, die man zweckmäßigerweise in Europa oder Amerika oder neuerdings auch in Asien kaufen kann.
Überhaupt ist eine grundsätzlichere Sichtweise von Nöten. Vor der Kolonialisierung mit ihren katastrophalen Zerstörungen und Verzerrungen überlebten Jahrtausende lang autochthone Lebens-, Kultur- und Gesellschafts-formen. Die Frage ist, ob Entwicklungshilfe nicht in vermehrtem Maße diese verschütteten Formen erforschen und wieder ins Bewusstsein der Völker und Stämme hervor holen sollte, um wenigstens teilweise dort anzusetzen. Das mag den heutigen - durch die Schule der Kolonialmächte gegangenen - Machthabern weniger gefallen, fürchten sie doch, dass dadurch die Entstehung von "Nationen" verhindert wird. Doch: Deutschland ist auch nicht dadurch geworden, dass die Bayern weniger bayrisch, die Hessen weniger hessisch fühlten. Die Idee des Zusammengehörens ist eher über-gespannt, wie ein Schirm, unter dem die Völker Zuflucht suchten, und sei es durch die Idee des 'RICHE'. (Grave über I ist nicht darstellbar.)
Nochmals, die imperial ausgerichtete Fremdbestimmung hatte verheerende Auswirkungen. Es war und ist nichts Fragwürdiges am Kampf gegen den Kolonialismus. Aber er war eine historische Periode und folglich irreversibel wirksam. Auch der Kommunismus wird für immer Wirkungslinien zeichnen. Nichtsdestoweniger ist das Zurück zu den geistigen Wurzeln in aller Rationalität zur Gewinnung neuer Ausgangspositionen notwendig. Die Roots hatten so gesehen auch ihre Übel; man denke an die Bäche von Blut, die die Azteken- und Majatempel herunterflossen. Folgeverpflichtung der Kolonialisierung ist das Auffinden der Bedürfnisse der Entwicklungsländer. Sie zu definieren, kann nicht unsere Aufgabe sein.
Überhaupt: Wenn akzeptiert wird, dass autochthone Kultur der Kritik entwickelter Länder weitgehend entzogen sein muss, dass originäre Qualität zu bejahen ist (welche Anmaßung!), dann ist die Rückfrage berechtigt, wie es denn mit dem Wissens- und Fähigkeitsgefälle Geber/Empfänger bestellt ist, wenn der Hilfe erst ein aufwendiger Lernprozess voran gehen muss. Nur wenn ein Gefälle zu konstatieren ist, kann Entwicklungshilfe überhaupt vonstatten gehen. Dabei ist das Gefälle nicht aus unserer Sicht zu messen, sondern aus der Bedürfnislage der Entwicklungsländer. Nur echte Defizite sind anzugehen, denn, wie Mr. Barno aus Ghana in den 70er-Jahren meinte: "Hilfe ist demütigend." Man müsse zu Unabhängigkeit und somit zur freien Zusammenarbeit mit Partnerschaft zu beidseitigem Nutzen kommen.
Hilfe ist uneigennützig. So wird die Geschichte bei uns aber keinesfalls gesehen. Rechtzeitig wurde bei uns erkannt, dass ein Entwicklungshilfeministerium in Wirklichkeit ein Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit ist, was dann leider die Tür offen hält für die Subventionierung von Untergrundbahnen in China, bloß damit bestimmte Firmen Exporterlöse erzielen, die sie nicht gewinnen, wenn sie als schlichter Handelspartner auftreten müssen. Man vergesse nicht, dass sogar Arbeitslose über die Mehrwertsteuer solche Dividendenabsicherungsaktionen mitfinanzieren.
Die Tatsache, dass Entwicklungshilfeprojekte immer wieder in sich zusammenfallen, sobald das Projekt übergeben wurde, der Entwicklungshelfer abgezogen ist - VW-Bus liegt ohne Räder im Sand - irritiert. Offensichtlich bedarf es fast einer Dauerbetreuung, was die Anfrage provoziert, ob denn nicht Dauerpatenschaften - Krankenhaus Düsseldorf - Buschkrankenhaus - als Fortsetzung geeignet wären. Wir haben noch nie über Derartiges in der Zeitung gelesen, wie überhaupt eine entwicklungshelferische Reportage im Blätterwald wohl vergeblich gesucht werden müsste.
Bei der immateriellen Hilfe gibt es Klagen über anzutreffende Ineffizienz medizinisch- und schulisch-bürokratischer Strukturen und entwicklungspolitische Überlegungen zur Abhilfe. Insofern solche Erscheinungen aber nicht zurück zu führen sind auf Unvermögen, sondern auf genuine oder gewachsene Mentalität, vertreten wir die Meinung, dass unter solchen Ansätzen eine Entwicklungshilfe nicht zu rechtfertigen ist. Man muss die Entwicklungsländer in solchen Verhältnissen leben lassen, so lange, bis Eigeninitiative und Eigenerkenntnisse zu Korrekturen führen. Schließlich müssen wir hier in Deutschland auch mit Verkrustungen und Überregulierungen, die das Sozialprodukt um Milliarden niedriger halten, leben, ohne dass jemand außerhalb auf die Idee käme, bei uns für Abhilfe zu sorgen. Zugegeben: Wenn dies bei uns des Einzelnen Zuwachs an Wohlstand bremst, geht es dort um's Überleben. Was wollen wir aber tun, wenn dem Somali des Clans X es völlig gleichgültig ist, dass das Vieh des Nachbarclans verdurstet, weil dessen Brunnen versiegt ist? Und wenn die durstige Sippe gar nicht auf den Gedanken kommt, vom Nachbarn Hilfe zu bekommen geschweige denn darum zu bitten?
VII. EXPERIMENT SLUMSANIERUNG
Die Zustände in Slums vermitteln ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit, der Ohnmacht. Zorn bei solchen Slums, die sich als Korona eines relativ entwickelten städtischen Zentrums darbieten. Hier
scheint uns schlichte menschliche Unzulänglichkeit am Werke zu sein, Gleichgültigkeit, Stumpfheit, Korruption. Indolenz ist das Schrecklichste.
Noch schlimmer sind viele Bevölkerungsagglomerationen ohne Kernstrukturen. Das Chaos an sich. Geronnene Hilflosigkeit nicht nur im Innern, sondern auch beim menschlichen Drumherum, und sei es tausende Meilen vom Ort entfernt. Betroffenheit führt nur noch zur seelischen und moralischen Beelendung.
Hilfe von außen? Wenn sie denn geschah oder geschieht, gibt es Erfolge durchschlagender Art? Nein. Dabei: Slums wimmeln von Menschen. Trotzdem ereignet sich eine nennenswerte Produktion von Tauschgütern in den Slums nicht. Trotzdem sind diese Menschen nicht ohne Tauschgut. Viel Arbeitskraft liegt brach. Es fehlt die Nachfrage nach ihr, und wenn es solche gibt, dann ohne adäquate Entlohnungsbereitschaft.
Hilfe von außen? Wenn sie denn geschah oder geschieht, gibt es Erfolge durchschlagender Art? Nein. Dabei: Slums wimmeln von
Menschen. Trotzdem ereignet sich eine nennenswere Produktion von Tauschgütern in den Slums nicht. Trotzdem sind diese Menschen nicht ohne Tauschgut. Viel Arbeitskraft liegt brach. Es fehlt die
Nachfrage nach ihr, und wenn es solche gibt, dann ohne adäquate Entlohnungsbereitschaft. Änderte sich etwas, wenn durch Alphabetisierung und Steigerung der Kenntnisse und Fähigkeiten diesem im Slum
angesiedelten Arbeitskraftpotential Qualität zuwüchse? Würde ein Slumbewohner, der der Außenwelt rare Fähigkeiten anzubieten hätte, nicht alsbald den Slum verlassen? Kann so die Austrocknung von
Slums gelingen? Wir trauen uns kein Urteil zu.
Rein theoretisch ein anderer Ansatz: Isolieren wir das stinkende Gebilde, die Käseglocke darüber. Schauen wir einstweilen woanders hin. Nicht an einen anderen Ort, sondern in eine andere Zeit und
vermerken wir vorab, dass Leben nur möglich ist, wenn in irgend einer Form gewirtschaftet wird.
Ohne weitere Erklärung seien einige Begriffe hier her gesetzt: Naturalwirtschaft, Hauswirtschaft, Tauschwirtschaft, Geldwirtschaft. Wir hegen den Verdacht, hier bei uns könne sich kaum noch jemand vorstellen, dass ein Gemeinwesen unter der Bedingung der reinen Tauschwirtschaft existieren kann. Hat sie aber. Kann verabsolutiert werden, wenn Gold, Edelsteine, Kaurimuscheln, Salzstücke, Sklaven als Tauschgüter gesehen werden. Und Hauswirtschaft gar! Dabei hat diese Form graduell bis in unsere hochtechnisierte Gesellschaft überlebt, gedeiht, - wenn man großzügig so will - als Do-it-your-self-Method.
Visionen sind oft mit Naivität, Eindimensionalität und anderen realitätsfernen Eigenschaften behaftet. Sie bedürfen der
Vereinfachung, weil komplizierte, komplexe, verwinkelte geradewegs implodieren. Abstraktionen erhalten sie am Leben. - Da kommt einer mit dem Rezept, eine räumlich und personal abgegrenzte,
abgeschottete Slumzone zu schaffen. Maßgeschneiderte Käseglocke mit bemessenen Löchern. Mit Menschen drin, freiwillig. Das ganze Studienob- und -subjekt. Alles ist definiert und kontrolliert
inklusive Hilfe von außen. Es gibt eine Slumregierung, Slumgesetze, Slumverwaltung.
Die Bedürfnisse sind standardisiert, per Start sind sie auf Slumniveau umrissen und garantiert. Es geht weniger um materielle Einschleusungen (inputs) als vielmehr um sinnvolle, rationale
Nutzung vorhandener, wenn auch geringer Potentiale (Selbstentfaltung). Leister und Empfänger sind gruppenidentisch; die Käseglocke führt zu einem streng geschlossenen Kreislauf im primitiven
Wirtschaften. Dann beginnt das Experiment:
Nach innen gelangt also nur Hilfe durch Vermittlung von zweckausgerichteten Fertigkeiten, durchaus arbeitsteilig. Wer nicht arbeitet, muss die Käseglocke verlassen. Lebenswichtiges, noch nicht Vorhandenes, z. B. medizinische Versorgung, geschieht extern. Aufstockende Bedürfnisbefriedigung verläuft rational Schritt für Schritt. An einem bestimmten Entwicklungspunkt wird zur räumlichen und personalen Ausweitung geschritten. So sukzessive immer weiter. Erst wenn ein bestimmtes Potentialniveau im geschlossenen Kreislauf erreicht ist, beginnt die behutsame Verzahnung bzw. der gesteuerte Austausch mit der externen Umwelt, nicht schicht-, sondern "biotopweise" zum Zwecke der Integration. Historische Wirtschaftsweisen und -entwicklungen sollen im Zeitraffer ablaufen. Die Interdependenz zwischen innerer Entwicklung und Phasenausweitung wird genau studiert und dokumentiert. Schlusspostulat: Heilige Einfalt: Das Rad soll neu erfunden werden!
Dieser Vortrag hat eine verbale Version erlebt, bei Kaffee und Kuchen bei sommerlichem Wetter. Zwei geduldige Zuhörer, staatlicher
und kurialer Provenienz, entwicklungspolitisch maßgebendst. Gequälter Stoßseufzer: Soll denn das Rad noch einmal erfunden werden? - Nein, wenn wir einem ausführlichen Bericht über ein solches
erfolgreich verlaufenes Experiment begegnen. Wenn ja, warum laufen solche Projekte nicht im Dutzend? - Etwa, weil jeder wie der DED "von dem Recht der Bevölkerung auf selbstbestimmte Entwicklung"
ausgeht? Haben Slums kulturelle Wurzeln? Keimt dort irgendwo ein Gedanke, der nach Selbstbestimmung aussieht? Im Slum fängt jeder Anfang an beim Punkte Null!
Kosten und Liquidität (Exzerpt aus der Diplomarbeit des Herausgebers, 1955 und aus Ernst Lang, Die Kostenrechnung der gemeinnützigen Wohnungsbetriebe, Radolfzell 1958 - Zitate sind gekennzeichnet, Fundorte nicht komplett wiedergegeben.)
A. DAS PROBLEM
1. Liquiditätsrechnung ist nicht gleich Kapitalrechnung. Erstere betrifft die Zahlungsfähigkeit, letztere die Kapitalausstattung im Sinne der Betriebssubstanz. Die Liquiditätsrechnung operiert mit den Begriffen "Ausgaben" und "Einnahmen", nämlich von Geld bzw. Geldsurrogaten. Die Kapitalrechnung arbeitet mit dem Begriffspaar "Kapitaleinsatz" und "Kapitalersatz".
2. Die Kostenrechnung als Teil der Betriebsabrechnung korrespondiert mit der Liquiditätsrechnung in der Weise, dass die Kostenrechnung auf die Liquiditätsrechnung einwirkt. Es ist eine direkte und eine indirekte Einwirkung zu unter-scheiden. - Zum besseren Vergleich und um Verwechslungen zu vermeiden, sei zunächst nochmals kurz auf die Zusammenhänge der Kostenrechnung mit der Kapitalrechnung eingegangen.
Nicht jeder Kostenanfall bedeutet Kapitaleinsatz. Dieses Merkmal eignet lediglich den Anschaffungskosten, wobei daran erinnert sei, dass Anschaffungskosten nicht gleich originäre Kosten (Originäre Kosten: Anschaffung und Verwendung der Güter bzw. Dienste fallen zeitlich gesehen auseinander, wobei die Verwendung u. U. ratenweise erfolgt. Beispiel Abschreibungen. Es gilt: Anschaffung jetzt - Verwendung später.) sind. Anschaffungskosten sind z. B. auch die simultanen Kosten. (Simultane Kosten sind Verwendungs- und Anschaffungskosten in einem. Anschaffung und Verwendung fallen zeitlich zusammen: Anschaffung jetzt - Verwendung jetzt.) Diese sind Anschaffungs- und Ver-wendungskosten in einem. Verwendungskosten bedeuten Leistungseinsatz. Für solche Leistungen ist der Kapitaleinsatz früher erfolgt - eben bei der Anschaffung.
Nun zur Liquiditätsrechnung. Ganz allgemein, d. h. noch ohne Abgrenzung, ist zu sagen, dass die Kostenrechnung in direkter Weise nur mit der Liquiditäts-Sollseite, d. h. mit der Ausgabenseite der Liquiditätsrechnung zusammenhängt. Hinsichtlich der Einnahmenseite ist lediglich ein indirekter Zusammenhang festzustellen.
3. Kosteneinsatz bedeutet nicht immer Ausgaben. Einmal können wiederum nur Anschaffungskosten, nicht aber Verwendungskosten Ausgaben werden. Zum anderen sind aber auch die Anschaffungskosten - projiziert auf den Zeitpunkt der Anschaffung der Leistung bzw. der Kostenentstehung - nur zum Teil gleichzeitig Ausgaben.
Anschaffungskosten können vielmehr früher jetzt oder später (Vorauszahlung) (sofortige Kasse) (Ziel) zu Ausgaben werden.
Bei früherer Bezahlung ergibt sich die Kette Ausgaben - Forderungen - Anschaffungskosten bei späterer Anschaffungskosten - Verbindlichkeiten - Ausgaben.
4. Verfeinernd ist darüber hinaus noch die konkrete Gestalt der bezogenen Leistung zu berücksichtigen, wobei vereinfachend angenommen sei, dass keine Forderungen bzw. Verbindlichkeiten entstehen, also die Bedingung "sofortige Kasse" gilt. Bei sofortiger Barzahlung einer angeschafften Maschine stimmt der Kostenanfall zeitlich mit der Entstehung von Ausgaben überein. Anders z. B. bei Stromkosten. Hier fließen die Leistungen permanent zu und werden auch permanent verwendet, gewissermaßen in unendlich kleinen Teilquanten. Eine Bezahlung erfolgt dagegen angenommen monatlich einmal. Hier kann nicht mit Forderungen bzw. Verbindlichkeiten gearbeitet werden, sondern an die Stelle dieser tritt die Aktive bzw. Passive Rechnungsabgrenzung.
5. Da nur Anschaffungskosten zu Ausgaben werden, kommen nur folgende Kostenkategorien in Frage: a) originäre Kosten, b) simultane Kosten, c) betriebsimmanente Kosten - die Anschaffungskosten im Sinne des "Verfügbarwerdens" sind.
Derivative Kosten können nie zu Ausgaben werden und waren es auch nie. Diese Aussage ist richtig zu verstehen: Bei der Erstellung von Gebäuden bzw. bei der Anschaffung von Baumaterial entstehen wohl Ausgaben. Die Gebäudeerstellungskosten bzw. die Materialanschaffungskosten verkörpern jedoch völlig eigene Kostenarten. Die hiervon abgeleiteten Kostenarten sind eine Kategorie für sich. Sie werden sogar durch eine deutlich sichtbare Wand von einander getrennt. Als Trennwand fungieren die Kostenspeicher.
6. Nun zur Einnahmenseite. Eine Einwirkung erfolgt indirekt, auf Umwegen. Anschaffungskosten sind Kapitaleinsatz und werden zu Ausgaben. Kapitaleinsatz erzwingt aus Gründen der Kapitalerhaltung Kapitalersatz. Ausgaben erzwingen aus Gründen der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit Einnahmen. Um den Kapitalersatz und die Einnahmen zu sichern, bedarf es der Entgeltquote. Die Höhe des Entgelts beeinflusst wiederum die Liquidität. So sieht man - scheinbar wirr - die Wirkungslinien der Kosten sich durch die verschiedenen Rechnungen hindurchschlängeln, engere und losere Zusammenhänge knüpfend.
B. ABSCHREIBUNGEN UND LIQUIDITÄT
1. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung verlangt, dass getätigte Investitionen über den Preis wieder ersetzt werden. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn kein Verschleiß der Anlagen vorliegt (z.B. Grund und Boden, der im Eigentum des Betriebes verbleibt). Der Kapitalersatz erfolgt nicht automatisch, vielmehr ist dem Preis (Entgelt) erst die Fähigkeit, solches zuverlässig zu tun, zu verleihen. Es geschieht dies mittels der Entgeltrechnung, d. h. die Höhe des Entgelts wird durch Ansatz einer kalkulatorischen Abschreibungsquote entsprechend festgesetzt. Es wird unterstellt, dass der Markt die Preise akzeptiert.
2. Mit der Erfüllung dieser Aufgabe, d. h. das Hereinbringen der erforderlichen Ersatzmittel, ist das Problem aber noch nicht gelöst. Als nächstes muss dafür gesorgt werden, dass besagte Mittel auch im Betriebsvermögen verbleiben. Sie sind ja zweckgebunden und dürfen nicht etwa über den Weg der Dividendenausschüttung wieder wegfließen. Zu diesem Zweck bedarf es der Hilfe der Unternehmungsrechnung, dort der "buchhalterischen Abschreibungen". Neben der Funktion der periodischen Aufwandsverrechnung (Schmalenbach) kommen ihnen die Aufgabe der Kapitalbindung zu (Ruchti, Kosiol).
3. Die Höhe der kalkulatorischen Abschreibungen orientiert sich an den Marktdaten, die der buchhalterischen Abschreibungen an verschiedenen Abschreibungsgründen, wie technische Abnutzung, Zeitablauf, technisches Veralten etc.; darüber hinaus spielen bei den buchhalterischen Abschreibungen aber noch vielfach steuer-, dividendenpolitische und juristische Beweggründe mit herein. So kann es sein, dass die buchhalterischen Abschreibungen u. U. höher als die kalkulatorischen Abschreibungsquoten sind und umgekehrt. Im ersteren Falle werden in der Unternehmung mehr Mittel gebunden, als es der kalkulatorischen Quote im kalkulierten Entgelt entspricht. Die Sachlage ist dann so, dass die Bindungswirkung der buchhalterischen Abschreibungen in die Einnahmen übergreift, die etwa aus einem kalkulatorischen Gewinnansatz resultieren. Bei indirekter Abschreibungsmethode (Le Coutre) erscheinen dann in der Wertberichtigung Beträge, die in Wirklichkeit echtes Eigenkapital darstellen und nicht nur temporäres. Sie werden aber durch das Auslaufen des Abschreibungsaufwandes (buchhalterische Abschreibungen) wieder frei gesetzt, wenn weiterhin kalkulatorische Abschreibungsquoten verrechnet werden. Die Höhe des genannten Betrages entspricht der Differenz zwischen dem kalkulatorischen Abschreibungsrestwert und dem buchhalterischen.
Im zweiten Falle kommen in den Betrieb mehr Mittel herein, als gebunden werden. Das hat zur Folge, dass diese Kapitalersatzquoten sicherlich als Gewinn ausgeschüttet werden. Andererseits läuft die Kalkulation früher aus, als die Aufwandsrechnung. Es wird also etwas gebunden, was gar nicht kalkuliert wurde. Bei knappem Entgelt wird so die buchhalterische Abschreibung als Verlust auf der Sollseite der Unternehmungsbilanz wieder erscheinen. - Aus diesem Tatbestand ist die Lehre zu ziehen, dass die kalkulatorischen Abschreibungen notfalls nicht entlang sämtlicher Marktmöglichkeiten zu bemessen sind. Das ist aber ein sekundärer Ausweg. Besser ist es, die Marktmöglichkeiten voll auszuschöpfen, d. h. so schnell wie möglich den Kapitaleinsatz zu ersetzen und andererseits die buchhalterischen Abschreibungen entsprechend höher anzusetzen: Die buchhalterischen Abschreibungen dürfen nicht niedriger sein als die kalkulatorischen. Man vergesse dabei nicht: Es ist nicht die Rede von Abschreibungskosten!
4. Kosten-(Kapital-)speicher können Eigenkapital und Fremdkapital enthalten. Das Hauptinteresse gewinnt dabei die Trennung des Fremdkapitals vom Eigenkapital. Greifen wir nun aber einen einzelnen Vermögenswert der Aktivseite der Bilanz heraus, z. B. das Verwaltungsgebäude, so können wir nicht erkennen, ob in ihm eigene oder fremde Mittel investiert sind. Wir wollen diese Behauptung an einem einfachen Beispiel erklären: Man denke sich ein Wohnungsunternehmen, das mit zwei Miethäusern arbeitet. Beide Gebäude wurden zur gleichen Zeit und zu denselben Kosten erstellt. Die Mittel hierzu stammen zur Hälfte von fremden Geldgebern. Nun können wir dreifach argumentieren:
a) Gebäude Nr. 1 wurde nur mit Eigenkapital finanziert; Gebäude Nr. 2 nur mit Fremdkapital. b) Wir können dies bestreiten und das Umgekehrte sagen c) Oder ist es gar richtiger, jedes der Bauwerke als je hälftig mit Eigenkapital und Fremdkapital finanziert anzusehen?
Übertragen wir diesen Gedankengang auf einen Betrieb mit einer Vielzahl von Vermögenswerten, so erhalten wir umfangreiche Variationsmöglichkeiten, ja geradezu ein gedankliches Finanzierungspiel. (So auch Sellien, Finanzierung und Finanzplanung, o.J.)
Aber gerade für unsere Überlegungen benötigen wir eine halbwegs greifbare Finanzierungsbasis. Eine für unsere Zwecke genügende Lösung stellt der bereits besprochene Finanzierungsplan dar. Einen solchen stellen wir im Zeitpunkt der Anschaffung auf und fixieren damit die Art der Finanzierung.
5. Wir unterstellen, dass im Folgenden die buchhalterischen den kalkulatorischen Abschreibungen entsprechen und der Markt diese Entgeltsraten auch vergütet. Die Differenz zwischen dem ursprünglichen Anschaffungswert eines Anlagegutes und dem gegenwärtigen buchhalterischen Abschreibungsrestwert bzw. die Summe, die bei indirekter Abschreibungsmethode unter der Position Wertberichtigung ausgewiesen ist, floss dann - ceteris paribus - bereits wieder in den Betrieb herein. Bis zur Ersatzbeschaffung (Über den Lohmann-Ruchti-Effekt im Zusammenhang mit der Tilgung siehe sogleich.) kann über diese Mittel anderweitig verfügt, beispielsweise in Forderungen angelegt werden. Sie müssen aber mindestens zum Betrieb in bar zurück fließen, bevor die Nutzungsdauer der Abschreibungsquelle abgelaufen ist. Aus diesem Grund bezeichnet le Coutre die Wertberichtigungsposten auch als "temporäres Eigen-kapital". (le Coutre, Grundzüge der Bilanzkunde und Bilanzrecht und Gesellschaftsbilanzen.) Es fragt sich aber, ob die Beträge der Position Wertberichtigung ohne bestimmte Voraussetzungen immer "temporäres Kapital" darstellen. In den Betrieb hereingeflossen sind die Gegenwerte der kalkulatorischen Abschreibungsquoten stets. Um aber zum eigentlichen Problem zu kommen, bedarf es einer Modifikation, indem wir untersuchen, ob sie noch "greifbar" sind. Die Frage ist zu bejahen bei Finanzierung des Anlagevermögens mit Eigenkapital, nicht aber, wenn die investierten Mittel Fremdkapital verkörpern. In diesem Falle müssen wir das Fremdkapital tilgen: die kalkulatorischen Abschreibungsquoten und die Tilgungsbeträge stehen in einem engen wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhang. Die Mittel zur Tilgung werden von der kalkulatorischen Abschreibungsquote begrenzt, denn die anderen Entgeltteile sind den übrigen Kapitaleinsatzquoten zugeordnet. (Der Gedanke, dass die Gegenwerte der kalkulatorischen Abschreibungsquoten zur Fremdkapitaltilgung verwendet werden, ist natürlich nicht neu, sondern in Praxis und Literatur bekannt. - Sellien, Bormann/Flender/Thiele.) Im allgemeinen wird das Postulat aufgestellt, Anlagewerte nur mit Eigenkapital zu finanzieren. Die Finanzierung mit Fremdkapital ist aber in der Wohnungswirtschaft die Regel und in anderen Wirtschaftsbereichen vielfach üblich! Es ist deshalb erforderlich, die Finanzierungsseite zu beachten und daran zu denken, dass die Wertberichtigungen immer um die Tilgung zu kürzen sind, wenn man erfahren will, wieviel Abschreibungsmittel noch greifbar sind. Zu diesem Zwecke können die entsprechenden Summen in einer Vorspalte der Position Wertberichtigungen als "temporärer Teil der Wertberichtigung" ausgewiesen werden.
Wenn im Übrigen Bußmann sagt, dass eine Fremdkapitaltilgung aus Abschreibungsmitteln eine "Auszehrung der Betriebssubstanz und damit eine Verminderung der Leistungsfähigkeit zur Folge hat, so ist das zwar richtig, jedoch nur bedingt, d. h. relativ (Bußmann, die Problematik der gegenwärtigen Industriefinanzierung .. - Vortrag Betriebswirtschafter-Tagung 1955). Es ist keine Ausweitung der Kapazität auf Grund des Lohmann-Ruchti-Effektes mehr möglich. Eine Schrumpfung der Kapazität muss nicht die Folge sein, denn solange abgeschrieben wird, sind die Maschinen etc. ja weiterhin voll tätig (le Coutre).
6. Unsere Überlegungen sind noch weiter zu führen. Der Regelfall ist, dass die Tilgungsdauer und damit der Tilgungssatz kürzer bzw. höher als die Abschreibungsdauer bzw. der Abschreibungssatz ist. Es ergibt sich so ein Fehlbetrag, den wir "negatives temporäres Eigenkapital" nennen wollen. Soll es abgedeckt werden, so müssen noch weitere Kapitalquellen in Anspruch genommen werden, um die Liquidität nicht in ernstem Maße zu gefährden bzw. um überhaupt Tilgungen auf das Fremdkapital tätigen zu können. Unter diesen Voraussetzungen bindet z. B. ein Gebäude einmal das ursprünglich in den Finanzierungsplan eingestellte Eigenkapital, zum anderen zusätzliche Quellen, sei es, dass der Gegenwert des kalkulatorischen Eigenkapitalzinses, die Entgeltquote des kalkulatorischen Gewinnes oder weiteres Fremdkapital herangezogen werden müssen.
Entwicklungsmäßig gesehen steigt das negative temporäre Eigenkapital in jedem Jahr um die Differenz zwischen buchhalterischer Abschreibung und Tilgungsleistung, und zwar so lange, bis das Fremdkapital getilgt ist. Hernach nimmt es wieder ab, jedes Jahr um die jährliche buchhalterische Abschreibungsquote, bis das Fremdkapital bei den aktiven Herstellungs- bzw. Anschaffungswerten "abgeschrieben" ist. Erst ab diesem Moment ist in der Position Wertberichtigung temporäres Eigenkapital enthalten. Diese steigt nun um die jährlichen buchhalterischen Abschreibungsquoten - da jetzt nur noch Eigenkapital bei den aktivierten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten abzuschreiben ist.
Die Frist bis zum Zeitpunkt, da das negative temporäre Eigenkapital am höchsten ist, ergibt sich aus der Tilgungsdauer bzw. dem Tilgungssatz, d. h. sie ist gleich der ersteren. Etwas mehr Schwierigkeiten bereitet die Ermittlung der Zeitfrist bis zum Zeitpunkt, da die Abschreibung auf Fremdkapital übergeht in diejenige auf Eigenkapital. Drücken wir das Gesagte rechnerisch aus, so erhalten wir folgende Formel:
y1 = a + a(T-A) : A
wobei a die Tilgungsdauer, T die Tilgungsquote, A die buchhalterische Abschreibungsquote und y1 die Frist, die zu ermitteln ist, darstellt. Die kalkulatorische Vollabschreibung ist der Punkt Z. Der Höchstwert des negativen temporären Eigenkapitals lässt sich mit der Formel
w = a(T-A); a'T= S = Fremdkapital = aT - aA = S - aA
feststellen.
7. Der Lohmann-Ruchti-Effekt unter dem Aspekt der Fremdkapitaltilgung. Zunächst sei an dieser Stelle hervor gehoben, dass der Lohmann-Ruchti-Effekt eigentlich Polak-Effekt (Polak, Grundzüge der Finanzierung mit Rücksicht auf die Kreditdauer, Berlin 1926) zu nennen ist, denn dieser war es, der die Wirkung der kalkulatorischen Abschreibungen in dieser Richtung mit seinem Schiffebeispiel demonstrierte. Um was handelt es sich nun bei diesem Effekt? Wir wollen ihn kurz mit den Worten Hartmanns (Finanzierung und steuerliche Abschreibung, ZfB, 11/1956) erläutern:
Man denke sich eine Gruppe von zehn gleichartigen Maschinen. "Die Abschreibungserlöse der zehn Maschinen am Ende des ersten Jahres werden zur Beschaffung einer elften Maschine benutzt. Am Ende des zweiten Jahres wird eine zwölfte Maschine angeschafft usw. Dieser Prozess lässt sich jedoch nur bis zur achtzehnten oder neunzehnten Maschine fortsetzen, weil die ursprünglichen Maschinen und auch die späteren Erweiterungsinvestierungen ersetzt werden müssen."
Zur vollständigen Erfassung des Problems muss nun aber sofort weitergehend gesagt werden, dass diese Folge nur gilt, wenn Eigenkapital zur Finanzierung verwendet wurde. Sofern in der Praxis mit diesem Effekt "Betriebspolitik" gemacht wird, ist nachdrücklichst darauf hinzuweisen, dass der Polak-Effekt in dem Maße aufgehoben wird, als Fremdkapital im Finanzierungsplan eingestellt wurde. Mindestens bei Tilgungshypotheken müssen die Gegenwerte der kalkulatorischen Abschreibungsquoten zur Tilgung verwandt werden und können nicht der Expansion dienen.
Zwangsversorgung und eigenverantwortliche Vorsorge (1993)
(Mit Verlaub: beim Wiederlesen des Textes nach mehr als 20 Jahren hat der Autor den Eindruck, dass etliche Passagen keinen allzu engen Bezug zum Thema haben. Die Postulate zu Modifizierungen sind aktuell wie je.)
INDIVIDUELLES HANDELN
Das Summarische. Täglich bewegen sich in Staat und Wirtschaft und Privatbereichen riesige Zahlungsströme, die jeweils die Addition von Kosten je Leistungseinheit und Einkommen je Einkommensbezieher verkörpern. Bei einer solchen formalstatistischen Division werden Durchschnitte errechnet, die als Kennziffern durchaus aufschlussreich sein können. Den Kosten wohnt als Ausgabefaktor eine "Ausgabebremse" inne, den Einkommen eine "Einnahmestimulanz".
Die Intensität ihrer Wirkung wird beeinflusst von der Transparenz: Je undurchsichtiger, je summarischer, je weniger umrissen und definiert, desto unbeeinflussbarer, unübersichtlicher und im Wachstum hemmungsloser sind diese Größen. Die Bildung von "Töpfen" bewirkt nur scheinbar bessere Einblicke, lässt sich doch durch eine Vielzahl die Unübersichtlichkeit künstlich steigern.
Allein, so schwammig und unbeherrschbar die Ströme sich zu erweisen scheinen, so absolut sind sie gleichwohl der Rechenhaftigkeit unterworfen, dem Gesetz der Mathematik. Diese Gesetze lassen sich nicht aushebeln. Immer und in jedem Falle wird irgendwo eine Gleichung ungleich und erheischt allsogleich den Ausgleich, gemacht oder automatisch: Entweder entstehen Defizite und Schuldenberge, Halden und Seen, Steuer- und Beitragserhöhungen erweisen sich als nötig, Einkommensbegrenzungen werden verhängt oder, wenn alle Manipulationsmöglicheiten ausgeschöpft sind, die Inflationsschraube setzt sich in Bewegung.
Oftmals ist es köstlich zu beobachten, wie gestandene Macher die aufgezeigte Gesetzmäßigkeit zu verdrängen ver-stehen, Tag um Tag, Jahr um Jahr. Wenn dann der Blick in einer Minute der Besinnung auf den sich aufhäufenden Scherbenhaufen fällt, geraten Regierungen und Organisationen in Hektik, ja Panik.
Das Individualisierte. Der aufgezeigte Verlauf ist besonders intensiv zu beobachten in vergesellschafteten Bereichen. Aber dies meint zunächst nur Symptomfelder. Die genauere Diagnose bringt anderes zur Erkenntnis: Es gibt Veranlassungsfelder und Verantwortbarkeitsfelder. Immer dann, wenn deren Grenzen sich nicht oder ungenügend decken, ist Missentwicklung zu beobachten.
Aber selbst wenn völlige Konvergenz angestrebt und gar erreicht ist, ist der Trend zum Aus-dem-Ruderlaufen noch nicht eliminiert. Das Summarische, das widersinnig als Element begriffen und so auch gehandhabt wird, beeinträchtigt die optimale Steuerungsmöglichkeit. - Historisch gesehen bestanden, das sei konzediert, Notwendigkeiten zu solchen Verfahren, weil anders die Unübersichtlichkeit und Nichtmanipulierbarkeit programmiert gewesen wären. Seit die Elektronik aber den Handelnden ein fast unbegrenztes Instrumentarium anhand gab und noch vermehrt geben wird, ist die Zeit des Umdenkens gekommen. Die Vielfalt der Daten ist bearbeitbar geworden. Sortieren und vor allem Zuordnen sind wichtigstes Hilfsmittel geworden.
Unter Zuordnung in einem speziellen gesellschaftlich relevanten Sinne ist hier insbesondere gemeint die Zuordnung von Daten, Zuständigkeiten und Verantwortungsbereichen an das Individuum. Dem Einzelnen, dem Element, ist Tun, Unterlassen, Verantwortung, Gestaltung zuzumessen. Man beachte, dass der Zuordnung die Zumessung beigestellt wird. Die Zuordnung ist Projektion, die Zumessung Postulat: eigenverantwortliche Verwaltung und Bestimmung, kurz Handhabung.
In einem hintergründigen Sinne geht es auch um Zentralisierung und Dezentralisierung, um Pauschalierung und Einzelabrechnung, ja, um die zumindest rhetorisch so bedeutungsvoll gewordene Subsidiarität.
Ein extremes Beispiel für unser Anliegen: In Sachen Krankenrisikoabsicherung berichtet ein Selbstzahler, deutlicher: ein Unversicherter (dass es ihn überhaupt noch gibt?) über ein erstaunliches Widerfahren: Er war drei Tage im Krankenhaus zur Herzkatheteruntersuchung und bekam vom nicht anwesenden Chefarzt Rechnungen für diese ohne Komplikation verlaufene Dienstleistung. Einmal wurde gefordert eine Pauschale von DM 1.800,-- und weiters ein Honorar von DM 4.500,--, alles lt. der sog. GOÄ = Gebührenordnung für Ärzte. Ohne die Berechtigung der Betrags-höhen beurteilen zu wollen und zu können: Der Berichterstatter fühlt sich geschröpft. Weiters geht er davon aus, dass seine Krankenkasse, wäre er denn versichert gewesen, diese Forderung kommentarlos beglichen hätte.
Stimmte diese Annahme, bräuchte eigentlich nichts mehr dazu gesagt werden. Es sei aber noch ein Satz in diesem Zusammenhang zitiert: "Wer wundert sich jetzt eigentlich noch, dass die Krankenkassenmitglieder gegen die Erhöhung der Selbstbeteiligung an den Arzneimitteln endlich, endlich Sturm laufen". Da kann man schon ins Stutzen geraten ob solcher Schlussfolgerung.
DIE VORSORGE GEGEN LEBENSRISIKEN
Prinzipien. Unbestritten ist, dass die gemeinschaftliche Risikobewältigung der individuellen überlegen ist. Die Gründe: Es gibt Risiken, die sind groß, ihr Eintreffen beängstigend wahrscheinlich, so dass der Einzelne mit ihrer Abdeckung überfordert ist. Da ist nicht nur die Problematik des Beginns der Absicherung. Das Risiko besteht von Anfang an, die individuelle Vorsorge stockt sich allenfalls nur nach und nach auf. Bei der Verteilung des Risikos auf eine möglichst große Zahl von Risikoträgern entfallen auf den Einzelnen nur relativ geringe Anteile, deren Übernahme eine tragbare Belastung darstellt. Ins Absurde gleitet diese Lösung allerdings ab, wenn die Risiken so häufig und dicht gesät sind, dass das Betroffenwerden des Einzelnen der Versicherungsgemeinschaft zur Regel wird, ja ein Druck entsteht, bei hoher Einzelbelastung ein "Wiederherausholen" der Beiträge üblich zu machen. Diese dialektische Erscheinung ist uns keines-falls fremd.
Eigentlich sind, was die Realisierung des Versicherungsgedankens anbetrifft, im Weiteren nur zwei Grundvarianten möglich: Entweder man praktiziert die Umlage oder die Ansparmethode. Das Umlageverfahren verlangt eine Versicherungsgemeinschaft, die Ansparmethode kann in Eigenregie betrieben werden oder aber über Fremdinstitutionen. Sofern die Absicherung in Gemeinschaften geschieht, können diese privatwirtschaftlich offen umrissen oder vergesellschaftet genau definiert sein.
Da eine Nichtvorsorge in heutiger Zeit keinesfalls bedeutet, dass Betroffene dem Nichtversorgtwerden anheim sinken, fallen doch die Versorgungskosten, was das Existenz- und Versorgungsminimum anbetrifft, stets zumindest zu Lasten der Gesellschaft an. Daher ist es legitim und nicht nur legal, dass die Gesellschaft durch Gesetze dem Einzelnen bestimmte Vorsorgezwänge auferlegt.
Die Aufrechterhaltung dieser Art von Vorsorge funktioniert im Großen und Ganzen. Schwierigkeiten ergeben sich aber auf der Verwirklichungsseite, der Versorgung, zwar nicht apparativ, aber finanziell - mit Rückwirkung auf die Vorsorge selbst, deren Belastungshöhe zum gesellschaftlichen Problem geworden ist. Dabei spielt es eine Rolle, ob zwischen Vorsorge und Versorgung ein zeitlicher, direktproportionaler Zusammenhang besteht oder ob durch Pufferung (Thesaurierung = Ansammlung von Finanzierungsmitteln) wiederum zeitlich gesehen ein gewisser Anpassungsspielraum gewinnbar ist.
Diese Folge ist wie selbstverständlich zu bejahen. Man könnte meinen, die Vorteile seien so sehr evident, dass nur dieses Modell in der Wirklichkeit der Risikoabdeckung anzutreffen wäre. Aber weit gefehlt, eher andersherum wird ein Schuh daraus. Nicht dass es keine funktionierenden Beispiele für die Puffermethode gäbe. Die Gründe für ihre Abwesenheit im öffentlichen System liegen eher in einem skurrilen Feld. Bei der Ansammlungsmethode gibt es einen Finanztopf. So lange in diesem noch ein Rest zu finden ist, schafft es eine öffentliche Verwaltung nicht, denjenigen Kräften auf die Finger zu klopfen, die ungeniert und durch nichts abzuhalten den Zugriff auf das Versorgungspotential üben. Besonders drastisch wurde dies ersichtlich, es ist schon Geschichte, beim "Juliusturm". (Und man glaubt es nicht, 2014 werden Zusagen gebrochen, damit ein Herr Schäuble in die vollen Sozialkassen langen kann.)
Wenn sich je ein Wille herausbildete, gesellschaftlich die Vorteile der Pufferversion in Szene zu bringen: Es müsste die persönliche Eigenverantwortung mobilisiert werden und auch das genügte leider noch nicht: Obrigkeitliche Begleitung wäre in einer Menge von Einzelfällen gefordert mit dem Anliegen, die Eigenverantwortlichkeit noch fürsorglich zu begleiten. Das ist ein vorweg genommenes Plädoyer für die Beibehaltung der Zuständigkeiten der gegenwärtig damit befassten Institutionen.
Arten. Als Beispiele der reinen Umlageverfahren kennen wir die Gesetzliche Arbeitslosenversicherung, die Gesetzliche Krankenversicherung, die Gesetzliche Altersversicherung. Die Thesaurierungsmethode ist eher bei der privaten Versicherungswirschaft anzutreffen, wenngleich es sich hier in der Praxis um Mischformen handelt.
Die private Lebensversicherung auf Erleben sammelt die späteren Auszahlungssummen an, wobei zusätzlich auf-gestockt wird durch zwischenzeitlich rentable Anlage der Mittel. (Das ist in der Gegenwart seit der Niedrigzinsphase nicht mehr möglich, weshalb dieser Versicherungszweig ein mehr oder weniger sterbender ist.) Ein Anteil des Prämienaufkommens wird abgezweigt für vorzeitige Sterbefälle. Bei diesen verhinderte der frühe Tod eine Vollansammlung der Versicherungssumme. Sie wird aufgefüllt durch die Versicherungsgemeinschaft. Dies ist nichts anderes als eine Umlage.
Auch bei der Privaten Krankenversicherung sehen wir die Mischform. Junge Versicherte zahlen einen höheren Beitrag als es dem in diesen Altersklassen anfallenden Krankenstand kalkulatorisch entspricht. Die Überschüsse werden entweder angesammelt für die Zeit des häufiger Krankseins im Alter oder aber allsogleich verwendet für die gegenwärtig Alten. Die letztere Methode kann gefährlich werden dann, wenn der Zugang an Jungen zum Rinnsal wird. Die Belastung der Alten mit Beiträgen würde unbezahlbar. Es ist bekannt, dass die privaten Krankenversicherungen wegen ihrer Politik der mangelnden Vorsorge für die Alterskrankheiten ins Schussfeld geraten sind, so sehr, dass sie bereits umschwenken. Die jungen Beitragszahler haben begonnen, die Private Krankenversicherungen zu meiden, weil ihnen bei unveränderter Prämienpolitik im Alter unerträgliche Belastungen ins Haus stehen. Der Reiz, wegen niedriger Jungbeiträge in die Private Krankenversicherung einzutreten, wird durch negative Auspizien konterkariert. - Abgesehen davon geht aber die gesetzliche Versicherungspflicht vor. Erst ab einer bestimmten Gehalts- oder Lohnhöhe ist der Weg in die private Version frei.
EINE MODIFIZIERTE VERGESELLSCHAFTETE ZWANGSVERSORGUNG
Die vergesellschaftete Vorsorge und Versorgung droht wegen ihrer Unfinanzierbarkeit zum gesellschaftlichen Sprengsatz zu werden. Tagtäglich verfolgen wir die Sanierungsversuche, die offensichtlich alle durch die Bank fragwürdig sind. (Die Steigerung der gesellschaftlichen Lohneinkommen durch die gute Konjunktur beseitigt das langfristige Problem nicht, sondern lindert nur.)
Eine Anzahl von Medien empfiehlt die Stärkung der finanziellen Selbstverantwortung insbesondere bei der Gesetzlichen Krankenversicherung in dem Sinne, dass mehr und mehr Kleinrisiken aus der Abdeckungszusage der öffentlichen Krankenkasse herausgenommen werden sollen. Ihre Kosten sollen dem persönlichen Geldbeutel der Versicherten überantwortet werden - neben den nicht entsprechend herabgesetzten laufenden Beiträgen. Das glaubt man empfehlen zu können, weil die "Eigenbelastung" überschaubar und auch steuerbar zu sein scheint. Man hofft auf den Effekt, durch persönliche Beteiligung (als ob der Beitrag keine persönliche Beteiligung mit sich brächte) die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen dämpfen zu können. Wie allerdings bei dem riesigen Sektor der Gesundheitsleistungen Erbringenden marktwirtschaftliche und daher effiziente Verhaltensweisen erreicht werden sollen, bleibt letztlich im Dunklen.
Die Vorsorge. Wir empfehlen für die vergesellschaftete Vorsorge und Versorgung eine Methodenmischung. Alle Zwangsbeitragsanteile, die die Arbeitgeber als Zuschüsse leisten, sind der zur Zeit praktizierten Umlagemethode zuzuordnen, alle Zwangsbeiträge, die der einzelne Versicherte über den Einbehalt aufbringt, verbleiben, zweckgebunden, der individuellen, selbstverantworteten Vorsorge vorbehalten. (Der einschlägig tangierte Profi lächelt müde. Als ob das funktionierte!)
Die Arbeitgeberbeitragsvolumina werden wie bislang unverändert verwaltet durch die Versicherungskörperschaften, die individuell zwangsaufgebrachten Beiträge werden bei diesen geführten Persönlichen Vorsorgekonten gutgebracht und verzinst. Diese Finanzierungsmassen fungieren als primäre Versorgungspotentiale.
Die Versorgung. Nach unserem Modell gibt es zwei mögliche Zahlungsquellen sowohl ihrer Herkunfts- bzw. Aufbringungsquelle als auch ihrer Verantwortungsbereiche nach. Während vergangene und gegenwärtige Systemheilungsversuche an der abzudeckenden Risikoqualität ansetzen (Arbeitslosenversicherung = Krankenkassenbeitragsbemessungsintensitäten, Leistungsartenmanipulationen, Leistungshöhenveränderungen; Altersversicherung = Leistungshöhenveränderungen, Krankenkassenbeitragsbemessungsintensitäten, Leistungsbeginnmodalitäten; Krankenversicherung = Negative Listen, Beschränkung der Kassenzulassung, Festbeträge u. a. m. Übrigens lauter begriffliche Monströsitäten, ihren Sachverhalten adäquat), werden hier Anknüpfungspunkte gesucht, die marktwirtschaftliche Erfordernisse möglichst weitgehend berücksichtigen.
"Jede Versicherung muss sich gegen die Plünderung ihrer Kassen ... durch vorgetäuschte, aufgebauschte oder zu verhindernde Schadenfälle schützen" (FAZ). Ein solches Erfordernis entfällt, wenn durch unsolidarisches Verhalten zunächst niemand anders geschädigt wird als der Unsolidarische selbst. Bei unserem Modell wird jeder Schadensfall, ob Bagatell- oder Großfall, zuallererst dem Persönlichen Vorsorgekonto belastet. Dieses wird von den jetzt zuständigen Institutionen verwaltet. Kosten für die Verwaltung erscheinen als Sollposten.
Es sänken die Kosten für unnötige Kuren, für unnötige Arztbesuche, für die Lohnfortzahlung, für unwirksame Arzneimittel. Mit der Gesundheit würde sorgfältiger umgegangen, der Drang, mit 58 auf Altenteil zu gehen, verschwände und empörte Ablehnung von zugewiesenen neuen Beschäftigungsmöglicheiten, orientierungslose Umschulungen unterblieben. Die Anbieter von Versorgungsleistungen, machen wir eine Kehre zu unserem Beispiel am Anfangskapitel, würden z. B. Katheteruntersuchungen auf privater Liquidationsbasis für mehr als 5000 DM sofort nicht mehr als Schnäppchen wahrnehmen. Es gäbe genug andere Untersuchungshäuser, die das für weniger Geld täten. Nicht zuletzt, die Versicherungsträger müssten sich für ihre, gewiss hohen, Verwaltungskosten rechtfertigen. Der Autor hat über Jahrzehnte hinweg den Westteil Deutschlands fast lückenlos bereist, teilweise bis zu 25 mal. Was in jeder Kreisstadt zuerst ins Auge sticht, sind die üppigen Baulichkeiten der Arbeitsverwaltung. Weitere Beispiele müssen nicht mehr ausgemalt werden. Die Beitragshöhen könnten drastisch gesenkt werden, der Fundus der Eigenvorsorge würde erstaunlich rasch bei vielen eine ausreichend verordnete Höhe erreichen, dass dann Beitragsaussetzung möglich werden würde.
Ist ein solches Modell in seinen Auswirkungen brutal, unsozial? Handelt es sich noch um eine "Versicherung"? Tragen hinsichtlich der eigenen Beitragsaufwendungen nur Geschädigte die Lasten? Werden z. B. Gesunde, Arbeitsplatzbesitzer gar nicht mehr zum solidarischen Lastentragen herangezogen? Ist es nicht eine Schändlichkeit, dass bei personenbezogener Kostenabbuchung auf diesem Konto eine gewisse Transparenz entsteht? Einschlägige Funktionäre, Politiker, Nutznießer des jetzigen Systems werden diese Fragen allesamt bejahen. In der Tat, sie haben eigentlich recht. (nicht:Recht) Aber nur eigentlich.
Nur eigentlich, weil das Vorhandensein von "persönlichen" Vorsorgeguthaben für Viele aus ideologischen Gründen von vornherein
suspekt ist; nur eigentlich, weil auch auf den Einzelnen projizierte Vorsorgepotentiale eine Versicherung verkörpern, nur eigentlich, weil auch Gesunde mit Beiträgen belastet sind, weil Gesunde in
der Regel nicht nur gesund, sondern auch mit hoher Wahrscheinlichkeit mal krank sind, Kranke umgekehrt zwischendurch wieder gesund. Diejenigen Geschädigten, deren eigener Vorsorgetopf nicht mehr
ausreicht, sind durch den Gemeintopf weiters abgesichert, diejenigen Gesunden oder Teilkranken, die einen vollen Kübel vor sich herschieben, sind wahrscheinlich nie der Allgemeinheit der Versicherten
zur Last gefallen, beide Kategorien profitieren von einer solchen Lösung über ihren geleisteten Eigenanteil hinaus. Ein Aspekt des Entgegenkommens: Anstelle von schließlich völliger
Beitragsfreiheit eine weiterlaufende, stark reduzierte Beitragseinforderung für einen Sonderfonds, dessen Erträge aus Einzahlungen und Zinseszins auf leer gewordenen Konten von Geschädigten
übertragen werden. Auf diesem Wege wäre auch ein Ausgleich dafür zu schaffen, dass Gesundsein und hohes Einkommen (= hohe und schnellere Eigentopfauffüllung) sich in der Auswirkung
addieren.
FAZIT
Der Umfang der Verfügungsmacht über Persönliche Vorsorgekonten ist eine Funktion dessen, was erreicht werden soll. Die zweckgebundene, d. h. Schaden abdeckende Verwendung ist schon erwähnt.
Die Stärkung der eigenverantworteten Verwendung wird ausbleiben, wenn personenbezogene Schadensbelastung lediglich Transparenz herstellen soll. Es muss etwas dazu kommen. Die evtl. möglich werdende
Beitragsabsenkung sollte ergänzt werden um eine Auszahlung von Zinserträgen (!!) nach Erreichen der Sollhöhe der Thesaurierung. Die Zinsenpartizipation sollte in gerader Linie
vererbbar sein, ebenso der persönliche Kapitalstock. Letzterer sollte im Übrigen unübertragbar und unveräußerlich sein. Wer weiters zu regelnde Details entdeckt, möge sie der Diskussion anheim
geben.
Eine derart praktizierte Aufstockungsmethode stellt der Gesellschaft sukzessive ungeheure Kapial- und damit Investitionspotentiale zur Verfügung. Die Arbeitslosigkeit schrumpfte auf den normalen Fluktuationssockel. Aber weiter: Wenn zu den Zukunftslasten die zu bewältigende Leistungslast der Dritten Welt, der Ostländer, der erodierenden Verhältnisse in den Wohlstandsstaaten selbst, das Versiegen der Roh- und Energiestoffe, die Zunahme der Weltbevölkerung, der Umweltschäden, alles zusammen, gezählt wird, dann kann einem nicht nur angst und bange werden, es muss.
Es ist zu prophezeien: Wenn dieser Staat (wie düster!), diese Gesellschaft, nicht von der bloßen Umverteilungsideologie (es handelt sich hierbei ja um eine so genannte "Wohlstandsversicherung") wegkommt, wenn anstatt Schulden aufhäufen nicht Vorsorgepotentiale mit ihren inhärenten Multiplikatorwirkungen geschaffen werden, ist die kommende Katastrophe programmiert. Unsere Enkel können einem jetzt schon leid tun. Die Apokalypse, genauer, das was ihre Aussage ist, steht am Horizont. (Wir finden es ärgerlich, wenn immer wieder zu beobachten ist, dass die Billionen-schulden mit scheinbar klugen Argumenten relativiert werden: Alles nicht so schlimm. Immerhin kämpfen wir 2014 immer noch und noch viele Jahre verzweifelt gegen das Drohpotential der noch fast ungebremst zunehmenden Staatsschulen auch in Europa.)
Akademikerflut? (1992)
(Diese Frage wird heute noch gestellt.)
Wenn der Deutsche Industrie- und Handelstag "eine Aufwertung der beruflichen Bildung" vorschlägt, indem die Hochschulen auch für Praktiker ohne Abitur geöffnet werden sollen, weil man so hofft, dass die Anziehungskraft des Studiums nachlasse, der Nachwuchs so in größerer Zahl im gewerklichen Sektor bliebe, so will diese Hoffnung nicht ganz einleuchten. Das sei so, als ob man den Leuten nur den Mund wässrig machen müsse, dann äßen sie nicht, sagt Reumann in der FAZ. Die Rektorenkonferenz der Hochschulen hält vom Vorschlag der Wirtschaft gar nichts, ersaufen sie doch in einer Studentenflut ohne Maßen. Und der Staat komme eh mit der Finanzierung des weiteren Ausbaus dieses Sektors nicht nach.
Die Fakten kann man nicht weg diskutieren, auch nicht die Tatsache, dass der Weg zu "angeseheneren Berufen" nur über die Hochschule führt. Warum akzeptiert man nicht die Fakten, so: Man lasse dem Nachwuchs den Willen, die Hochschule zu absolvieren, aber man setze die Leistungsanforderungen herauf. Beim Überwinden hoher Barrieren vergeht manchem die Lust auf den beschwerlichen Weg. Da ist die Hochschule gefordert. Und die Wirtschaft sollte der kritisierten Flut der Akademiker die Dotierung beschneiden und die Facharbeiter vor Ort besser stellen. Alles regelt sich über den Preis. Oder anders ausgedrückt: Ist der Facharbeitermangel Folge zu schlechter Bezahlung und die Akademikerflut Folge zu hoher Dotierung, dann kann man der Wirtschaft keinen Rat mehr geben, falls sie sich nicht zu helfen weiß, es sei denn, ja es sei denn, das höhere Vergütungsniveau der angestellten Akademiker entspringe einer hohen Nachfrage nach deren Leistungen. Ist es so, dann mag ein anderer Auswege benennen. aber mancher will das Diplom (heute Bachelor und Master) erringen, weil er nur mit diesem Status meint, ein vollwertiger Mensch zu sein. Man lasse ihn bei seiner Meinung, aber er soll für sie bezahlen, durch niedriges Einkommen, falls seine Leistung nicht nachgefragt wird.
Prozentdenken (1992)
Prozent = Teil vom Hundert. Verdient ein Facharbeiter 2000 DM und bekommt 6 % mehr, dann kann er sich über DM 120 mehr freuen. Die Führungskraft, die 10000 DM verdient, kann im Urlaub DM 600 mehr ausgeben. Immer mehr, immer schneller wird unsere Währung leicht und lichter durch das Prozentedenken. Immer steiler, immer progressiver werden die Zuwächse in absoluten Zahlen, immer rascher höher wächst die Basis, an die wir unsere %-Messlatte anlegen. Wenn wir weiter so fortfahren, die Veränderung unserer Wirtschaftsdaten in Prozenten zu messen, ohne jeweils daneben die absoluten Ergebnisse zu setzen, zu bedenken, ohne die wirkliche Größe ins Blickfeld zu rücken, wird man sich auch schwer tun beim Gewichten von Arbeitslosenquoten von X Prozent. Die wirkliche Zahl der betroffenen Menschen gerät ins Abseits, ins Unwirkliche, ins Nicht-mehr-Begreifbare, Nicht-mehr-Erfassbare, Nicht-mehr-Nachvollziehbare.
Eines Tages werden wir das Chaos nur noch verschlüsselt in Prozenten überhaupt noch verstehen können, weil sich das menschliche Hirn weigert, eine absolut bewertete Katastrophe zu sich ins Verstehenszentrum vordringen zu lassen. Kehren wir um Gottes Willen zurück ins vorprozentuale Zeitalter, zu absoluten Werten und Zahlen, wenn wir nicht gespürlos dafür werden wollen, was noch ertragbar ist, was nicht.
Eine andere Gesetzliche Altersversorgung? (1991)
Utopische Phantasien
DIE THESAURIERUNGSMETHODE
Gemeint ist die Beitragsansammlungsmethode. Wie diese funktioniert, sehen wir am plastischsten am Modell der privat organisierten Lebensversicherungsgesellschaften. Die Beiträge, die sie von ihren Versicherten erhalten, werden auf die hohe Kante gelegt (wenn sie nicht erst mal zur Provisionszahlung herangezogen werden), möglichst gute Erträge bringend. (Was heutzutage nicht mehr möglich ist.) Bei Eintritt des Versicherungsfalles wird das über Jahre hinweg angesammelte Versicherungskapital ausbezahlt, entweder auf einmal oder in Raten als Rente. Die Erträge, die durch die Wiederanlage der Kapitalien erzielt wurden, werden verwendet für eine Mehrauszahlung gegenüber dem eingezahlten Beitragsaufkommen bzw. für die Auszahlung einer Dividende an die Aktionäre bzw. an die Versicherungsgesellschafter. Wichtig ist zu erkennen, dass zwischen der Aufbringung der Mittel und der späteren Renten- bzw. Einmalzahlung eine große Zeitspanne liegt. Dies schließt die Praktizierung des Umlageverfahrens aus. Denn es besteht keine Garantie dafür, dass zum Auszahlungszeitpunkt das Beitragsaufkommen so hoch ist, dass zugesagte Auszahlungen gedeckt sind. Die Garantie entfällt deshalb, weil niemand zur Privatabsicherung seines Alten-Lebensabschnittes gezwungen werden kann.
Ganz anders die
VERSORGUNGSMETHODE
wie die Wasserwerke sie handhaben. - Wasserwerke beziehen ihr Wasser entweder aus Quellen, Flüssen oder (Stau-)Seen, im Orient auch aus dem Meer. Dieser Zufluss ist die Metapher für das Beitragsaufkommen in der Sozialen Alters-versicherung, die öffentlich-rechtlich organisiert ist. Das Wasser fließt durch Rohrleitungen in Behälter, in der Regel mittels Pumpdruck. Letzterer ist die Metapher für den gesetzlichen Zwang, für die gesetzliche Altersversicherung laufend vom Einkommen Beiträge abzuzweigen, wobei das Abzweigen gleicherweise automatiisiert ist, indem sie vom Arbeitgeber einbehalten und abgeführt werden. Die Behälter für die Zuflussmenge sind sowohl beim bildlichen Vergleich als auch bei der gesetzlichen Altersversicherung klein dimensioniert, gemessen an den riesigen Durchflussmengen. So gesehen entspricht bei den Zwischenspeichern der Wasserwerke die Abflussmenge ziemlich exakt den Zuflussmengen - zwangsweise. Bei den Körperschaften, die die Beiträge verwalten, treffen wir ähnliche Minizwischenspeicher an: Der Gesetzgeber hat eine Mindestrücklage in Höhe der Rentenausgaben für einen Monat vorgegeben. Einen Unterschied zwischen Demonstrationsbild und gesetzlicher Altersversicherung besteht aber darin, dass die Wasserwerke die Menge der Wasserzuführung nach dem Abfluss bemessen. Über die Abflussmenge bestimmen die Verbraucher, die Rentner aber nicht über die Renten. Da sei der Staat vor. Hat der Staat aber über die Rentenhöhe bestimmt, muss das Bei-tragsaufkommen eine Funktion der Gesamtrentenauszahlungen sein. Wiederum nicht anders als bei Wasserwerken.
Also, bei der gesetzlichen Altersversicherung wird nichts von Belang angesammelt - thesauriert, wohl aber umgeleitet, umgelegt, umverfügt und was der Ums noch möglich sind. Und wie intensiv! und wie gigantisch! Es geht um Summen, vor denen der Normalverstand kapituliert, wäre er nicht durch andere Umschichtungsvorgänge im Staats-bereich an Unsummen gewöhnt worden. Da müssen ganze Generationen herhalten, daher Generationenvertrag. Er meint die Versorgung der Alten durch die Jungen. Die Jungen müssen da mitmachen. Wenn jemand von ihnen auf die Idee käme, später im Alter sein "eigenes" Geld mit Zins undZinseszins wieder haben zu wollen, einfach so aus Gründen der moralischen oder ethischen Strenge oder Pietät oder wie man das benennen möge, - relevante schlichte Logik ist auszuschließen - der möge sich klar machen, dass Geld ein fungibles Gut ist, daher es völlig gleichgültig ist, was für ein Geld er später wieder bekommt. Richtig. Aber gilt dies auch, wenn man Leistungen hinter diesem Geld sieht? Geld ist ja nichts ohne die dahinter stehende Leistung. Wir werden darlegen, was aus der Jugendleistung wirksam geworden wäre zwischen Jugend und Alter, hätte werden können, welche Früchte sie hevorgebracht hätte. Hätte, denn Früchte darf sie nur bedingt bringen beim jetzt praktizierten System. Der Empfänger seiner Rente könnte diese mit Genug-tuung und mit Stolz in Empfang nehmen, genüsslich verzehren, denn er hätte in der Jugend nicht nur für sich, sondern auch für Folgegenerationen etwas getan.
So aber - was bekommen die Alten? Natürlich ihre wohlverdiente Rente. Aber nur zu einem kleinen Teil selbst Erspar-tes. Sie bekommen das Geld der Jungen! Sie müssen nicht darum betteln, sie haben einen Anspruch. Wer aber streng denkt, dem ist die empfangene Rente eine Speise mit Bitterstoff. Weg genommenes, umgelenktes, umgelegtes, um-geschichtetes Geld schmeckt anders, nicht schlechter, aber anders. Und wenn von den Politikern unser System gelobt wird, dann loben sie etwas, zu dem sie nichts beigetragen haben, materiell gesehen, sie werden später - viel reichlicher - vom Staat alimentiert. Sie sollten das vollmundige Loben bleiben lassen, lieber von Zwängen reden, das wäre redlicher, als sich Verdienste zuzumessen.
Nun ja, das System funktioniert ja auch noch. "Die Renten sind sicher" (Blüm). Der Demographiebaum wird ja wieder etwas gesünder durch Zufluss von Beitragszahlern aus den Übersiedungsgebieten. Was geschähe ohne die Immi-gration? Sie, junger Leser, wollten Sie später einmal mit Beitragssätzen belastet werden, die ein Viertel des Einkommens betragen? Nein? Wem wollten Sie es denn vergelten, diese Unlust, die Sie empfinden? Den Alten? Bitte nicht, die sind unschuldig!
Das hier erhobene Lamento ist gar nicht so hohl wie man vielleicht meinen mag. Die Fragezeichen, die einem reinen Umlageverfahren nämlich entgegen zu setzen sind, wurden schon vom Start der öffentlich-rechtlichen Altersvorsorge an gespürt. Das reine Umlageverfahren ist nämlich ein Kind der Nachkriegszeit. Den Reichtum, den deutsche Arbeiter seit dem 19. Jahrhundert angesammelt hatten, verpulverten verantwortungslose Regierungen in zwei Weltkriegen, so gründlich, dass 1945 kein Fundus mehr vorhanden war. Die Zeiten waren so schlecht, dass vom Beitragsaufkommen nichts, aber auch gar nichts abgezweigt werden konnte - zum Ansammeln. Und die Zeiten waren Jahrzehnte, ja, sie sind es heute noch, so schwer, dass auch später nichts, aber auch gar nichts zum Thesaurieren übrig blieb.
Das konnte man weder den Rentnern noch dern Beitragszahlern zumuten, das war politisch nicht realisierbar. Wie denn, wenn es nicht einmal gelingt, die Staatsausgaben den Einnahmen anzupassen? Ach, und wenn es gelungen wäre!! Man muss sich einen verlorenen Haufen im weiten Alaska vorstellen. Zwei halten sich noch aufrecht mit ihrem Gewehr. Drum rum sitzen Wölfe, ein ganzes Rudel, bereit, bei nächster Gelegenheit die armen Teufel aufzufressen. Und nun gar Milliarden über Milliarden im Turm! Was mit denen passierte? - Also, ein anderes Modell - Utopie?
DIE ÖKONOMISCHEN WIRKUNGSELEMENTE DES GENERATIONENVERTRAGES
Die Beitragsseite: Abgesehen davon, dass abgeführte Beiträge vom Beitragsaufbringer weder für Privatsparen noch für den Privatverbrauch verwendet werden können, gibt es bei beiden Modellen nur ungleiche Wirkungslinien für die nachgelagerte Station. Im Zeitpunkt der Beitragsaufbringung ist es vermindert möglich, das Einkommen von Jungbürgern deren Geschmack entsprechend zu verwenden. Die Umlage-Seite: Input = Output. Es gibt keine Verweildauer. Der Zeitfaktor spielt keine Rolle. Die Verwendungsseite: Sie ist hochgewichtig. Die Verwendungssubjekte sind hier ganz andere als dort. Die Verwender sind beim Generationenvertrag alte Menschen. Deren Bedürfnisse geben Maß. Ihre Bedürfnisse sind konsumorientiert, warum, das ist so offenkundig, dass es nicht erläutert zu werden braucht. Empfänger der Renten sind also konsumorientierte Wirtschaftsstufen, -zweige. Konsum ist Verbrauch von Produkten und Leistungen. Diejenigen, die den Konsum versorgen, benötigen für die Versorgungsleistung Vorleistungen, nämlich Investitionen. Der Konsumbereich füttert den Investitionsbereich, allerdings mit deutlich niedrigerem Volumen. Der Großteil der Rentenausgaben bleibt im Kreislauf des Konsums. Konsum ist immer gut. Er kurbelt zweifelsohne die Wirtschaft an. Arbeitsplätze werden geschaffen. Betriebe, die sich kurzlebenden Gütern zugewendet haben, florieren dadurch. Das ist schön.
Wer am eigenen Leibe miterlebt, an vorderster Front, wie schwierig es ist, noch Nischen zur Produktion von kurz-lebigen Wirtschaftsgütern bzw. Leistungen zu finden, der schwört auf die Rentenverwendungseffekte. Für wen für die Konjunktur der Konsum am meisten beizutragen in der Lage ist (Vertreter der Konsumtheorie, dazu zählen auch die Gewerkschaften), der wird nichts am Wirkungsspektrum des Generationenvertrages auszusetzen haben. Wir erleben es ja auch: die Wirtschaft läuft. Optimal? So optimal, dass auch die Arbeitslosenquote optimiert ist? Der Leser weiß schon, darum geht es uns in diesem Beitrag ja, das ist das eigentliche thematische Anliegen.
DIE ÖKONOMISCHEN POTENTIALE DER THESAURIERUNG
Kein Unterschied auf der Beitragsseite. Was ist mit dem Zuflussspeicher? Ein solcher muss ja geschaffen werden mit allen Eigenschaften eines Sondervermögens. Er muss zunächst vor Missverwendung geschützt werden. Die Missver-wendung käme nur vom Staat, von Politikern, von Parteien. Den Bock also zum Gärtner machen? Offensichtlich nein, traurig genug. Der gesetzliche Altersversicherungsfonds müsste als Sondervermögen einen ähnlich autonomen Status erhalten wie die Bundesbank. Er ist so heikel, dass nicht einmal eine Zuordnung zu dieser befürwortet werden könnnte. Was nun die "Zwischenspeicherung" des Fonds anbetrifft, so sind wir beim Kernstück des Themas angelangt. Der Umfang des Sondervermögens würde sich bemessen nach dem Volumen des Zugangs und des Verwendungsab- flusses. Dieses Volumen sei beleuchtet. Sobald man es im Geiste erfasst hat, erschrickt man. 70 Milliarden DM - ist das nicht eine Riesensumme? - würden zur Rentenzahlung reichen für wieviel Jahre, Monate? Lassen wir die Katze aus dem Sack: Für ganze vier Monate! Ein Jahr verlangte rund 210 Milliarden DM, 10 Jahre = 2 Billionen, 40 Jahre 8 Billionen. Da wird einem schwindelig. (Nicht mehr im Jahre 2014!) Das alles soll bei der Thesaurierungsmethode angesammelt werden, angenommen es gäbe einen praktikablen Weg Wohin damit?
Also ganz bestimmt nicht in den Konsum. In diesem Bereich würde das Sondervermögen ja verbraucht. Also müsste es am Kapitalmarkt untergebracht werden. Der Kapitalmarkt versorgt die Wirtschaft mit langfristigem Geld, so dass diese in die Lage versetzt wird, langlebige Investiitionsgüter herzustellen und zu erwerben. Investitionen sind aber nur zu etwas nütze, wenn sie Erträge abwerfen. Also kann es sich nur um solche handeln.
Diesen Effekt zustande zu bringen, dazu wäre unser Kapitalmarkt schon in der Lage, denn er ist darauf getrimmt, die günstigsten Verwendungsarten und -zwecke aufzuspüren. Aber ist so viel Kaufkraft Ertrag bringend unterzubringen? Um zu einer Antwort zu kommen, muss erst mal gefragt werden, ob denn in Deutschland, in Europa, ja in der Welt, genügend Kapital vorhanden ist. Man müsste meinen ja, wenn man die riesigen Summen ins Auge fasst, die stetig von einem Weltwinkel in den anderen herum vagabundieren, immer auf der Suche nach Anlage und Ertrag. Ein Unter-nehmer, der für eine neue Großanlage Kredit nachfragt, wird aber heutigentags lange mit spitzem Bleistift herum rechnen, ob sich denn der Kauf und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen überhaupt rechnet. Zwar wäre Nachfrage nach dem mit der Maschine produzierten Produkt vorhanden, allein, ist der Käufer dieser Produkte bereit, einen Preis zu akzeptieren, der die Abschreibungskosten und die Zinsen der Produktionsanlage deckt? Denn der Preis für gelie-henes Kapital, der Zinssatz ist hoch! (2014: paradiesische Zustände!) So hoch, dass z. B. der dringend erforderliche Wohnungsbau auf privater Basis kaum anzukurbeln ist. Vom Kapitalpreis her gesehen, wäre ein erhöhtes Angebot gewiss opportun. Und was den Bedarf anbetrifft, man denke an die neuen Bundesländer, an die ehemaligen Ost-blockländer, an die Dritte Welt, der ist ja schier grenzenlos. Aber selbst wenn hier eine Sättigung zu konstatieren wäre: Sobald der Kapitalmarktzins kräftig fiele, sofort würden Produktionen rentabel, die es derzeit eben noch nicht sind. Der Investitionssektor wüchse und wüchse, damit die Nachfrage nach Arbeitskräften gleicherweise. Warum dieser Effekt nicht auch jetzt schon, ohne die Thesaurierungsmethode, angestoßen werden kann? Nun, das ginge nur über freiwilliges Sparen der Verbraucher. (Wie altbacken! 2014 wird Geld gedruckt!) Freiwilliges Sparen, freiwilliger Konsumverzicht hat seinen Preis. Nur wenn dieser einigermaßen interessant ist, kann genügend Sparbereitschaft induziert werden. Sparen steht in Konkurrenz zum Konsum. Ganz anders bei der Gesetzlichen Altersversicherung, die nach dem Modell des Ansammelns arbeiten würde. Hier handelte es sich schließlich um Zwangssparen. Theoretisch muss dem Beitragszahler kein Zins geboten werden, damit er auf Konsum verzichtet. Er muss. Wenn schon Zinsen, dann auszahlbar im Alter, in Rentenform. Existierte der Fonds aber einmal mit seinem vollen Volumen, dann stünde durch Zins und Zinseszins, den der Fonds einbrächte, ein solch großer Zuwachs zur Verfügung, dass beide Seiten, sowohl die Beiträge, als auch die Renten, deutlich gesenkt bzw. erhöht werde könnten, einfach kraft der produktiven Kräfte, die der riesige Sonderfonds hervorbrächte. (Nicht in Zeiten Draghis)
Fassen wir die Kette der Vorteile nochmals zusammen: Der Kapitalmarkt verfügte über ein größeres Angebotsvo-lumen. Die Wirtschaft käme billiger an Fremdkapital. Die Produktion an Investitionsgütern stiege. Die Zahl der Arbeits-plätze nähme zu, diejenige der Arbeitslosen ab. Die Unternehmen steigerten ihre Produktion, damit ihre Erträge. Der technische Fortschritt würde forciert. Die Einkommen der Arbeitnehmer stiegen, damit deren Konsumausgaben, deren Sparquoten. Der Staat bekäme mehr Steuern, er könnte noch mehr ausgeben, müsste weniger Schulden machen, könnte seine Mitarbeiter noch besser entlohnen. Die Steuerlastquote sänke, die Renten wären leichter zu finanzieren, könnten eher den Löhnen folgen. Vielleicht gar, es wäre zu schön, könnte man der Horrorvision, die sich in der Dritten Welt abzeichnet, Paroli bieten, sie zumindest etwas entschärfen, der Katastrophenzeitbombe entkommen. Und schließlich: Das Schreckgespenst für die Jungen, in einigen Jahren mit einer Beitragsquote von über 25 % konfrontiert zu werden, wäre verjagt.
Wenn also das Thesaurierungsmodell so unendlich viele Vorteile bietet, warum denn wohl, ja, warum, schwenken wir denn nicht ab sofort auf diesen Weg ein?
THESAURIERUNGSMETHODE - UTOPIE?
Man möchte meinen ja. Man benenne jenen Politiker, diejenige Partei, die es sich zutraute, sich für diesen neuen Weg, der ja schon einmal in ärmeren Zeiten begangen wurde, einzusetzen. Wie soll man solch ein gigantisches Vorhaben den Menschen schmackhaft machen? Einer ganzen Generation, gar mehreren? Mit Argumenten? Mit Visionen?
Sie ist nur Utopie, wenn rundum keine - auch nicht theoretische - Möglichkeiten heraus kristallisiert werden könnten, die einen Weg in diese Richtung zu öffnen vermögen. Untersuchen wir dieverse Wege auf ihre Tauglichkeit, wobei es eigentlich nur immer darum geht, auf welche Weise - schnell, langsam, wie überhaupt - ein Fonds gespeist werden könnte. Quellen, Flüsse, Seen müssten gefunden werden. Das wäre eigentlich alles, - einfach also?
Quelle = Steuern? Angezapft wird hier das Steueraufkommen, ob der allgemeine Topf oder ob Sondersteuer, bleibt sich gleich. Alle wären damit gefordert, nicht jedoch diejenigen mit Geringsteinkommen. Der Weg ist aus sachlichen und politischen Gründen untauglich. Politisch, weil die Beamten plötzlich gefordert wären für etwas, was sie nicht tangiert. Schließlich bekommen sie ihre Rente, pardon, Pension aus den Händen des Staates. Wer finanziert diese Pensionen? Alle Steuerzahler! Aha, anders herum geht's also. Trotzdem, lassen wir die Beamten beiseite. Sachlich ist der Weg nicht zu beschreiten, weil der Versicherungsgedanke und Steuern nichts miteinander zu tun haben. Es geht hier um Vorsorge fürs Alter und um die Absichrung von Waisen und Witwen, nicht um 'Ver-'Sorgung.
Quelle = Versicherungsbeiträge? Sind diese aber nicht hoch genug, schier unerträglich hoch? Steigen sie nicht weiter? - Quelle = Rentendrosselung? Da seien die Alten vor! - Quelle = Ausgabendrosselung des Staates, dadurch kräftige Steuersenkung, dafür Anhebung es Beitrages für die Altersvorsorge? Dieser Weg hört sich sehr gut an. Das ist aber auch alles. Wer glaubt an die Möglichkeit, dass der Staat zurück steckt? Wir nicht. Der Autor hat schon alle Hoffnungen aufgegeben, dass noch zu seinen Lebzeiten der permanente Schuldenzuwachs in einen -abwachs verwan-delt wird.
Wir müssen nocheinmal zu den Versicherungsbeiträgen zurück kehren. Hier ist nämlich anzusetzen. Das Modell, das entwickelt wird, ist simpel genug, sicherlich jedem schnell einleuchtend. Oder Scharlatanerie? Das Ei des Kolumbus? Das möge der Leser selbst beurteilen. Die Lösung bleibt beim Zwangssparen. Hört sich schlecht an, ist in seinen Auswirkungen aber nicht ungut. Zwölf Beiträge zahlt der Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft. Es handelt sich um Zwangsbeiträge, aber nicht um Zwangssparen. Die jetzige Methode fällt unter die Rubrik Zwangsumschichtung. Der Lösungsvorschlag hier verlangt einen zusätzlichen Beitrag, einen 13ten gewissermaßen, der nun allerdings zwangs-weise angespart wird. Der Beitrag wird dem Entrichter höchst persönlich auf seinem eigenen Konto gutgeschrieben. Das Sondervermögen besteht also aus der Summe von personenbezogenen Guthaben, eigentumsgeschützt, gegen jedweden fremdbestimmten Zugriff bewehrt. Vererbbar. Personales Vermögen, zwangsweise gebildet, laufend vermehrt durch Zuzahlungen und - durch Gutscrift von Erträgen. Eine solche Gestaltung lässt bei den Beitragszahlern vielleicht ein gewisses Maß an Akzeptanz entstehen. In 40 Jahren mögen so eine Billion DM auflaufen, möglicherweise mehr, wegen der schleichenden Inflation, die aber durch die vorgeschlagene Konstruktion sich abschwächen dürfte.
Wenn nun gefragt wird, wo denn ein Ansatzpunkt zur "Vergesellschaftung''" der Fondsmasse zu bemerken sei, so sieht das Modell hinsichtlich desjenigen Fondsteiles, der sich aus den Beiträgen speist, keine vor. Wohl aber könnte ein Parallelfonds 'vergesellschaftet' werden. Wie könnte ein solcher entstehen? Dieses Mal nicht aus Beiträgen von Ver-sicherten. Jetzt ist die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit gefordert. Oben haben wir eine ganze Reihe von Datenzu-wächsen prophezeit. Lauter positive Entwicklungslinien. Mehr Steuereinnahmen, höhere Gewinne, höhere Löhne, geringere Aufwendungen für Arbeitslose, niedrigere Zinsen, niedrigere Belastungen der Einkommen. Genau von diesen Mehrs bzw. Wenigers wird eine Quote abgezweigt, eine Quote, die sich gewissermaßen selbst finanziert durch die Entfaltung der Wirtschaftskräfte. Sie speist den vergesellschafteten Sonderfonds fortan, so lange, weit ins nächste Jahrhundert hinein, bis er in der Lage ist, einen solch umfangreichen Abfluss für die Rentenzahlungen bereit zu stellen bzw. für das In-Schach-Halten der Beiträge zu sorgen, das die schrittweise Zusammenlegung (Expropriation?!) der beiden Altersvorsorgefonds politsich mögich ist. Eine weitere Quelle für die Speisung der Fonds wären schließlich Ersparnisse aus einem bis auf Restposten reduzierten Verteidigungsetat. Denn bis dahin ist der ewige Frieden ausgebrochen.
Jedoch ist zwischendrin, entlang der Zeit, damit zu rechnen, dass ein anderer Hitler oder Stalin einen Krieg vom Zaune bricht. Durch die Verwendung der Fonds für die Kriegsrüstung wäre dieser fürchterlicher als ein solcher ohne Fonds. Also ist es möglicherweise besser, sie wären nicht vorhanden. Außerdem müsste sich vorher niemand dafür anstren-gen, dass sie überhaupt zustande kommen. Wir haben bei der Blüm'schen Reform miterlebt, wie schwierig es ist, Jahrhundertreformen auf den Weg zu bringen. Versorgen wir also den Kapitalmarkt weiterhin mit freiwillig mittels Zinsen "gekauften" Sparquoten. Und entwickeln wir die Welt etwas langsamer oder kämpfen moderater gegen die Stagnation oder resignierter gegen das Chaos, das hinter dem Horizont dräut. Welche dieser Zukünfte sich realisieren wird, davon haben wir keine Vorstellung.
Was hat Schmalenbach mit der Arbeitslosigkeit zu tun? (1990)
Zunächst: Eugen Schmalenbach, Professor an der Universität Köln von 1906 bis 1933, ist vielleicht der Alt-Lehrer der Betriebswirtschaftslehre. Seine Lehren haben diese Sparte nachhaltig beeinflusst.
Intensiv beschäftigte er sich mit der - richtigen - Gewinnermittlung durch das Rechnungswesen der Unternehmen. Zur richtigen und dynamischen Gewinnermittlung gehört, dass nur periodengerechte Aufwendungen bzw. Kosten nur periodengerechten Erträgen bzw. Erlösen gegenübergestellt werden und dass außerdem für alle genannten Kategorien unternehmens- bzw. betriebsfremde Aufwendungen bzw. Kosten außer Betracht bleiben.
Die "dynamische" Bilanz bzw. Gewinn- und Verlustrechnung
Das Rechnungswesen der Unternehmen stellt in der Bilanz Vermögen und Schulden gegenüber. Links steht also z. B. der Rechnungswert der Gebäude oder Maschinen und rechts findet man die eingegangenen Schulden. Die Gewinn- und Verlustrechnung zeigt links Aufwendungen - z. B. die Löhne - und rechts die Erträge, z. B. die Umsätze. Den Unterschied bezeichnet man als Gewinn - der keinesfalls bloß "anfällt", der vielmehr hart erwirtschaftet werden muss - oder als Verlust.
Damit die Rechnungen periodisch (Jahr, Quartal, Monat) stimmen, dürfen nicht einfach Ausgaben als Aufwand in die Verlust- und Gewinnrechnung eingestellt werden, sondern nur derjenige Verbrauchsanteil, der der definierten Abrechnungsperiode entspricht.
Die nicht verbrauchten Anteile, was geschieht mit denen? Die gehen in der Bilanz "auf Wartestation" - so lange, "bis sie dran kommen", zum Verrechnen als Aufwand in der Verlust- u. Gewinnrechnung nämlich. Das ist die dynamische Betrachtungsweise.
Die "statische" - ruhende - Betrachtweise sieht die Werte auf Wartestation als "Vermögen". Das dort mit einem noch nicht "abgeschriebenen" Wert geparkte Auto ist ja meist ein wertvoller Gegenstand, der seinen Preis am Markt erhielte, verkaufte man ihn denn.
Die Auswirkungen der dynamischen Betrachtungsweise
Die Einstellung von nicht verbrauchten Aufwendungen bzw. Kosten in der Bilanz auf der linken, also Vemögensseite, nennt man "Aktivierung", daher auch Aktiva als Sammelbegriff. Wir gebrauchen im Folgenden hierfür den Begriff "Aufwandsspeicherung". Für die Bemessung der Aufwandsspeicherung gelten diverse Regeln, die beachtet sein wollen, z. B. das sog. Niederstwertprinzip, im Umkehrschluss Verbot einer Überbewertung u. a. m. - wir können hier darauf nicht nähers eingehen - auf alle Fälle beeinflussen die Bewertungsmaßstäbe den in die V.u.G.-Rechnung überfließenden Verbrauch an Aufwendungen und damit das ausgewiesene Ergebnis des Wirtschaftens. Im Übrigen nur so viel:
... für die Aktionäre bzw. Gesellschafter bei Kapitalgesellschaften:
Die Kapitalgeber wollen Dividenden (Gewinnanteile) sehen. Ihnen gefällt nicht, wenn die Bilanzwerte zu niedrig angesetzt werden, wird doch dadurch der ausschüttbare Gewinn geschmälert.
... für den Unternehmensleiter (Vorstand):
Sein Interesse geht meist - wenn er nicht gerade Kreditgebern gegenüber seine Bilanz "schönen" muss bzw. am Gewinn orientierte Boni bezieht - dahin, dass die Aufwandsspeicher nach unten tendieren, kann er doch so "stille Reserven" bilden - wer weiß, was die Zukunft bringt!
... für die Gläubiger:
Jede Überbewertung gauckelt diesen was vor, was nicht ist.
... für die Preisfestsetzung der zu verkaufenden produzierten Waren:
Aufwendungen sind zum größten Teil (nicht: betriebsfremde bzw. außerordentliche) auch gleichzeitig Kosten. Kosten verkörpern - mit Relativierungen - auch Kalkulationsquoten, die die Preishöhe bestimmen. Sie bestimmen sie zumindest langfristig. Auf kurze Frist können die Marktpreise kalkulierte Preise zu Makulatur machen. Geschieht das auch langfristig, so geht das Unternehmen zugrunde oder es muss eine Möglichkeit finden, die Kosten zu senken. Wenn Kosten für die Preisfindung nicht herangezogen werden können, so dienen sie zumindest - oder sollten es - als Beurteilungsmaßstab für die Nachkalkulation, um heraus zu finden, wie gut oder schlecht die Kostenlage denn sei.
Mit dem nächsten Punkt nähern wir uns dem Thema, denn er soll in Schlussfolgerungen aufgespießt werden. Weiters ist es aber vorweg
erforderlich, noch etliche "Verrechnungsinstrumente" - beispielhaft - darzustellen:
... für den Fiskus (für die "offene Hand"):
Klar, dass dieser daran interessiert ist, möglichst schnell und mit großen Anteilen am erwirtschafteten Ertrag beteiligt zu werden. Der Unternehmer kann in seiner "inneren" Bilanz noch und noch
gespeicherte Aufwendungen niedrig bemessen, stille Reserven anlegen. Der Fiskus macht nur bedingt mit. Immer legt er Wert darauf, dass die "Afas", d. h. die Absetzungen für Abnutzungen,
wirklichkeitsnah bleiben, was immer man darunter verstehen kann. Afas sind nichts Anderes als die Abschreibungen der Betriebswirtschaft, genauer der Buchführung. Es hat durchaus Methode, dass die
Steuerlehre nicht letzteren Begriff verwendet, sondern einen eigenen eingeführt hat. So lässt sich "inhaltlich" mehr Abstand halten von den zuvor skizzierten Anliegen bzw. Erfordernissen an die
Aufwandsspeicherbemessung.
Nochmals: Die Methode der Aufwandsspeicherung ist Ergebnis der dynamischen Betrachtungsweise. Da sie wunderbar in das Ertragsbesteuerungskonzept passt, wurde sie denn auch prompt in die
Steuergesetzgebung übernommen, wie konnte es anders sein.
Aufwandsspeicherungs-Instrumente
Ihre Bedeutung macht man am besten klar anhand von Aufwandsspeichern, die in manchen Unternehmen Größenordnungen von Milliarden haben. Wir denken an betriebliche Baulichkeiten. Wenn die Speicher riesig sind, dann auch die Abflüsse in die Gewinn- und Verlustrechnung. Sie entsprechen insgesamt den Zuflüssen. Periodisch sind sie natürlich - oftmals zwangsweise - gedrückt und gestreckt durch niedrige Abschreibungen bzw. Afas. Für die Erfassung bzw. Darstellung der Abflüsse von Aufwand aus den Speichern ist ein sog. Abschreibungsinstrumentarium zuständig.
Die buchhalterischen Abschreibungen:
Sie stehen in der Verlust- und Gewinnrechnung auf der Aufwandsseite, schmälern also den ausgewiesenen Unternehmensertrag. Überhöhte schmälern ihn nur rechnerisch. Abgesehen von den dynamischen, schon dargestellten Zwecken besteht ihre wichtigste Aufgabe in der Betriebsmittelbindung. Klar: Summen, die als Aufwand ausgewiesen werden, können nicht als Gewinn ausgeschüttet werden, verbleiben also im Unternehmen, sammeln sich an und stehen schließlich bereit für die Wiederbeschaffung des abgeschriebenen Wirtschaftsgutes. Wenn, ja wenn mittlerweile die Wiederbeschaffungskosten nicht ins Unermessliche gestiegen sind, z. B. durch Inflation. Oder die sich ansammeln-den Mittel werden zur Schuldentilgung genutzt oder sie werden gleich wieder reinvestiert.
Die kalkulatorischen Abschreibungen:
Hier werden die Abschreibungen, die zuvor Aufwand waren, zu Kostenquoten umfunktioniert, umbenannt, wenn sie mit dem Aufwand identisch sind. Wie gesagt, sie können und müssen abweichend bemessen sein, wenn kalkulatorische - preisfindungspolitische - Belange dies erfordern.
Durch die Preisfindung wächst den kalkulatorischen Abschreibungen die Aufgabe des Ersatzes des verbrauchten Kapitals zu: Das Kapital eines Unternehmens muss erhalten bleiben; das geschieht über die Erlöse, die in der richtigen Höhe fließen müssen. Analog wurde gesagt, dass die buchhalterischen Abschreibungen für die Kapitalbindung sorgen.
Interfunktion der beiden Abschreibungsinstrumente
Ist die buchhalterische Abschreibung höher als die kalkulatorische (es wird angenommen, dass der Markt die "errechneten" Preise akzeptiert), so erscheint die Differenz bei sonst gleich bleibenden anderen Aufwands- bzw. Kosten- bzw. Ertrags- bzw. Erlösequoten in der Verlust- und Gewinnrechnung als Verlust.
Ist die kalkulatorische Abschreibung höher als die buchhalterische, so wird die Differenz als Gewinn ausgeschüttet, wenn nicht eine bewusste Einstellung in so genannte "Rücklagen" erfolgt. Auch über dieses Instrument wird Ausschüttung verhindert.
Formulierung eines Ur-Kaufmannsanliegens
Wir müssen jetzt die Aufwandsspeicherung unter einem ganz anderen Blickwinkel beurteilen.
Die dynamisch-betriebswirtschaftliche und implizite auch steuerpolitische Betrachtungsweise sagt, wenn ein Unternehmen ein Betriebsgebäude erstellt, die vielen Baurechnungen bezahlt, dieser Barmittelabfluss seien Ausgaben, keinesfalls periodengerechter Aufwand. Ausgaben mindern nicht den Gewinn, das tut nur Aufwand.
Hier wird aber behauptet, dass das für den Gebäudebau eingesetzte, abfließende Barkapital (Realkapital wächst dafür im Umtausch zu) auch schon Aufwand verkörpert! Wie das? Doppelt? Nein. Wir unterscheiden den "originären" = ursprünglichen vom "derivativen" = abgeleiteten Aufwand. Der Zufluss zum ( Bilanz-)Aufwandsspeicher ist originärer Aufwand, der Abfluss der derivative (= Abschreibungen und/oder Afa!).
Die Praxis - ob es aus der vorbetriebswirtschaftlichen Zeit stammt? - hat ein gutes Unterscheidungsgespür dafür gezeigt: Sie kennt für die Originären Aufwendungen den Begriff der "Anschaffungskosten", man kann auch sagen exakter: Anschaffungsaufwand. - Warum tätigt ein Unternehmer originären Aufwand? Um Erträge zu erzielen! Hat er eine Garantie dafür, dass ihm solches gelingt? Nein!
Warum tätigt ein Unternehmer originären Aufwand, baut z. B. ein Betriebsgebäude? Um dafür Realkapital, ein Produktionsmittel zu bekommen? Natürlich! Aber jeder sieht es: Es handelt sich hier nur um einen Umweg um zum eigentlichen Ziel zu gelangen: Erträge zu erzielen. Die Gebäude"beschaffung" dient also nur einem, vordergründigen Zweck, nämlich in der Lage zu sein, trocken und warm fertigen zu können. Könnte der Unternehmer auch im Freien den angestrebten Ertrag erarbeiten, dann täte er es. Alles geschieht nur wegen der Erträge - die erhofft werden!
Und weil diese nur erhofft werden (können), hat der Unternehmer das Recht und die Pflicht, sich selbst und evtl. Gläubigern gegenüber, von evtl. erzielten Erträgen alles! d. h. alles Geld, das er verbaut hat, wieder dort hinzubringen, woher er es genommen oder erhalten hat: nämlich zu den Kreditgebern oder wieder in die eigene Schatulle. Und wenn dann dort alles wieder versammelt ist, was er vorher u. U. bangen Herzens "verbaut" hat, dann kann er glücklich aufatmen, ist es ihm doch gelungen, wieder zu seinem Geld zu kommen. - Denn wäre er gescheitert, Erträge zu erzielen, hätte er denn die Garantie gehabt, dass ihm ein anderer diesen Spezialbau zu den Anschaffungskosten abkauft? Nein!
Was muss er also, wenn er seine berechtigten Interessen wahrnehmen will, tun? Er muss die buchhalterischen Abschreibungen finanzpolitisch, "barkapitalersatzpolitisch" so bemessen, dass von den über die Erlöse herein fließenden Mitteln alles im Unternehmen gebunden wird, das nicht zur Finanzierung anderer Aufwandsquoten (z. B. Löhne) gebraucht, abgezweigt werden muss.
Jetzt sind wir beim ersten springenden Punkt: Das Recht des Unternehmers, wegen des eingegangenen Risikos, ganz schnell wieder zu seinem investierten Geld zu kommen - in barer oder disponibler Form - hat jeder, auch jede Institution, mit Ausnahme von Gläubigern, zu respektieren. Alles Andere ist Vergewaltigung. - Anders ausgedrückt: Aufwand schreit nach Deckung. Erlöse bzw. Erträge sind dafür bestimmt. Das gilt auch für originären Aufwand!
Daher hat auch der Fiskus insoweit seine Finger von erzielten Erträgen zu lassen, als sie zunächst - wegen des eingegangenen Risikos - zum Abdecken von originärem Aufwand (= echter Aufwand) benötigt werden. - Anderes kann nur gelten, wenn der Fiskus sich am Unternehmensrisiko beteiligt. Was er nicht tut.
So gesehen wird postuliert, dass der Fiskus seine "dynamische Besteuerung" aufgibt, dass er von "Afas" Abschied nimmt, dass er das Unternehmensrisiko in absoluter Weise respektiert, dass er die Finger von Erträgen lässt, die Anderem zugeordnet werden müssen. Er lässt sie ja nicht für immer fahren! Er muss nur warten, bis er dran kommt. Es handelt sich ja nur um eine Verschiebung in die Zukunft, insofern der Betrieb zwischenzeitlich nicht pleite gegangen ist. - Der Fiskus war und ist nicht berechtigt, sich betriebswirtschaftlicher Rechnungsprinzipien zu bemächtigen, nur weil ihm das positiv zu pass kommt.
Soll noch einmal ein Politiker mit der Einräumung von Rückstellungsmöglichkeiten und höheren Abschreibungssätzen das Gefühl entwickeln, er habe damit der Wirtschaft einen Gefallen getan! Er gesteht nur etwas zu, über das er von Haus aus nicht verfügen konnte und kann. Er räumt lediglich eine ungerechte Position.
Ein ganz schlauer Politiker mag einwenden, Steuern seien ja doch eine Art Entgelt auch dafür, dass ein Unternehmen in sozialem Frieden und Umfeld produzieren könne. Und tut solches ein Betrieb nicht auch schon, so lange der Unternehmer noch auf Ersatz seiner originären Aufwendungen wartet? Richtig. Aber der Staat möge mal sehen, wo er samt seiner Bürger bleibt, wenn das Gewerbe die Lust am Unternehmertum verliert. - Wie gesagt: alles sähe anders aus, wenn der Staat sich am Unternehmerrisiko beteiligte, etwa in der - realiter undenkbaren - Form, dass er "Negativsteuern" vergütet.
Auswirkungen auf Investitionen und den Arbeitsmarkt
Es ist ja klar: die Fremdmittel, die ein Unternehmen - u. E. wie gesagt steuerpolitisch ungerechtfertigt - an den Fiskus abführt, fehlen ihm bei den Investitionen, die ihrerseits Arbeitsplätze schaffen. Der Einwand, dass der Staat ja auch mit den abgeführten Steuern - öffentliche - Investitionen tätige, sticht nur bedingt, denn wie bekannt, wird ein Großteil des Steueraufkommens konsumtiven Zwecken zugeführt. Die Investitionsrate der öffentlichen Hand wird deren Schuldenaufnahme beigeordnet; da sind Zusammenhänge konstruiert, die nicht überzeugen, weil die so gemachten Schulden zwar aus dem Steueraufkommen getilgt werden, aber halt nur '"rechnerisch". Bekanntlich wird Jahr für Jahr der Schuldenstand erhöht. Ein Abwachs an Schuldenzuwachs wird als Erfolg ausgegeben. (Die schwarzrote Null verdanken wir dem hohen Steueraufkommen.)
Also, wir sagen: Die Schmalenbach'sche "Dynamische Bilanzierungsweise" wirkt, wenn der Fiskus sich deren Regeln bemächtigt, investitionshemmend.
Selbst wenn ein Unternehmen die Mittel, die seine Kassen "temporär" füllen, nicht investiert, sondern Kredite tilgt, hat dies volkswirtschaftlich gesehen positive Auswirkungen: Das Kreditvolumen der Wirtschaft wird weniger aufgebläht, das Geldvolumen bleibt dadurch schlanker, ein Inflationsbremsfaktor würde wirksam.
Wer die gegenwärtig verfolgte Wohnungsbaupolitik beachtet, merkt, dass den zuständigen Politikern die aufgezeigten Zusammenhänge durchaus geläufig sind, würden sie doch sonst nicht die Abschreibungssätze erhöhen. Diese werden vielmehr als wohnungspolitisch wirksames Stimulanzinstrumentarium eingesetzt. Was auf diesem Teilmarkt als wirksam erkannt wird, wäre natürlich auch auf anderen Marktsektoren anregsam.
Nocheinmal muss deutlich gemacht werden, dass hier nicht für die Senkung des Steueraufkommens insgesamt entlang der Zeit argumentiert und plädiert wird. Ließe der Staat das dynamische Bilanzierungsprinzip fahren, käme der schließlich doch zu seinem Geld, aber eben später, zu seiner Zeit.
Sinnbilder
Des Gelbfalters Zickzack wendig Flug,
wohin er will. Des Geistes Sinnenbild.
Für die Wesen wehrhaft Schild.
In weiter Flur die unbeirrbar Furch vom Pflug!
Der behenden Amsel hüpfend Futtersuche ,
sitzend auf dem Ast und singt zum Himmel.
Im Lenz der metaphorisch Blätterfall der Buche,
Grad wie ein weißes Pferd als Schimmel.
EL